Die zunehmende Digitalisierung in allen Industrie- und Wirtschaftszweigen treibt laut einer neuen Studie die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen wie Lithium in den kommenden Jahren drastisch in die Höhe. Bis 2035 könnte auch der Bedarf für die seltenen Erden Dysprosium und Terbium sowie Rhenium auf das Doppelte der derzeitigen Weltproduktion steigen, heißt es in der Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2016“ des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung. Verantwortlich sei dafür beispielsweise die verstärkte Nachfrage nach Batterien, in denen Lithium benötigt wird. Die im Bundeswirtschaftsministerium vorgestellte Studie geht davon aus, dass die „Industrie 4.0“ genannte Verschmelzung von IT-Technik und Industrieproduktion den Bedarf an bestimmten Rohstoffen weiter erhöhen dürfte.
„Nachfrageimpulse, beispielsweise durch die Elektromobilität oder Superlegierungen in der Luft- und Raumfahrt, werden die Märkte für Sonder- und Nebenmetalle in den kommenden Jahren stark bewegen“, sagt Torsten Brandenburg, Leiter des Arbeitsbereichs Rohstoffwirtschaft der deutschen Rohstoffagentur (DERA). „Zur Gewährleistung einer sicheren Rohstoffversorgung sollten sich Unternehmen frühzeitig mit den Entwicklungen auf den internationalen Rohstoffmärkten beschäftigen und mögliche Ausweichstrategien in Betracht ziehen.“
Die deutsche Industrie gibt der Studie Recht. „Die Politik muss das Thema Rohstoffsicherheit wieder auf die politische Agenda setzen“, so der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo. Die Bundesregierung müsse sich dafür einsetzen, dass staatliche Handelsbeschränkungen abgebaut würden. Wegen der Digitalisierung und der Energiewende steige die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen, wie zum Beispiel Seltene Erden oder Lithium, deutlich. „Ausgerechnet für etliche dieser Rohstoffe ist die sichere Versorgung der Industrie in Gefahr“, warnt Grillo.
Durch Ausfuhrbeschränkungen in Förderländern sei bei einzelnen Rohstoffen fast das komplette weltweite Angebot belastet. Als Beispiel nannte Grillo die in der High-Tech-Industrie zentralen Seltenen Erden, Antimon oder Wolfram. Hier fielen mehr als 90 Prozent der Produktion unter Zölle, Quoten und Exportverbote. Allein mit mehr Recycling und ressourceneffizienter Produktion lasse sich das nicht auffangen. Massive Probleme gebe es auch bei Lithium, einem für die Energiewende wichtigen Rohstoff, der bei leistungsfähigen Batterien und bei der Speicherung von Wind- und Sonnenenergie eine wichtige Rolle spielt. Hier werde die Nachfrage bis 2035 nach einer Studie drastisch steigen. Schon in den letzten zwölf Monaten habe sich der Lithium-Preis verdreifacht.
In den vergangenen Jahren hatte sich die befürchtete Rohstoffknappheit etwa für Metalle der Seltene-Erden-Gruppe nicht bewahrheitet. Für Stoffe wie Gallium und Scandium habe sich die Nachfragesituation sogar entspannt, auch weil die Stoffe durch Weiterentwicklungen bei Hightech-Produkten nicht in dem erwarteten Maße benötigt wurden, hieß es in der von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in Auftrag gegebenen Studie über die internationalen Rohstoffmärkte.
Tatsächlich, das zeigen die Daten der EU, haben in den vergangenen acht Jahren viele Länder neue Maßnahmen ergriffen, um die Unternehmen und Märkte des eigenen Binnenmarktes zu schützen. Vor allem bei Rohstoffen und Energiegütern sind Handelsbarrieren vorherrschend. Im aktuellen Bericht hat sich die EU auf 31 Handelspartner konzentriert. Es ist davon auszugehen, dass die weltweiten protektionistischen Maßnahmen daher weit über 1.000 liegen. Von mehr als 800 neuen Handelsbarrieren weltweit sprach der Kreditversicherer Euler Hermes bereits im vergangenen Jahr mit Blick auf den Zeitraum zwischen 2014 und dem zweiten Quartal 2015 gestiegen.
Wie stark die Digitalisierung fortschreitet, zeigt sich auch bei der stetig steigenden Zahl an Industrie-Robotern. Diese hatte im vergangenen Jahr ein neues Allzeithoch erreicht: 248.000. Das entspricht einem Plus von 12 Prozent. Allein in Deutschland waren es 2015 20.000. Der International Federation of Robotics zufolge wurden zwischen 2010 und 2015 weltweit etwa 1,1 Millionen neue Industrieroboter installiert.