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China wird zum Risiko für deutsche Exporteure

China war in den vergangenen 20 Jahren der wichtigste Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft. Die wirtschaftliche Korrektur in China kommt deshalb auch langsam bei den deutschen Exporteuren an. Sowohl der direkte Handel als auch die negativen Einflüsse der Abkühlung auf die Weltwirtschaft sind bereits spürbar.
03.02.2016 00:06
Lesezeit: 3 min
China wird zum Risiko für deutsche Exporteure
Entwicklung deutsch-chinesischer Handelsbeziehungen in Milliarden Euro (Grafik: German Chamber of Commerce in China)

China ist ein wichtiger Handelspartner für Deutschland. 2014 erreichte der bilaterale Handel zwischen den beiden Ländern einen Rekordwert von 154 Billionen Euro. „Seit 1990 verfünffachte sich der Handel mit dem Kontinent“, so die Deutsche Handelskammer in China. Mit einer Ausweitung, welche heute 24-mal dem Handelsvolumen von 1990 entspricht, war China dabei der wichtigste Katalysator. Die fünf wichtigsten Güter für deutsche Exporteure waren im vergangenen Jahr Fahrzeuge (27,7 Prozent) und Maschinen sowie mechanische Geräte. Sie machen mehr als 50 Prozent der deutschen Exporte nach China aus. Weitere wichtige Exportwaren sind elektronische Produkte (13,9 Prozent), optische Erzeugnisse (6,9 Prozent) sowie Flugzeuge (4,2 Prozent).

Gegen Ende des vergangenen Jahres machte sich aber der wirtschaftliche Abschwung in China auch für deutsche Exporte bemerkbar. Im Oktober 2015 ging der Warenwert der Exporte nach China im Vergleich zu Oktober 2014 um 17,1 Prozent zurück, wie die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. In der Zeit von Januar bis Oktober 2015 schrumpfte der Warenwert der Exporte um 4,2 Prozent. War China 2014 noch Deutschlands drittwichtigster Handelspartner, so ist das Land in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres auf Platz fünf der wichtigsten Handelspartner bezüglich der Exporte abgerutscht. Chinas Importe brachen 2015 um 14,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein. Die Exporte gingen um 2,8 Prozent zurück.

Im November 2015 sprach die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) beispielsweise für die ersten zehn Monaten von einem Rückgang der bayerischen Exporte nach China um 12,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Vom Rückgang betrof­fen sind vor allem Hersteller von elektrischen Ausrüstungen, Maschinen, Kraft­wagen- und Kraftwagenteilen sowie von EDV-Geräten, elektronischen und optischen Geräten“, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. China ist nach den USA der wichtigste Absatzmarkt für bayerische Produkte. 9,7 Prozent aller Exporte aus Bayern gehen nach China.

Doch die Schwäche der chinesischen Wirtschaft hat direkte und indirekte Einflüsse auf die deutsche Wirtschaft. „Für Deutschland hat China als Absatzmarkt erhebliche Bedeutung“, so Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. „Knapp 6 Prozent der Exporte (also etwa 3 Prozent des BIP) werden so direkt nach China geliefert.“ Aber durch die dämpfenden Wirkungen auf den Rest der Welt entstünden zusätzliche Belastungen. Immerhin liegt der Anteil Chinas am Welthandel bei 11,3 Prozent und damit noch deutlich höher als der der USA (10,7 Prozent). Der Abschwung der chinesischen Wirtschaft hat auch erhebliche Konsequenzen auf andere deutsche Absatzmärkte, was wiederum die Nachfrage nach deutschen Gütern in diesen Ländern senken könnte.

China hat aufgrund seiner Größe inzwischen eine sehr große Bedeutung für die Weltwirtschaft, sowohl als Absatzmarkt als auch als Produktionsstandort“, so Gern zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Die Wachstumsverlangsamung in China betreffe insbesondere die Rohstoffexporteure, da China einen großen Teil der Rohstoffe absorbiere. „Nach Modellsimulationen reduziert sich das Wirtschaftswachstum in der übrigen Welt um rund 0,5 Prozentpunkte, wenn sich Chinas Wirtschaftswachstum um 3 Prozentpunkte verringert.“ Bei einer Verringerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3 Prozentpunkte spricht man bereits von einer harten Landung.

Die Weltbank hat inzwischen ihre Prognose für die Weltwirtschaft um 0,4 Prozent auf 2,9 Prozent nach unten korrigiert. Auch sie benennt einen unerwarteten Absturz der chinesischen Wirtschaft als eines der Hauptrisiken für die Weltwirtschaft.

Doch nicht nur im Hinblick auf die Industrie spielt ein niedrigeres Wachstum Chinas eine Rolle. Auch die Finanzmärkte geraten unter Druck. „China ist in die Weltfinanzmärkte zwar nur begrenzt integriert, die Eintrübung der Wachstumsaussichten führt aber zu Rückgängen bei den Aktienkursen, die in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften belastend wirken.“

Das bisherige Wachstum von 6,9 Prozent ist aber gemessen an dem Übergang Chinas vom reinen Industriestaat hin zu einem Staat mit zusätzlichem Dienstleistungsmarkt noch nicht bedrohlich. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel rechnet mit einer längerfristigen Verlangsamung des Wachstums auf etwa 4 bis 5 Prozent in China. Entscheidend sei, so Gern, ob es in China tatsächlich zu einem „krisenhaften Konjunktureinbruch“ kommt und eben nicht zu einer Verlangsamung, die sich bei einem Wert von 4 bis 5 Prozent des BIP-Wachstums stabilisiert.

Ob es zu einem derartigen Einbruch kommt, hängt davon ab, wie gut die Branchen in China aufgestellt sind. Hierbei spielt die hohe Verschuldung etlicher Unternehmen und Kommunen eine wichtige Rolle, aber auch die Entwicklung am Immobilienmarkt. „Die Regierung wird aber alle Hebel in Bewegung setzen, um dies zu verhindern, da sie soziale Unruhen im Zusammenhang mit einer Rezession fürchtet.“

Tatsächlich wird der Abschwung jedoch weiter anhalten. „Hier sind die bremsenden Faktoren, insbesondere der Konsolidierungsbedarf in weiten Teilen der Wirtschaft, wohl zu mächtig“, so Gern zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Es stellt sich nur die Frage, wie lang und wie ruckartig es zu einem Rückgang des chinesischen Wachstums kommen wird. Und genau vor diesem Hintergrund wird es für die deutschen Unternehmen wichtig sein, zu entscheiden, welche China-Strategie sie langfristig verfolgen wollen.

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