Finanzen

Rezession am Horizont: Deutsche Exporte in die USA brechen ein

Die Ausfuhren der deutschen Wirtschaft in die USA gehen deutlich zurück. In beiden Ländern sind die Vorboten einer weltweiten Rezession zu erkennen.
19.11.2016 01:48
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die deutschen Exporteuren erwarten erstmals seit der Finanzkrise im Jahr 2009 Rückgänge im Handel mit den USA. Von Januar bis September fielen die Ausfuhren zu ihrem weltweit wichtigsten Kunden um 6,3 Prozent auf knapp 80 Milliarden Euro, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. „Im gesamten Jahr 2016 dürfte es sogar zu einem Rückgang von etwa sieben Prozent kommen“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. „Das ist ein gehöriger Dämpfer auf unserem wichtigsten Exportmarkt.“ Zum Vergleich: Die gesamten Exporte der deutschen Wirtschaft wuchsen in den ersten neun Monaten um rund ein Prozent.

2015 waren die Lieferungen in die USA noch um 19 Prozent auf rund 114 Milliarden Euro gestiegen, womit die USA nach Jahrzehnten Frankreich als wichtigsten Kunden ablösten. „Drei Viertel dieses Zuwachses gingen allerdings auf die kräftige Euro-Abwertung zurück“, sagte Treier. Dadurch war jeder eingenommene Dollar mehr Euro wert. Dieser Effekt sei nun ausgelaufen, da der Eurokurs weitgehend stabil geblieben sein.

Die Aussichten für die amerikanische Wirtschaft trüben sich mittlerweile sichtlich ein. US-Unternehmen investieren in diesem Jahr weniger in Ausrüstungen wie Maschinen und Fahrzeuge - hauptsächlich wegen der mauen Weltkonjunktur. Im ersten Quartal brachen ihre Ausgaben um 9,5 Prozent ein, im Frühjahr und Sommer gingen sie um jeweils knapp drei Prozent nach unten. Im Gesamtjahr 2015 hatten die Unternehmen noch 3,5 Prozent mehr Geld für Investitionen locker gemacht. Die US-Unternehmen leihen sich auch weniger Geld dafür. Kredite, Leasingverträge und Kreditlinien schrumpften in den ersten neun Monaten um vier Prozent, ermittelte der US-Branchenverband Equipment Leasing and Finance Association.

Auch das deutsche Wirtschaftswachstum gerät ins Stocken: Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal um lediglich 0,2 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitgeteilt hatte. In den ersten drei Monaten des Jahres hatte das Plus noch 0,7 Prozent betragen, im zweiten Quartal dann 0,4 Prozent. Dabei wurden Preis-, Saison- und Kalendereffekte herausgerechnet.

Den Statistikern zufolge schoben von Juli bis September vor allem private und staatliche Konsumausgaben die Konjunktur an. Dagegen habe die außenwirtschaftliche Entwicklung das Wachstum gebremst. Die Exporte seien im Vergleich zum vorangegangenen Quartal leicht zurückgegangen, die Importe geringfügig angestiegen.

Auch im Vergleich zum Vorjahr schwächte sich die Entwicklung im dritten Quartal ab. Das BIP fiel um 1,5 Prozent höher aus als ein Jahr zuvor, bereinigt um Kalendereffekte waren es 1,7 Prozent. Im ersten Quartal 2016 hatte der Anstieg bei 1,5 Prozent, kalenderbereinigt bei 1,9 Prozent gelegen. Im zweiten Quartal waren es 3,1 Prozent, kalenderbereinigt 1,8 Prozent.

„Das Wachstum nimmt ab, die Unsicherheiten nehmen zu und neue Impulse bleiben aus“, erklärte der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner. Trotz der niedrigen Zinsen sei die Investitionsdynamik schwach. Sein Verband blicke aber „kurzfristig zuversichtlich“ auf die Konjunktur.

Deutschland befinde sich derzeit in einer „Phase der wirtschaftlichen Prosperität“, sagte Bundeskanzlerin Merkel beim Arbeitgebertag in Berlin. Die Wachstumsraten seien solide, der Bundeshaushalt ausgeglichen und die Arbeitslosigkeit so gering wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. „Die gute Situation heute sagt aber noch nichts über unsere Situation in fünf oder zehn Jahren.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...