Kommunen drohen womöglich empfindliche Schadenersatzforderungen, wenn sie nicht genügend Krippenplätze für Kleinkinder ab dem zweiten Lebensjahr bereitstellen, berichtet AFP. Dies wurde bei der mündlichen Verhandlung zu Forderungen von drei Müttern wegen Verdienstausfalls vor dem Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe deutlich. Das Urteil soll noch am Nachmittag verkündet werden.
In den Ausgangsverfahren machen die drei Mütter aus Leipzig gegenüber der Stadt einen Verdienstausfall in Höhe von insgesamt rund 15.100 Euro geltend, weil sie wegen fehlender Krippenplätze erst später als nach Ablauf der Elternzeit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnten.
Der BGH hat nun zu entscheiden, inwieweit das Kinderförderungsgesetz von 2008 solch einen Schadenersatzanspruch abdeckt. Das Gesetz bestimmt, das seit dem 1. August 2013 Kindern mit Vollendung des ersten Lebensjahres Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung haben.
Der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann verwies in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag darauf, dass es dem Gesetzgeber bei der Regelung auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegangen sei. Die Eltern seien deshalb voraussichtlich mit einbezogen in den gesetzlichen Anspruch von Kleinkindern auf einen Krippenplatz und könnten daher vermutlich Schadenersatz geltend machen.
Damit sind Hermann zufolge die drei Fälle aber nicht entschieden. Es müsse zudem noch das jeweilige Verschulden der Kommunen geprüft werden. Dabei ist maßgeblich, ob die Kommunen den künftigen Bedarf der Betreuungsplätze anhand der Zahlen ihrer Standesämter sorgfältig und nachvollziehbar geplant und auch Plätze für einen unvorhergesehenen Bedarf bereitgehalten haben. Ist dies der Fall, müssten sie keinen Schadenersatz leisten.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) geht bei einem entsprechenden Urteil gleichwohl nicht davon aus, das auf Kommunen eine Schadenersatzwelle zukommt: In den vergangenen zehn Jahren seien 435.000 zusätzliche Betreuungsplätze für unter Dreijährige geschaffen worden und die Zahl damit auf 720.000 gestiegen, sagte eine Sprecherin.
Engpässe gebe es allenfalls noch in Städten mit großem Zuzug, wie etwa in Leipzig, sowie in Universitätsstädten und in wirtschaftlich prosperierenden Großstädten. Wegen der steigenden Geburtenrate und der zunehmenden Zahl an Flüchtlingskindern werde der Bedarf aber in den kommenden Jahren um bis zu 100.000 Betreuungsplätze steigen.