Wütende Demonstranten haben den serbischen Ministerpräsidenten Aleksandar Vucic am Samstag von einer Gedenk-Zeremonie zum 20. Jahrestag des Massakers von Srebrenica vertrieben. Der Politiker wurde bei einer Massen-Beisetzung auf dem Friedhof im bosnischen Potocari mit Flaschen und Steinen beworfen. Zehntausende Menschen hatten sich dort versammelt, um an der Beisetzung der Überreste von 136 Opfern des Massakers teilzunehmen und den Getöteten ihren Respekt zu erweisen. Am 11. Juli 1995 waren Truppen der bosnischen Serben in die UN-Schutzzone Srebrenica eingefallen und hatten in den Tagen darauf 8000 muslimische Jungen und Männer hingerichtet. Sie warfen sie in Massengräber. Mehr als tausend der Opfer gelten weiter als vermisst.
Leibwächter schützten Vucic. Mitglieder der serbischen Delegation brachten sich rennend in Sicherheit. Der Besuch des serbischen Ministerpräsidenten in Bosnien sollte eigentlich demonstrieren, wie gut sich die Beziehungen in der Region seit dem Bürgerkrieg nach dem Zusammenbruch des alten Jugoslawien entwickelt hätten. Serbien sprach danach jedoch von einem Mordversuch an seinem Regierungschef. Das Kabinett wurde zu einer Krisensitzung einberufen.
Vergangene Woche hatte Russland auf Drängen Serbiens eine UN-Resolution verhindert, die das Massaker von Srebrenica als Völkermord verurteilt hätte. Viele Serben lehnen diese Bewertung ab und bestreiten auch die Zahl der Todesopfer. Das UN-Kriegsverbrechertribunal für das frühere Jugoslawien dagegen stuft das Massaker als Völkermord ein. Während des Balkan-Kriegs 1992 bis 1995 wurden mindestens 135.000 Menschen getötet, davon allein 100.000 in Bosnien.