Angela Merkel will am Sonntagabend in Berlin vor die Presse treten. Das teilte die CDU am Freitag mit. Offiziell ist nicht bekannt, worum es gehen wird.
Reuters erwartet, dass die CDU-Vorsitzende sich zu einer vierten Kanzlerkandidatur äußert und ankündigt, dass sie auf dem Bundesparteitag Anfang Dezember erneut als CDU-Vorsitzende kandidiert. Anschließend will sich in München auch CSU-Chef Horst Seehofer nach Angaben eines Sprechers nach Beratungen der Spitzen seiner Partei äußern.
Ob Merkel wirklich antritt oder nicht, ist unklar. Zuletzt hatte der bei den US-Neocons gut vernetzte Norbert Röttgen auf CNN verkündet, dass Merkel wieder antreten werde - ein sehr ungewöhnlicher Schritt. CNN hat im US-Wahlkampf Hillary Clinton unterstützt - ebenso wie die New York Times. Die NYT bezeichnete Merkel neulich in einem Leitartikel als die letzte Hoffnungsträgerin der liberalen Welt. Das Problem ist, dass noch nicht feststeht, ob sich die Neocons auch bei Donald Trump wieder etablieren können. Es ist denkbar, dass Trump sich das ganze Netzwerk fernhält, um seine eigenen Leute zum Zug kommen zu lassen.
Daher taugen diese transatlantischen Stützungsversuche nicht als belastbare Indizien für eine erneute Kandidatur. Dass Merkel antritt, ist aktuell ausschließlich eine Spekulation - mehr nicht. Bei Spekulationen sollten man seit dem Brexit und dem Wahlsieg von Donald Trump vorsichtig sein: Die Realität richtet sich seit einiger Zeit nicht mehr an den Wünschen der Beobachter aus.
Seit Wochen überschlagen sich die Spekulationen, dass die 62-Jährige eine vierte Amtszeit anstreben dürfte und deshalb als Spitzenkandidatin der Union bei der Bundestagswahl 2017 wieder antritt. All diese Spekulationen sind jedoch aus der Zeit vor dem Wahlsieg von Donald Trump. Seither hat Merkel die Perspektive, künftig mit einem transatlantischen Partner verhandeln zu müssen, der ihr nicht wohlgesinnt ist. Trump hatte im Wahlkampf gesagt, Hillary Clinton wolle die USA so ausrichten wie Merkel Deutschland. Der Vergleich war nicht als Kompliment gemeint.
Am Donnerstag hatte sich US-Präsident Barack Obama, leicht scherzhaft, ausgesprochen, als potentieller Merkel-Wähler geoutet.
Merkel selbst wirkte bei dem Auftritt mit Obama müde und resigniert. Es ist unklar, ob dies der Anstrengung der vergangenen Jahre geschuldet ist, in denen Merkel ein unmenschlich hartes Politik-Programm abgespult hat. Viele ihrer Initiativen waren trotz des Aufwands nicht von Erfolg gekrönt.
Zahlreiche führende CDU-Politiker wie Vizechefin Julia Klöckner, der nordrhein-westfälische Vorsitzende Armin Laschet und Unions-Fraktionschef Volker Kauder erklären seit Wochen, dass sie eine erneute Kanzlerkandidatur Merkels wünschen oder erwarten.
Einige CDU-Landesverbände haben bereits Beschlüsse gefasst, in denen eine Wiederwahl Merkels als CDU-Chefin auf dem Parteitag in Essen Anfang Dezember gefordert wird. Die Kanzlerin hat auf entsprechende Fragen nach einem erneuten Antreten stets geantwortet, dass sie diese "zum geeigneten Zeitpunkt" beantworten werde.
CDU und CSU hatten nach dem monatelangen Streit über die Flüchtlingspolitik im Juli vereinbart, zunächst bei Sachthemen zu klären, ob eine gemeinsame Basis der beiden Unions-Parteien für die nächste Bundestagswahl möglich ist. Hintergrund war heftige Kritik von CSU-Politikern, aber auch an der CDU- und CSU-Basis wegen der Flüchtlingspolitik. In den vergangenen Wochen fanden dazu sechs gemeinsame Kongresse zu verschiedenen Politikfelder statt, die nach Einschätzung aus beiden Parteien ausreichend harmonisch verliefen. Merkel war allerdings nicht zum CSU-Parteitag nach München gefahren. Als offen galt am Freitag, ob CSU-Chef Seehofer nach einer Klärung der Kandidatenfrage im Dezember nun zur CDU nach Essen kommen wird.
Am Sonntag und Montag kommt der CDU-Vorstand in Berlin zu einer Klausurtagung zusammen, um sich für die Wahl 2017 aufstellen. Dabei wird es auch um inhaltliche Festlegungen für den Wahlkampf gehen. Merkel ist seit dem Jahr 2000 CDU-Vorsitzende und seit 2005 Bundeskanzlerin.