Politik

EU-Staaten ohne Haltung: Einigung über Glyphosat gescheitert

Lesezeit: 1 min
06.06.2016 16:18
Die EU-Staaten haben sich am Montag nicht über die Neuzulassung des Pestizids Glyphosat einigen können. In letzter Minute ist Frankreich von seiner harten Haltung abgewichen und hat sich enthalten, statt mit Nein zu stimmen. Nun muss die EU-Kommission entscheiden. Diese ärgert sich über die heiße Kartoffel, die die EU-Staaten an sie weitergereicht haben.
EU-Staaten ohne Haltung: Einigung über Glyphosat gescheitert

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Im Streit über eine Weiterverwendung des Unkrautvernichters Glyphosat können sich die EU-Staaten nicht einigen. Damit zeichnet sich ab, dass letztlich die EU-Kommission darüber entscheiden dürfte, ob die Zulassung des Herbizids über den 30. Juni hinaus verlängert wird. Das Mittel steht im Verdacht, krebserregend zu sein. In dem bisher zuständigen Ständigen Ausschuss fanden die EU-Staaten am Montag keine Übereinkunft. Deshalb soll nun in einem Berufungsgremium ein neuer Anlauf für einen Kompromiss gestartet werden. Sollte es auch dort keine Einigung geben, kann die EU-Kommission am Ende selbst beschließen, ob sie die Chemikalie wie geplant zunächst für weitere eineinhalb Jahre zulässt. Der amerikanische Bayer-Übernahmekandidat Monsanto hat mit dem Mittel vergangenes Jahr Milliardenumsätze gemacht.

Bei der Abstimmung am Montag sprachen sich laut Diplomaten 20 EU-Staaten für eine weitere Verwendung aus, sieben enthielten sich und Malta war als einziges Mitgliedsland dagegen. Die Bundesregierung hatte bereits zuvor ihre Enthaltung angekündigt. Da auch die bevölkerungsreichen Staaten Frankreich und Italien von ihrem bisherigen Widerstand gegen die Glyphosat-Verlängerung abrückten und sich enthielten, kam kein eindeutiges Votum zustande. Die EU-Kommission reagierte darauf verschnupft: „Es ist nicht möglich, sich hinter der EU-Kommission zu verstecken“, sagte deren stellvertretender Chefsprecher Alexander Winterstein. Die Mitgliedsländer müssten sich ihrer Verantwortung stellen. Das weitere Vorgehen werde bei einer Sitzung der Kommissionsspitze am Dienstag besprochen. Die Brüsseler Behörde hatte sich zuletzt für eine verlängerte Zulassung von zwölf bis 18 Monaten ausgesprochen, bis das Ergebnis einer neuen EU-Studie vorliegt.

Kritik an den Mitgliedsländern kam auch von den Grünen: „Die EU-Regierungen drücken sich vor einer Entscheidung und schieben ihre Verantwortung auf die Europäische Kommission ab“, sagte der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im EU-Parlament. Martin Häusling. Der niedersächsische Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Christian Meyer (Grüne) forderte die Brüsseler Behörde auf, sich nicht über die fehlende Zustimmung der Mitgliedstaaten hinwegzusetzen und einen Kniefall vor den Interessen der Agrarindustrie zu machen. Laut EU-Kommission können Mitgliedsländer jedoch unabhängig von der Entscheidung in Brüssel auf nationaler Ebene die Produkte verbieten, die auf dem Wirkstoff Glyphosat basieren. Der US-Agrarkonzern Monsanto vertreibt das Mittel unter dem Namen Roundup und erzielte damit im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,8 Milliarden Dollar.

In Deutschland befürworten das Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Wiederzulassung von Glyphosat und stützen sich dabei auf Studien der EU-Lebensmittelbehörde Efsa und des Bundesinstituts für Risikobewertung. Beide Behörden bescheinigen der Chemikalie bei sachgerechter Verwendung Unbedenklichkeit. Allerdings geht die internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation WHO davon aus, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend ist. Darauf stützen sich die SPD-geführten Ministerien bei ihrem Nein.

 

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Experte: EU-Zölle gegen chinesische E-Autos wären riskanter „Bumerang“
04.10.2023

Die EU-Kommission prüft die Verhängung von Importzöllen gegen chinesische Elektroautos. Ein Experte erwartet vor allem für deutsche...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: FDP stellt Bundesländern Ultimatum
04.10.2023

Die Folgen der laxen Migrationspolitik fliegen der Ampel um die Ohren. Es riecht nach Panik hinter den Kulissen. Derweil finanzieren die...

DWN
Technologie
Technologie Strauchelnde Windbranche gefährdet Klimaziele der EU
04.10.2023

Die Windkraft steckt in der Krise, die ambitionierten Vorgaben der EU rücken in weite Ferne.

DWN
Politik
Politik USA: Machtkampf bei Republikanern eskaliert
04.10.2023

Die Spannungen innerhalb der republikanischen Partei entladen sich in einem handfesten Machtkampf. Jetzt wurde der erste Top-Funktionär...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft begrüßt Steuervorschläge von Friedrich Merz
04.10.2023

Die Vorschläge von CDU-Chef Friedrich Merz zur Reform der Besteuerung von Unternehmen haben ein zwiespältiges Echo ausgelöst. Während...

DWN
Politik
Politik Niederländer Wopke Hoekstra soll neuer EU-Klimakommissar werden
04.10.2023

Der EU-Umweltausschuss empfiehlt Wopke Hoekstra als neuen EU-Klimakommissar. Hoekstra muss noch die Zustimmung des gesamten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massiver Einbruch in der deutschen Startup-Szene
03.10.2023

Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist sowohl die Zahl als auch besonders der Umfang der Finanzierungen für deutsche Start-up-Unternehmen...

DWN
Politik
Politik Illegale Migration: Polen, Tschechien und Österreich führen Grenzkontrollen ein
04.10.2023

Der starke Anstieg der illegalen Migration nach Europa zwingt zu einer Abkehr vom Kernelement des Schengen-Systems.