Finanzen

Bank of England: Abschaffung von Bargeld zwingend erforderlich

Die Bank of England sieht nur ein Mittel, um sich gegen die nächste Rezession zu wappnen: Mit Negativ-Zinsen sollen die Sparer zum Geldausgeben gebracht werden. Dazu sei es zwingend erforderlich, das Bargeld abzuschaffen.
24.09.2015 00:03
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Chef-Ökonom der Bank of England Andy Haldane rechnet damit, dass die britische Zentralbank bald Negativzinsen einführen wird. Das schwache Wirtschaftswachstum zwinge die Zentralbank zu diesem radikalen Schritt. Doch um eine Flucht der Bürger ins Bargeld zu verhindern, forderte er eine Abschaffung von Scheinen und Münzen. Haldane ist einer von neun Mitgliedern des Monetary Policy Committee (MPC), dass sich zwölf Mal im Jahr trifft, um die Leitzinsen für Großbritannien festzusetzen.

„Bei den großen Industrienationen stehen die Leitzinsen praktisch bei Null“, so Haldane. Dies erschwere es den Zentralbanken zusehends, Rezessionen mit geldpolitischen Maßnahmen zu bekämpfen. Als Grund für die historisch niedrigen Zinsen nennt Haldane eine Mischung aus niedrigem Wirtschaftswachstum, geringeren Investitionen, einer alternden Bevölkerung und steigender Ungleichheit bei den Einkommen. „All diese Faktoren sind keine Trugbilder. Keiner davon wird sich demnächst umkehren“, so Haldane.

In Großbritannien stehen die Leitzinsen seit nunmehr sechs Jahren bei 0,5 Prozent. Doch die lockere Geldpolitik hat dem Land keinen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht. Vielmehr droht der britischen Wirtschaft die nächste Rezession. Dennoch sprach sich Haldane auf einem Kongress in Nordirland nun für weitere geldpolitische Maßnahmen aus. Er sieht „eine Notwendigkeit, die geldpolitischen Zügel als nächsten Schritt zu lockern statt sie zu straffen, um das Wachstum in Großbritannien zu unterstützen und das Inflationsziel zu erreichen“, zitiert der „Telegraph“ den Zentralbanker. Doch eine Zinssenkung könnte dazu führen, dass die Sparer ihre Guthaben von der Bank abheben. Das Horten von Bargeld hätte negative Effekte auf die Wirtschaft und könnte das Wachstum weiter bremsen. Um dies zu verhindern, plädiert Haldane für eine Abschaffung des Bargeldes.

Mit dieser Forderung ist der britische Zentralbanker nicht allein. Auch der ehemalige Chef-Ökonom der Weltbank Larry Summers und der deutsche „Wirtschaftsweise“ Peter Bofinger sprachen sich schon öffentlich für eine Abschaffung des Bargeldes aus. Der Münchener Ökonom Gerald Mann geht davon aus, dass eine schrittweise Abschaffung bereits beschlossene Sache ist. Mann glaubt, dass die Schulden-Staaten in Abschaffung des Bargeldes die Möglichkeit sehen, die Sparer zum Konsum zu zwingen. Der Verfassungsrechtler Christoph Degenhart hält ein Bargeldverbot allerdings für verfassungswidrig. Er sieht in der Forderung eine bedenkliche Entwicklung hin zur Totalüberwachung des Bürgers und zur Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten.

Die Schweiz hat bereits Anfang des Jahres Negativzinsen eingeführt. Seit der Einführung horten die Schweizer vermehrt Bargeld zu Hause. Für die Sparer gibt es damit keinerlei Anreize mehr, ihr Geld auf der Bank zu belassen. Auch in Schweden sind die Leitzinsen bereits im Negativ. Die schwedische Zentralbank kündigte kürzlich an, den Leitzins mindestens bis Jahresende auf minus 0,25 Prozent zu belassen. Als Begründung nannten die Notenbanker, dass das Inflationsziel von 2 Prozent erreicht werden müsste, bevor die Zinsen wieder erhöht werden könnten.

Als einzige Alternative zu Negativzinsen sieht der britische Zentralbanker die Erhöhung des Inflationsziels. Die derzeitige Vorgabe von zwei Prozent stamme aus einer Zeit, als die Leitzinsen bei sechs Prozent lagen. Eine Erhöhung des Inflationsziels auf vier Prozent würde der Zentralbank mehr Spielraum für geldpolitische Maßnahmen verschaffen, so Haldane. Doch er gab zu Bedenken, dass dies bei der Bevölkerung vermutlich nicht auf große Gegenliebe stoßen werde.

„Die Leute, die von der Inflation am stärksten getroffen werden, sind die Armen, die Alten und all jene, die sich nicht gegen ein solches Risiko absichern können. Das sind die Erfahrungen aus der Geschichte“, zitiert der „Telegraph“ den britischen Zentralbanker. „Ein Inflationsziel über dem derzeitigen Niveau würde nicht nur die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken aufs Spiel setzen, sondern könnte auch die Präferenzen der allgemeinen Bevölkerung erschüttern.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...