Finanzen

Gefangen im Petro-Dollar: Norwegen treibt in die Rezession

Die norwegische Zentralbank stemmt sich mit allen Mitteln gegen eine Rezession. Doch das Öl-Land ist im System des Petro-Dollars gefangen: Wegen des niedrigen Ölpreises und des starken Dollars entwickeln sich die Devisen-Verkäufe der Notenbank zum Bumerang.
19.02.2016 01:21
Lesezeit: 1 min
Gefangen im Petro-Dollar: Norwegen treibt in die Rezession
Die Krone hat gegenüber dem Euro in den zurückliegenden Monaten zwar an Wert verloren, angesichts der konjunkturellen Abkühlung könnte das aber nicht ausreichen. (Grafik: ariva.de)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der niedrige Ölpreis hat die vom Ölverkauf dominierte Wirtschaft Norwegens hart getroffen. Das Festland-Bruttoinlandsprodukt (BIP), welches die Aktivitäten im Öl-, Gas- und Schiffsbereich ausklammert, ist im letzten Quartal 2015 um nur noch 0,1 Prozent gewachsen. Im gleichen Zeitraum gingen die Exporte um fast 3 Prozent zurück, während die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand seit zehn Jahren stieg. Der Produktionsausstoß bei Öl, Gas und Schiffen brach um fast 6 Prozent ein. Im laufenden Quartal fiel der Index für das Verbrauchervertrauen sogar auf den tiefsten Stand seit 1992.

Zwar hat die norwegische Krone im vergangenen Jahr rund ein Fünftel ihres Wertes eingebüßt, die Wirtschaft ist allem Anschein nach aber auf eine noch schwächere Landeswährung angewiesen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen. Einer weiteren deutlichen Abwertung sind jedoch Grenzen gesetzt, weil der norwegische Staat den Wert der Krone permanent stützt, ohne dies wirklich zu beabsichtigen.

Der Grund hierfür ist, dass Norwegen seine Ölverkäufe in US-Dollar abwickelt. Die daraus resultierenden Einnahmen müssen, wenn sie innerhalb des Landes verwendet werden sollen, in Kronen eingetauscht werden. Der norwegische Staat kauft deshalb Kronen und verkauft dafür die aus dem Ölgeschäft stammenden Petro-Dollars. Die so erzeugte permanente Nachfrage nach der heimischen Währung verhindert eine allzu starke Abwertung. Wie der Finanzblog Zerohedge schreibt, habe die norwegische Regierung im Januar angekündigt, im Februar täglich Kronen im Wert von rund 104 Millionen Dollar zu kaufen, um Öleinnahmen für den Staatshaushalt bereitzustellen. Norwegens Zentralbank-Chef hat derweil vor einer übermäßigen Verwendung der Öleinnahmen gewarnt. Er geht davon aus, dass die Regierung dieses Jahr rund 10 Milliarden Dollar aus dem Staatsfonds abziehen wird.

Zusätzlicher Abwertungsdruck auf die Krone entsteht, weil wichtige Währungen seit geraumer Zeit in eine Art Abwertungs-Wettlauf miteinander eingetreten sind. Beobachter gehen davon aus, dass die EZB ihre Geldpolitik im März noch expansiver gestalten wird, um den Außenwert des Euro weiter zu senken. In den USA ist die eingeleitete Zinswende bereits ins Stocken geraten und auch China steht im Verdacht, seine Währung zumindest zeitweise künstlich zu schwächen. Norwegens skandinavische Nachbarn Schweden und Dänemark haben bereits negative Zinsen eingeführt.

Weil Norwegen als Teil des Petrodollar-Systems bis auf weiteres auf den Verkauf von Öl in Dollar und damit auf den Umtausch in Kronen angewiesen sein wird, könnte die Zentralbank bald gezwungen sein, den Leitzins deutlich zu senken. Derzeit liegt der Zins bei relativ hohen 0,75 Prozent. Die norwegische Regierung hat bereits ihre Unterstützung für eine Senkung angekündigt. „Es gibt noch Spielraum, die Konjunktur mit niedrigeren Zinsen anzukurbeln“, sagte Ministerpräsidentin Erna Solberg am Montag in einem Reuters-Interview.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...