Politik

„Unfassbare Schlamperei“: Österreich drohen Wochen ohne Präsident

Bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich ist es offenbar zu schweren Unregelmäßigkeiten gekommen. Das räumte sogar der juristische Berater des grünen Wahlsiegers ein. Der Verfassungsgerichtshofs muss die Vorkommnisse nun prüfen. Österreich droht nun eine Zwischenphase ohne Präsident und im schlimmsten Fall eine Wiederholung der Wahl.
09.06.2016 08:59
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die FPÖ hat nach der offiziellen Anfechtung der Wahl erhebliche Details zu Pannen bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich präsentiert. Nach Darstellung der des FPÖ-Rechtsbeistands, des früheren Justizministers Böhmdorfer, wurde der äußere der beiden Umschläge der Briefwahlstimmen gesetzwidrig in 120.000 Fällen bereits am Wahltag geöffnet. Dann seien die durch diesen Vorgang eigentlich ungültigen Stimmen am Folgetag aber ausgezählt worden, sagte der FPÖ-Rechtsbeistand Dieter Böhmdorfer am Mittwochabend in der ORF-Nachrichtensendung «ZiB2». Die Auszählung der Briefwahlstimmen ist erst ab 9 Uhr des Folgetags erlaubt. Die Gesetzeslage ist hier eindeutig: Geöffnte Kuverts machen die Stimmen nichtig, weshalb sie nicht mitgezählt werden dürfen. Sollte der Verfassungsgerichtshof diese Auffassung teilen, muss die Wahl wiederholt werden.

In 94 von insgesamt 117 Bezirkswahlbehörden wurden von der FPÖ Gesetzeswidrigkeiten dokumentiert. In 82 Bezirkswahlbehörden waren die Briefwahlkarten vor Eintreffen der Wahlkommission vorsortiert in miteinzubeziehende und nicht miteinzubeziehende Wahlkarten. Dies betrifft 573.275 eingelangte Wahlkarten, davon wurden 31.814 als nichtig vorsortiert.

In 11 Bezirkswahlbehörden waren die Briefwahlkarten vor Beginn der Auszählung bereits geöffnet und in einigen war der Stimmzettel bereits sogar aus den Stimmkuverts entnommen. Davon betroffen sind 80.953 eingelangte Wahlkarten. In 4 Bezirkswahlbehörden waren zu Beginn der Sitzung die Wahlkartenstimmen bereits ausgezählt. Davon betroffen sind 30.295 eingelangte Wahlkarten. In 7 Bezirkswahlbehörden erfolgte die Auszählung nicht durch die Bezirkswahlbehörde, sondern durch nicht zuständige Personen. Davon betroffen sind 58.374 eingelangte Wahlkarten.

Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer war in der Stichwahl am 22. Mai dem von den Grünen unterstützten Bewerber Alexander Van der Bellen nur um knapp 31.000 Stimmen unterlegen. Wegen der Unregelmäßigkeiten hat die FPÖ am Mittwoch die Wahl vor dem Verfassungsgerichtshof in Wien angefochten. Das Höchstgericht muss binnen vier Wochen entscheiden, ob die Wahl ganz, in Teilen oder gar nicht wiederholt werden muss.

Auch der juristische Berater Van der Bellens spricht von einem echten Skandal - und hält die Anfechtung durch die FPÖ für richtig. Der Verfassungs-Jurist Heinz Mayer bezeichnete die Vorgänge als «unfassbare Schlamperei». Er sieht angesichts der Fülle der Vorwürfe kaum eine Chance zur Einhaltung der Vier-Wochen-Frist. «Das scheint mir nicht möglich», sagte Mayer in der «ZiB2». Der neue Präsident soll am 8. Juli vereidigt werden. Im Notfall würde das Präsidium des Nationalrats die Geschäfte des Staatsoberhaupts kommissarisch übernehmen.

Böhmdorfer sagte im ORF, dass die FPÖ den Spruch des Höchstgerichts in jedem Fall akzeptieren werde. Er glaubt nicht, dass die Überprüfung mehr als vier Wochen dauern muss - weil seiner Ansicht nach die Verstöße derart offensichtlich sind, dass eine Grundlage für eine Entscheidung auch in kurzer Zeit gegeben sei.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zur Eröffnung am Freitag
09.05.2025

Zum Handelsbeginn am Freitag hat der DAX ein frisches DAX-Rekordhoch erreicht. Die im April gestartete Erholungswelle nach dem ersten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen nur noch geringfügig an - ist das die Trendwende?
09.05.2025

Der Anstieg der Insolvenzen in Deutschland hat sich im April deutlich verlangsamt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Monatsvergleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...

DWN
Politik
Politik Zweite Kanzlerreise: Erwartungen an Merz in Brüssel steigen
09.05.2025

Nur drei Tage nach seinem Amtsantritt ist Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu seiner zweiten Kanzlerreise aufgebrochen – Ziel ist...

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...