Politik

Troika stimmt Deutschland auf Schulden-Schnitt in Griechenland ein

Die Troika bereitet Deutschland auf einen Schuldenschnitt für Griechenland vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist vorläufig nur unter bestimmten Bedingungen zu einem solchen bereit, nachdem sie Verluste für die deutschen Steuerzahler zuvor für inakzeptabel erklärt hatte. Beobachter rechnen jedoch mit der Möglichkeit der weiteren Aufweichung der deutschen Position.
24.07.2015 18:41
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Spiegel berichtet unter Berufung auf anonyme Troika-Kreise, dass die Vorgaben für die Griechenland-Rettung verändert werden sollen. Die zuletzt anvisierten Haushaltsziele seien illusorisch, weil die Wirtschaft eingebrochen sei. Das Bundesfinanzministerium kommentierte den Bericht zunächst nicht.

Die Reduktion der Primärüberschüsse ist vor allem im Hinblick auf die Schuldentragfähigkeit von Bedeutung: Je geringer die Überschüsse, desto notweniger wird ein Schuldenschnitt. Der IWF macht seine Beteiligung von einem solchen Schuldenschnitt abhängig. Bloomberg meldet, dass ein IWF-Sprecher erneut unterstrichen habe, dass sich der IWF nur bei einem Schuldenschnitt beteiligen werde.

Angela Merkel hat einen solchen Schuldenschnitt ausgeschlossen, weil die Kanzlerin den Wählern versprochen habe, dass es einen solchen nicht geben werde. Einer der Hauptkritikpunkte Deutschlands an Syrira-Chef Alexis Tsipras war bisher, dass er seinen Wählern etwas versprochen habe, was er nach der Wahl nicht halten könne. Dergleichen ist in Deutschland gänzlich unbekannt (siehe Video am Anfang des Artikels).

Merkel hatte zuletzt ihre eigene Position schon aufgeweicht, und gesagt, ein Schuldenschnitt wäre erst nach der ersten Revision des 3. Programms möglich. Es dürfte ihr nicht schwerfallen, die Revision ihrer Position damit zu begründen, dass man einen Schuldenschnitt nicht so nennen werden, sondern die Laufzeiten und die Zinssätze verändert. Wolfgang Schäuble hält einen Schuldenschnitt für rechtlich unzulässig und könnte mit dieser Variante sein Gesicht wahren.

Allerdings forderte der IWF zuletzt einen drastischen Schuldenschnitt. Ob dieser mit dem reinen Verschieben erzielt werden kann, ist unklar. Merkel hatte den IWF gegen den Willen von Schäuble bei der Euro-Rettung an Bord geholt.

Relativ klar ist dagegen allen Ökonomen, dass es drastischer Schuldenschnitt unvermeidlich ist. Zuletzt hatte die Citi eine ernüchternde Prognose vorgelegt. Tatsächlich ist der Primärüberschuss eine vergleichsweise irrelevante Kennzahl in einer Depression. Die Troika müsste, um die Wirtschaft in Griechenland zu retten, klare Entlastungen für die privaten Haushalte und die Unternehmen schaffen. Davon kann auch mit den aktuellen Zahlenspielereien nicht die Rede sein. Vermutlich sollte mit den lancierten Nachricht Deutschland die Gelegenheit gegeben werden, sich näher mit dem Gedanken eines Schuldenschnitts zu beschäftigen.

Die Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für das pleitebedrohte Griechenland verzögern sich unterdessen. Zunächst müssten organisatorische Probleme und insbesondere Sicherheitsfragen geklärt werden, verlautete am Freitag aus der EU-Kommission. Die Troika, die vom ehemaligen Finanzminister Yanis Varoufakis mit großem Pathos aus dem Land geworfen wurde und danach unter dem neuen Namen "die Institutionen" aus Brüssel und Frankfurt operiert hat, wird nach Athen zurückkehren. Sie soll in einem Hochsicherheits-Gebäude außerhalb von Athen arbeiten. Auf eine Beflaggung mit der EU-Fahne wird verzichtet.

Im Moment gibt es nur Gespräche über organisatorische Fragen, berichtet die dpa. Griechische Regierungsvertreter hatten in dieser Woche erklärt, die Verhandlungen würden am Freitag beginnen. Ein Athener Regierungsvertreter sagte nun, die eigentlichen Verhandlungen könnten am Samstag starten. Eine Sprecherin der EU-Kommission erklärte lediglich, Vertreter der Gläubiger sowie des Rettungsschirmes ESM würden voraussichtlich in den kommenden Tagen nach Athen reisen.

Voraussetzung für den Start der Verhandlungen waren zwei Gesetzes-Pakete, die das griechische Parlament beschlossen hat. Ein den Verhandlungen nahestehender Insider sagte der dpa aber, dass von Griechenland weitere "Reformen" gefordert würden, bevor Vertreter der Gläubiger nach Athen kommen könnten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...