Politik

Sicherung der Öl-Geschäfte: Türkei plant Militär-Basis im Irak

Die Türkei plant offenbar die Errichtung einer Militärbasis im Nordirak. Dazu soll auch der Einmarsch eines Regiments in den Irak dienen. Die Regierung in Bagdad spricht von einem Verstoß gegen das Völkerrecht. Die Türkei will auf diesem Weg ihre Öl-Geschäfte sichern. Es gibt starke Hinweise, dass auch die Terror-Miliz IS die Türkei beliefert.
06.12.2015 01:49
Lesezeit: 2 min
Sicherung der Öl-Geschäfte: Türkei plant Militär-Basis im Irak
Die geplante türkische Militärbasis liegt in der Nähe der Stadt Mossul, die vom IS kontrolliert wird. (Grafik: Zerohedge)

Die irakische Zentralregierung hat am Samstag den sofortigen Abzug der im kurdischen Norden des Irak stationierten türkischen Truppen gefordert. Die Soldaten und Panzer seien ohne Erlaubnis der Regierung ins Land gekommen, erklärte der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi und sprach von einer "schweren Verletzung der Souveränität" seines Landes. Der irakische Staatschef Fuad Massum, ein Kurde, kritisierte die "Verletzung des Völkerrechts" durch Ankara. Der türkische Botschafter wurde ins Außenministerium in Bagdad einbestellt.

Wie die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag meldete, waren 150 türkische Soldaten mit 20 bis 25 Panzern im Irak in der Region um Baschika nördlich von Mossul angekommen. Die Ölstadt Mossul im nordirakischen Kurdengebiet war im Juni 2014 an die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gefallen.

Nach türkischen Angaben handelte es sich bei der Truppenbewegung lediglich um eine Rotation innerhalb der Ausbildungsmission der türkischen Armee für kurdische Peschmerga-Kämpfer. Türkische Soldaten sollen schon seit zweieinhalb Jahren in der autonomen Kurdenregion im Nordirak stationiert sein, um die dortigen Peschmerga-Kämpfer für den Kampf gegen die IS-Miliz auszubilden. Das Ausbildungscamp befindet sich in einem 80 Kilometer von der türkisch-irakischen Grenze entfernten Gebiet, das kurdische Einheiten kontrollieren, das aber auch von Bagdad beansprucht wird.

Türkische Medien berichteten zugleich über eine weitaus umfangreichere Stationierung. "Die Türkei errichtet eine Basis in der Baschika-Region von Mossul mit 600 Soldaten", titelte die Zeitung "Hürriyet". Dies gehe auf eine Vereinbarung der türkischen Regierung mit dem Präsidenten der autonomen Kurdenregion, Massud Barsani, zurück, der eng mit Ankara zusammenarbeitet - auch wirtschaftlich, etwa im Ölbereich.

Die Behörden der Kurdenregion erklärten, die türkische Regierung habe in den vergangen Tagen Experten und Materialien für die Vergrößerung des Militärcamps geschickt. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bestritt in einer Fernsehansprache, dass sein Land die Militäreinsätze im Irak ausweite.

Regierungschef Abadi, ein Schiit, steht unter Druck insbesondere schiitischer Kräfte, nicht noch mehr ausländische Truppenpräsenz auch der USA im Irak zuzulassen. Vor einigen Tagen erklärte er, jegliche Entsendung fremder Truppen auf irakischen Boden werde als "feindlicher Akt" angesehen. Im Zuge der von Washington angeführten Anti-IS-Koalition befinden sich seit dem vergangenen Jahr tausende US-Militärberater im Irak.

Die Kurden im Nordirak, die auch von Deutschland mit Waffen unterstützt und ausgebildet werden, versuchten die türkische Truppenstationierung zu relativieren. Der Kommandeur der Peschmerga in der Region, Nureddin Herki, sprach von einer Routinerotation. Er wies Berichte zurück, denen zufolge die Türken stationiert wurden, um die Stadt Mossul vom IS zurückzuerobern.

Die Türkei steht weiterhin im Verdacht, islamistische Milizen im Kampf gegen den syrischen Staatschef Baschar al-Assad zu unterstützen. Unter dem Druck vor allem der USA hatte sich die Türkei im Juli der Anti-IS-Koalition angeschlossen. Zuletzt hatte Russland der Türkei offen vorgeworfen, Ölgeschäfte mit dem IS zu betreiben. Auslöser war der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die türkische Luftwaffe, der auf syrischem Territorium niederging.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versicherte am Samstag, sein Land werde auch andere Energielieferanten finden, sollte Russland den Gashahn zudrehen. In einer Fernsehansprache verwies der islamisch-konservative Politiker dabei auf Katar und Aserbaidschan. Russland ist der wichtigste Energielieferant der Türkei. 55 Prozent des Gas- und 30 Prozent des Ölbedarfs werden durch Russland gedeckt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung für Verbraucher: "Fatales Signal"
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...