Politik

Investment-Banken profitieren von Draghis EZB-Programmen

Lesezeit: 2 min
23.09.2016 02:18
Für die internationalen Investment-Banken ist die Geldpolitik der EZB ein Geschenk des Himmels: Die Zahl der Unternehmenskäufe ist im ersten Halbjahr förmlich explodiert. Mit ihrem Ankaufprogramm finanziert die EZB faktisch die Übernahme von Unternehmen.
Investment-Banken profitieren von Draghis EZB-Programmen

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Andreas Kröner und Arno Schuetze von Reuters haben den M&A-MArkt analysiert:

Viele Jahre lang haben Investmentbanker eine große Übernahmewelle vorausgesagt, jetzt ist sie da. Deutsche Konzerne legen dank der billigen Finanzierung und dem fortschreitenden Ausleseprozess in vielen Branchen ihre Zurückhaltung ab - und nehmen große Deals in Angriff. So kauft der Leverkusener Bayer-Konzern für die Rekordsumme von 66 Milliarden Dollar den US-Saatgutriesen Monsanto. "Die Führungsmannschaften deutscher Unternehmen haben sich Zeit genommen über Expansionsstrategien nachzudenken", sagt Nicolo Salsano, der bei Credit Suisse zusammen mit Joachim Ringer das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (M&A) in der Bundesrepublik leitet. "Jetzt schreiten viele zur Tat und setzen ihre Ziele wohlüberlegt um." Dieser Trend werde sich in den kommenden zwölf Monaten fortsetzen.

Das Volumen der angekündigten M&A-Transaktionen mit deutscher Beteiligung hat sich im bisherigen Jahresverlauf fast verdoppelt auf 175 Milliarden Dollar, wie aus Daten von Thomson Reuters hervorgeht. Das ist der höchste Stand nach neun Monaten seit dem Jahr 2007, in dem die Finanzkrise ausbrach. "Wir sehen eine Zunahme von strategischen Transaktionen", sagt Barclays-Deutschland-Chef Alexander Doll. Bayer steigt mit der Monsanto-Übernahme beispielsweise zum führenden Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgutprodukten auf.

Kleiner, aber nicht weniger spannend ist der Übernahmekampf um den schwedischen Lkw-Bremsspezialisten Haldex. Die Autozulieferer ZF Friedrichshafen und Knorr-Bremse duellieren sich dabei deshalb so intensiv, weil sie mit einer Haldex-Übernahme ihre Position als Technik-Anbieter für autonomes Fahren stärken können. "Der Wettbewerb um strategisch passende Unternehmen wird härter", beobachtet Christian Kames, der Investmentbanking-Chef von Citi in Deutschland. In zahlreichen Branchen sei die Konsolidierung weit fortgeschritten. "Das Ergebnis davon ist, dass einige Käufer bis an die Grenze des finanziell Möglichen gehen, um die verbleibenden strategisch wichtigen Firmen zu kaufen." Kames berät ZF im Poker um Haldex.

Ein wesentlicher Grund für den steigenden Übernahmehunger deutscher Firmen ist aus Sicht von Experten zudem die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Die Notenbank sorgt nicht nur für ultraniedrige Leitzinsen, sondern kauft seit Sommer auch Firmenanleihen auf. Die EZB finanziere damit indirekt große Übernahmen, betont HSBC-Trinkaus-Chefin Carola Gräfin von Schmettow. "Die sehr preiswerte Finanzierung fließt zunehmend in die Bewertung von Deals ein."

Das Volumen von Zukäufen deutscher Unternehmen im Ausland schoss in den ersten neun Monaten um 650 Prozent auf den Rekordwert von 125 Milliarden Dollar nach oben. Gut 60 Prozent davon entfallen auf die Vereinigten Staaten. "Die USA bieten ein sehr stabiles Umfeld mit einer robusten Wirtschaft und dem umsatzstärksten Konsumentenmarkt", sagt Armin von Falkenhayn, Deutschland-Chef von Bank of America. Zudem gebe es in dem Land - anders als in Asien - viele Übernahmeziele, "die aus deutscher Sicht komplementär und relevant sind".

Von Falkenhayns Arbeitgeber war 2016 bei angekündigten Deals mit deutscher Beteiligung mit einem Volumen von 101 Milliarden Dollar an Bord - und liegt damit vor Morgan Stanley und Rothschild an der Spitze. Die Deutsche Bank fiel vom dritten auf den achten Platz zurück. Vorstandschef John Cryan baut das Institut, das bei der Fusionsberatung eigentlich angreifen will, seit gut einem Jahr um. Allerdings haben mehrere gut vernetzte Banker Deutschlands größtes Geldhaus verlassen, unter anderem von Falkenhayn und Karl-Georg Altenburg.

Der Absturz der Deutschen Bank im M&A-Ranking ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Geldhaus beim Bayer-Monsanto-Deal nicht dabei war. In der weltweiten Rangliste rutsche das Institut sogar auf den elften Rang ab. Hier ist das Siegerpodest in US-Hand: Ganz oben steht Goldman Sachs, gefolgt von Morgan Stanley und der Bank of America.


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