Mehr als eine halbe Milliarde Dollar soll die britische PR-Firma Bell Pottinger vom Pentagon für kontroverse Videos erhalten haben, wie „The Bureau Of Investigative Journalism“ (The Bureau) zusammen mit der Sunday Times berichtet. Army-Verträge, Zahlungsbelege, Berichte des Generalinspektors des Pentagons und zahlreiche Mitarbeiterinterviews werden als Quellen angeführt.
Insgesamt soll das Pentagon über 40 PR-Firmen wie etwa Babylon Media und SOS International für die Produktion und Verbreitung von Medienprodukten zu Zeiten des Irak-Kriegs bezahlt haben. Das meiste wurde jedoch Bell Pottinger gezahlt, so The Bureau. Zwischen Mai 2007 und Dezember 2011 soll die Firma 540 Millionen Dollar erhalten haben und 2006 120 Millionen. Die von der PR-Firma produzierten Videos wurden dann meist von General David Petraeus unterzeichnet. Damals war Petraeus Kommandeur der Koalitionstruppen im Irak, später arbeitete er bis zu seinem Rücktritt als CIA-Chef. Manche Videos, die Petraeus nicht unterzeichnen konnte, sollen sogar dem Weißen Haus vorgelegt worden sein.
Teile des zuständigen PR-Teams arbeiteten vor Ort im US-Camp von Bagdad direkt neben militärischen Einheiten. Die PR-Firma war kurz nach der Invasion in den Iran „gebracht“ worden, damals offiziell, um für die Durchführung demokratischer Wahlen zu werben. Doch schon kurze Zeit später lieferte das Unternehmen drei verschiedene Produkte: Die Kategorie weiß, das waren Filme, bei denen angegeben wurde, wer sie produziert hatte. Grau stand für Medienprodukte ohne Angaben. Medienbeiträge der schwarzen Kategorie waren solche, bei denen eine andere, falsche Herkunft angegeben wurde. Fast 300 britische und irakische Mitarbeiter sollen für diese Tätigkeiten von Bell Pottinger gearbeitet haben.
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Martin Wells. (Screenshot:The Bureau Of Investigative Journalism)[/caption]
Martin Wells, ehemaliger Mitarbeiter bei Bell Pottinger, arbeitete in Bagdad für Bell Pottinger. Er war eigens für die Pentagon-Arbeit von der Firma engagiert worden. Wells, der heute nicht mehr für Bell Pottinger arbeitet, sagte „The Bureau“, dass unter der weißen Kategorie TV-Werbungen waren, die Al-Qaida in einem negativen Licht erscheinen lassen sollten. Die grauen Medienprodukte waren Nachrichtenbeiträge, die so aussahen, als seien sie von arabischen TV-Sendern produziert worden. Und unter die schwarze Kategorie fielen gefakte Al-Qaida Propaganda-Filme. „Wir sollten die Videos im Stil der Al-Quaida produzieren, sie sollten zehn Minuten lang sein und sie mussten in einem bestimmten Format gespeichert, decodiert werden“, so Wells.
US-Marines sollen die auf CD gebrannten Videos bei ihren Patrouillen mitgenommen und sie bei Hausdurchsuchungen im Chaos liegengelassen haben. Die CDs enthielten einen Code, der mit Google Analytics verbunden war, so Wells weiter. Analytics lieferte dann eine Liste von IP-Adressen, auf denen die untergejubelten CDs abgespielt worden waren. Die Mitarbeiter der PR-Agentur werteten die Daten auf und meldeten Auffälligkeiten. Besonders verdächtig machte sich jemand, der die CD gesehen hatte, danach seinen Aufenthaltsort wechselte. Manche CDs kursierten nämlich nicht mehr nur im Irak, sondern auch in Syrien, im Iran und in den USA. Zum Ausspionieren der User überwachte das Unternehmen einfach Google-Analytics.
Das Pentagon bestätigte „The Bureau“, dass man mit Bell Pottinger im Zuge der Information Operations Task Force (IOTF) zusammen gearbeitet und dass Bell Pottinger Material produziert hatte. Das Pentagon bestand jedoch darauf, dass das Material, das von der Information Operations Task Force (IOTF) ausgegeben worden war, „wahrhaftig“ war. Lord Bell von Bell Pottinger sagte der Sunday Times, dass er auf die Arbeit von Bell Pottinger im Irak „stolz“ wäre. „Wir haben viel getan, um die Situation zu lösen.“ Aber „wir haben das Chaos, das entstand, nicht gestoppt, aber das war Teil der amerikanischen Propaganda-Maschinerie.“