Politik

Paris und London schotten Euro-Tunnel gegen Flüchtlinge ab

Zahlreiche Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten flüchten unter Einsatz ihres Lebens nach Großbritannien. Doch London will den Zustrom der Menschen eindämmen und illegale Flüchtlinge möglichst schnell abschieben.
01.08.2015 01:21
Lesezeit: 2 min

Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP kam am Mittwoch ein Flüchtling aus dem Sudan am Eurotunnel in Calais ums Leben. Der junge Mann wurde von einem Lkw überfahren, als er auf einen Zug steigen wollte, der nach Großbritannien überfahren wollte. „Für die meisten ist Großbritannien nicht das ersehnte Eldorado, sondern eine Entscheidung mangels Alternativen“, meldet die katholische Hilfsorganisation Secours Catholique. Doch der britische Premier David Cameron gibt sich unnachgiebig. „Wir werden mehr illegale Migranten aus unserem Land abschieben, damit Leute wissen, dass es kein sicherer Hafen ist, wenn man mal da ist", zitiert Bloomberg Cameron. Es würden bereits Gesetze verabschiedet, um das Bleiben des „Schwarms“ der Flüchtlinge zu erschweren.

In der Nacht von Montag auf Dienstag etwa 2.000 Flüchtlinge versucht, zum Eurotunnel vorzudringen. Ein Flüchtling soll dabei ums Leben gekommen sein. „Die britische Regierung wird zusätzliche sieben Millionen Pfund bereitstellen, um die Sicherheit am Eingang des Tunnels zu gewährleisten“, zitiert der EU Observer die britische Innenministerin Theresa May. Das Geld soll unter anderem in den Bau eines neuen Zauns am Eurotunnel-Abschnitt in Coquelles genutzt werden.

Die Eurotunnel-Gesellschaft, die der Betreiber des Eurotunnels ist, verlangt hingegen sowohl von London als auch von Paris Entschädigungszahlungen für die wiederkehrenden Störungen am Tunnel, die durch die Flüchtlingsströme ausgelöst werden. Aufgrund der jüngsten Vorfälle kam es zu einer halbstündigen Verzögerung auf der französischen und zu einer einstündigen Verzögerung auf der britischen Seite des Tunnels. Am Tunnel auf der französischen Seite befinden sich derzeit 3.000 Flüchtlinge, die die Überreise nach Großbritannien planen. Die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan, Äthiopien, Eritrea und dem Sudan.

Anfang Juli wurde in der Nähe von Calais ein lebloser Körper eines Flüchtlings auf dem Dach eines Güterzugs nach Großbritannien gefunden. Doch die toten Flüchtlinge werden von der französischen Polizei statistisch nicht erfasst.

Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum es Flüchtlinge vor allem nach Großbritannien zieht. Die Länder Südeuropas, wo viele Flüchtlinge als erstes ankommen, leiden unter hoher Arbeitslosigkeit. Auch Frankreich meldet immer wieder Höchstwerte. In Großbritannien liegt die Arbeitslosenquote mit 5,4 Prozent nur gut halb so hoch wie auf der anderen Seite des Ärmelkanals. Flüchtlinge hoffen, dort leichter Arbeit zu finden. Da es kein Meldegesetz gibt, hoffen viele auch, leichter als anderswo untertauchen und illegal arbeiten zu können.

Im Vereinigten Königreich wurden im vergangenen Jahr 41 Prozent aller Asylanträge genehmigt, ein deutlich höherer Anteil als in Deutschland und Frankreich. Die Bearbeitungszeiten sind kürzer. Allerdings schafften es auch viel weniger Asylsuchende ins Land. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz betonen, das britische Asylgesetz sei ebenso streng wie anderswo. Zudem fällt es vielen Flüchtlingen fällt es leichter, Englisch zu sprechen, als etwa Französisch zu lernen. Manche hoffen, dass Freunde, Familie oder Landsleute in Großbritannien ihnen helfen. In Ballungszentren wie London oder Birmingham gibt es bereits große afrikanische und arabische Gemeinschaften.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht & Co.: Diese 7 Dokumente sichern Ihre rechtliche Vorsorge
29.05.2025

Wer rechtzeitig Regelungen für die eigene rechtliche Vorsorge trifft, handelt vorausschauend. Besonders zentrale Dokumente sind eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Trade-In-Experte: „Rücknahme ist kein reines Nachhaltigkeitsetikett, sondern ein Business Case“
29.05.2025

Gebrauchte Smartphones und mobile Geräte sind unterschätzte Vermögenswerte, vor allem im Mittelstand. Trade-In-Experte Alexander Heß...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Urlaubsplanung: Wann sind halbe Urlaubstage erlaubt?
29.05.2025

Handwerkertermin, Arztbesuch oder Gang zur Behörde – in vielen Fällen reicht es aus, wenn Arbeitnehmer lediglich einen halben Tag frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Einer der einflussreichsten Manager Europas warnt: „China ist gefährlicher als Trump“
29.05.2025

China ist längst mehr als nur Werkbank – es ist der größte Stresstest für Europas Wirtschaft. Ex-Mærsk-Chef Nils Smedegaard Andersen...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall Street kapituliert vor Krypto: Coinbase knackt den S&P 500
28.05.2025

Bitcoin steigt, Coinbase stürmt in den S&P 500 – und die Wall Street macht plötzlich auf Krypto. Doch ist das der Durchbruch oder nur...

DWN
Politik
Politik Grönland stellt den Westen kalt: "China wartet schon"
28.05.2025

Grönland droht dem Westen offen mit einem Schulterschluss mit China – aus Frust über mangelnde Investitionen in seine Rohstoffe. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tesla stürzt ab, China übernimmt – Litauen wird zum Diesel-Paradies Europas
28.05.2025

Während Tesla in Europa dramatisch Marktanteile verliert und chinesische Hersteller wie BYD das Steuer übernehmen, feiert Litauen ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nur schwache Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt
28.05.2025

Die Frühjahrsbelebung am deutschen Arbeitsmarkt ist in diesem Jahr fast ausgeblieben – trotz saisonaler Impulse. Fachkräftemangel,...