Finanzen

Deutsche Industrie von wertvollen Rohstoffen abgeschnitten

Die stetige Digitalisierung in den verschiedenen Branchen erhöht die Nachfrage nach speziellen Rohstoffen wie Lithium. Diese werden nur in bestimmten Regionen der Welt gewonnen. Die zunehmende Nachfrage erhöht die Marktrelevanz der Abbauregionen und die Preise. Der weltweit zunehmende Protektionismus erhöht den Druck. Die deutsche Industrie fürchtet deshalb eine Gefahr in Sachen Rohstoff-Versorgung.
06.07.2016 01:03
Lesezeit: 2 min

Die zunehmende Digitalisierung in allen Industrie- und Wirtschaftszweigen treibt laut einer neuen Studie die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen wie Lithium in den kommenden Jahren drastisch in die Höhe. Bis 2035 könnte auch der Bedarf für die seltenen Erden Dysprosium und Terbium sowie Rhenium auf das Doppelte der derzeitigen Weltproduktion steigen, heißt es in der Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2016“ des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung. Verantwortlich sei dafür beispielsweise die verstärkte Nachfrage nach Batterien, in denen Lithium benötigt wird. Die im Bundeswirtschaftsministerium vorgestellte Studie geht davon aus, dass die „Industrie 4.0“ genannte Verschmelzung von IT-Technik und Industrieproduktion den Bedarf an bestimmten Rohstoffen weiter erhöhen dürfte.

„Nachfrageimpulse, beispielsweise durch die Elektromobilität oder Superlegierungen in der Luft- und Raumfahrt, werden die Märkte für Sonder- und Nebenmetalle in den kommenden Jahren stark bewegen“, sagt Torsten Brandenburg, Leiter des Arbeitsbereichs Rohstoffwirtschaft der deutschen Rohstoffagentur (DERA). „Zur Gewährleistung einer sicheren Rohstoffversorgung sollten sich Unternehmen frühzeitig mit den Entwicklungen auf den internationalen Rohstoffmärkten beschäftigen und mögliche Ausweichstrategien in Betracht ziehen.“

Die deutsche Industrie gibt der Studie Recht. „Die Politik muss das Thema Rohstoffsicherheit wieder auf die politische Agenda setzen“, so der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo. Die Bundesregierung müsse sich dafür einsetzen, dass staatliche Handelsbeschränkungen abgebaut würden. Wegen der Digitalisierung und der Energiewende steige die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen, wie zum Beispiel Seltene Erden oder Lithium, deutlich. „Ausgerechnet für etliche dieser Rohstoffe ist die sichere Versorgung der Industrie in Gefahr“, warnt Grillo.

Durch Ausfuhrbeschränkungen in Förderländern sei bei einzelnen Rohstoffen fast das komplette weltweite Angebot belastet. Als Beispiel nannte Grillo die in der High-Tech-Industrie zentralen Seltenen Erden, Antimon oder Wolfram. Hier fielen mehr als 90 Prozent der Produktion unter Zölle, Quoten und Exportverbote. Allein mit mehr Recycling und ressourceneffizienter Produktion lasse sich das nicht auffangen. Massive Probleme gebe es auch bei Lithium, einem für die Energiewende wichtigen Rohstoff, der bei leistungsfähigen Batterien und bei der Speicherung von Wind- und Sonnenenergie eine wichtige Rolle spielt. Hier werde die Nachfrage bis 2035 nach einer Studie drastisch steigen. Schon in den letzten zwölf Monaten habe sich der Lithium-Preis verdreifacht.

In den vergangenen Jahren hatte sich die befürchtete Rohstoffknappheit etwa für Metalle der Seltene-Erden-Gruppe nicht bewahrheitet. Für Stoffe wie Gallium und Scandium habe sich die Nachfragesituation sogar entspannt, auch weil die Stoffe durch Weiterentwicklungen bei Hightech-Produkten nicht in dem erwarteten Maße benötigt wurden, hieß es in der von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in Auftrag gegebenen Studie über die internationalen Rohstoffmärkte.

Tatsächlich, das zeigen die Daten der EU, haben in den vergangenen acht Jahren viele Länder neue Maßnahmen ergriffen, um die Unternehmen und Märkte des eigenen Binnenmarktes zu schützen. Vor allem bei Rohstoffen und Energiegütern sind Handelsbarrieren vorherrschend. Im aktuellen Bericht hat sich die EU auf 31 Handelspartner konzentriert. Es ist davon auszugehen, dass die weltweiten protektionistischen Maßnahmen daher weit über 1.000 liegen. Von mehr als 800 neuen Handelsbarrieren weltweit sprach der Kreditversicherer Euler Hermes bereits im vergangenen Jahr mit Blick auf den Zeitraum zwischen 2014 und dem zweiten Quartal 2015 gestiegen.

Wie stark die Digitalisierung fortschreitet, zeigt sich auch bei der stetig steigenden Zahl an Industrie-Robotern. Diese hatte im vergangenen Jahr ein neues Allzeithoch erreicht: 248.000. Das entspricht einem Plus von 12 Prozent. Allein in Deutschland waren es 2015 20.000. Der International Federation of Robotics zufolge wurden zwischen 2010 und 2015 weltweit etwa 1,1 Millionen neue Industrieroboter installiert.

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...