Politik

Saudi-Arabien will Annäherung des Iran an den Westen verhindern

Die islamistische Theokratie Saudi-Arabien will sich nicht mit einer Annäherung des Iran an den Westen abfinden. 140 Geistliche riefen in einem Appell das Königshaus dazu auf, in der Region eine Art Schutzmachtrolle für Sunniten zu übernehmen. Die Lage ist brisant, so dass sogar der chinesische Präsident Xi versucht, die Saudis von einer weiteren Eskalation abzuhalten.
19.01.2016 00:46
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Offiziell hält sich die Führung von Saudi-Arabien zurück. Doch das Königshaus ist wegen der Aufhebung von Sanktionen gegen den Erzrivalen Iran in Aufruhr. Die sunnitischen Machthaber befürchten, dass die schiitische Führung in Teheran ihren Einfluss im Nahen Osten ausbaut. Eine entscheidende Rolle dürfte dabei die Wirtschaft spielen: Während das Königreich vom Ölexport abhängig ist, ist die der Islamischen Republik breiter aufgestellt. Und Firmen aus dem Westen stehen in den Startlöchern und wollen Milliarden im Iran investieren.

Die Bestürzung der Machthaber in Riad lässt sich etwa in Kommentaren halbamtlicher Medien oder Erklärungen hochrangiger Geistlicher ablesen: So veröffentlichte die Zeitung „Al-Watan“ eine Karikatur, in der das Wort „Frieden“ geschrieben wird. Doch der Stift zerbricht, bevor das Wort vollendet ist. Darunter findet sich ein Kommentar: „Wird sich der Iran nach der Umsetzung des Atomabkommens ändern?“ Die Antwort des Kommentators: wahrscheinlich nicht.

Die Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran ist nicht neu. Er hat sich wegen außenpolitischer Konflikte in den vergangenen Jahren aber noch verschärft. Nach Ansicht von Saudi-Arabien führt vor allem die Unterstützung schiitischer Milizen durch den Iran dazu, dass sich die Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten verschärft.

Saudi-Arabien wirkt seit Jahren als Financier und Unterstützer für verschiedene Terror-Gruppen im Nahen Osten. Im Jemen hat die Theokratie einen völkerrechtswidrigen Krieg angezettelt. Der von den Saudis geleiteten Koalition werden Kriegsverbrechen vorgeworfen, und zwar von unverdächtiger Seite – nämlich von den Vereinten Nationen und von Amnesty International.

Die Aufhebung von Sanktionen gegen den Iran könnte auf die Außenpolitik handfeste Auswirkungen haben. Denn wer sich auf politische und militärische Abenteuer im Ausland einlässt, braucht Geld. Ebenso können mit Hilfe von Handelsbeziehungen Allianzen mit anderen Ländern geschmiedet werden.

Derzeit sieht es danach aus, als könnte der Iran den wirtschaftlichen Rückstand aufholen. Während die Islamische Republik gerade die Sanktionsfesseln abschüttelt und sich im Aufbruch befindet, hat sich das Wachstum in Saudi-Arabien wegen der gesunkenen Ölpreise stark verlangsamt. Der Aktienmarkt reagierte auf die Aufhebung der Sanktionen mit einem Kurssturz von fünf Prozent. Für den Iran wird der Ölexport zwar ebenfalls wichtig werden. Aber daneben gibt es Branchen, die Saudi-Arabien nicht hat, wie die Landwirtschaft oder die Autoindustrie.

Für die Führung in Riad ist die Aufhebung der Sanktionen auch deshalb ein Rückschlag, weil sich der Iran damit an ihren mächtigsten Verbündeten USA annähern könnte. Aus ihrer Sicht knickt Präsident Barack Obama vor einer iranischen Aggression ein und tut moderaten Kräften in Teheran einen Gefallen, obwohl Hardliner Ali Chamenei als geistlicher und politischer Führer eigentlich die Geschicke des Landes lenkt.

Schon vor der Entscheidung über die Sanktionen hatte Saudi-Arabien das Verhältnis zum Iran eingefroren und die diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Auslöser war die Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen durch Saudi-Arabien und die anschließende Erstürmung der Botschaft in Teheran durch iranische Demonstranten.

Ausländische Regierungen sind alarmiert, was sich auch an den für diese Woche in Riad anstehenden Besuchen ablesen lässt. Angekündigt sind der chinesische Präsident Xi Jinping, der pakistanische Regierungschef Nawaz Sharif und die Außenminister Frankreichs und der USA. Auch der Konflikt mit dem Iran dürfte bei diesen Treffen zur Sprache kommen. Xi und Sharif planen zudem Besuche in Teheran. Sie alle treibt die Sorge an, dass der Konflikt zwischen den beiden wichtigsten Staaten im Nahen Osten eskaliert und es noch schwieriger werden könnte, Kriege und Machtkämpfe in der Region zu beenden. Und weil der Konflikt entlang der Religionszugehörigkeit verläuft, gibt es die Furcht, dass Extremisten weltweit an Zulauf gewinnen könnten.

Ein Brief von 140 teils prominenten Geistlichen aus Saudi-Arabien belegt die Brisanz der Rivalität. Darin warfen sie dem Iran „Verbrechertum und Heimtücke“ vor und fordern die Regierung in Riad auf, andere Sunniten in der Region zu unterstützen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...