Politik

Nationalgarde soll Putin gegen Feinde von innen und außen schützen

Putin wandelt die bisherigen Truppen des Innenministeriums in eine Nationalgarde, die direkt dem Kreml-Chef untersteht. Er fürchtet von außen gesteuerte Revolutionen ebenso wie Machenschaften des Geheimdienstes FSB, der seinen Sturz betreiben könnte.
07.04.2016 02:22
Lesezeit: 3 min

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Russland wird die bisherigen Truppen des Innenministeriums in eine Nationalgarde umwandeln. Das kündigte Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit der Führung des Ministeriums am Dienstag in Moskau an. Neben den 170.000 Soldaten der Innentruppen sollten auch 40.000 Mann der Sonderpolizeitruppe Omon und andere Spezialkräfte in die Nationalgarde eingegliedert werden. Die Garde solle im Kampf gegen Terror, Drogen und organisiertes Verbrechen eingesetzt werden, sagte Putin nach Agenturmeldungen. Putin stärkte das Innenministerium unter Minister Viktor Kolokolzew auch, indem er ihm die bislang eigenständigen Behörden für Drogenbekämpfung und Migration wieder unterstellte.

Im diesbezüglichen Gesetz heißt es wörtlich: „Es ist verboten, Waffen gegen Frauen mit den sichtbaren Zeichen einer Schwangerschaft zu verwenden, gegen Menschen mit offensichtlichen Anzeichen für eine Behinderung und minderjährige Personen. Ausnahmen gelten für Fälle, in denen diese Personen bewaffneten Widerstand leisteten, die in einer Gruppe von Angreifern attackieren oder bei einem Angriff das Leben und die Gesundheit der Bürger oder der Nationalgarde bedroht wird. Zugleich wird es verboten, an weitgehend überfüllten Orten verboten Waffen zu verwenden, wenn ihre Verwendung beiläufig Menschen verletzen kann“, zitiert die russische Nachrichtenagentur Tass aus dem Gesetz.

Der Kreml-Chef befürchtet offenbar, dass es zu Unruhen in Russland kommt. Diese Sorge ist durchaus begründet. Der ehemalige CIA-Chef und US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte im Januar auf einer Konferenz am Council on Foreign Relations, dass Russland mit der Intervention in Syrien einen Fehler gemacht habe. Dabei gehe es nicht so sehr um den Einsatz an sich, sondern um die Auswahl des Koalitionspartners. Russland führe Operationen gemeinsam mit dem Iran durch. Doch der Iran vertritt die Schiiten in der islamischen Welt. Die muslimische Gemeinschaft in Russland und in der Welt hingegen sei überwiegend sunnitisch. Russland werde die negativen Auswirkungen im Inland langfristig spüren, so Gates.

Einer der führenden Politologen der Open Society Foundation, die als Urheber der Farbrevolutionen gesehen wird, Ivan Krastev, schreibt in der Zeitschrift IP: „Die Orangene Revolution in der Ukraine war Putins ,9/11‘. Seitdem hält der russische Präsident ferngesteuerte Straßenproteste für die Hauptbedrohung seines Regimes – wie überhaupt der Kreml überzeugt ist, dass jede Farbrevolution im postsowjetischen Raum, einschließlich der innerrussischen Proteste, von Washington angezettelt, finanziert und gelenkt wurden.“

Krastev, der vom US-Milliardär George Soros gefördert wird, hält Putins Verdacht für unbegründet: „Er möchte eine Zusicherung, dass der Kreml keine Proteste in Moskau und Minsk zu fürchten hat und dass westliche Regierungen und Medien solche Proteste verurteilen und nicht unterstützen. Pech für Putin: Es gibt keine ,Demokratische Internationale‘, die Demokratieförderung betreiben würde, wie die Komintern die internationale Revolution. Was nicht existiert, kann auch nicht aufgelöst werden.“

Doch es gibt Hinweise auch in seriösen Medien, dass hinter den Farbrevolutionen westliche Organisationen aus Nato-Staaten stecken könnten, berichtet der Guardian. Beispielweise soll das Open Society Institute des US-Investors George Soros in Zusammenarbeit mit den US-NGOs United States Agency for International Development (USAID), National Endowment for Democracy (NED), Project for the New American Century (PNAC) die mazedonischen Massenproteste gegen die Regierung in Skopje organisiert haben. Für den Vorstoß sollen Soros und die NGOs das Zentrum für angewandte gewaltlose Aktion und Strategien (Canvas) eingesetzt haben. Aus Wikileaks-Dokumenten geht hervor, dass Canvas unter anderem von den US-Organisationen Freedom House, the International Republican Institute, NED, Open Society Institute, United States Institute of Peace und USAID finanziert wird. Das französische Institut Centre français de recherche sur le renseignement (CF2R) berichtet, dass der ehemalige CIA-Direktor James Woolsey für die Ausbildung von Canvas-Aktivisten zuständig ist.

Putin will sich durch die Umwandlung des Innenministeriums in eine Nationalgarde offenbar auch gegen seine eigenen Geheimdienste schützen. Stratfor berichtet: „Obwohl er niemals im Zentrum der Macht des FSB gewesen ist, ist Putin aus dem FSB-Tuch geschnitten. Putin führte den FSB im Jahr 1999, aber es gibt seit langem Gerüchte, wonach er sich auf die Mitglieder der FSB-Elite stützen musste, um die Loyalität innerhalb des Diensts aufrechtzuerhalten. Dieselben Leute dieser Elite besetzen derzeit Spitzenpositionen im Kreml: Sergej Iwanow ist Leiter der Präsidialverwaltung, Igor Setschin ist Rosneft-Chef und Nikolai Patruschew ist Sekretär des russischen Sicherheitsrats. Sie bilden den Kern des FSB-Clans. Einzeln können diese Personen Putins nichts anhaben, doch gemeinsam könnten sie gegen Putin vorgehen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Putin weiß das (…) Der FSB versuchte das Innenministerium, immer zu beeinflussen, weil er keine eigenen Militärs oder Polizisten hat. Das Innenministerium kommandiert mehr als 200.000 Truppen und Polizisten.“

Bereits im Mai 2014 übernahm der FSB das Hauptdirektorat für Energie-Sicherheit und Anti-Korruption, die eine Schlüsselbehörde des Innenministeriums darstellt.

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