Bundesbank-Präsident Jens Weidmann befürchtet nach dem klaren Nein beim italienischen Verfassungsreferendum, dass sich die Reformen in dem Land nun verlangsamen werden. "Und das wäre nicht nur für Italien eine bedenkliche Entwicklung", sagte Weidmann am Montag in München. Italien habe seit Jahren ein sehr schwaches Wirtschaftswachstum. Dazu komme eine sehr hohe Staatsverschuldung und große Bestände an faulen Krediten in den Bank-Bilanzen. Die 14 wichtigsten Geldhäuser des Landes ächzten im zweiten Quartal laut EZB-Daten unter mehr als 271 Milliarden Euro an notleidenden Darlehen.
Das Nein im Referendum sei sicher nicht das Ende der Welt, so Weidmann. "Umso wichtiger ist aber nun, dass die italienische Politik überzeugende Zeichen aussendet, die wirtschaftlichen Probleme an der Wurzel anzupacken." Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hatte nach der Niederlage seinen Rücktritt angekündigt. Damit droht eine Regierungskrise in der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone.
Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Erfolg seien wichtig für die Stabilität der Euro-Zone, ergänzte Weidmann. Jedes Mitgliedsland sei auf seine Weise gefordert - "auch vermeintliche Musterschüler wie Deutschland". Rufe nach mehr gemeinschaftlicher Haftung im Währungsraum erteilte er eine Absage. Dabei nannte Weidmann die Forderung nach einer gemeinsamen Einlagensicherung für Bankguthaben sowie nach einer europäischen Arbeitslosenversicherung. Die Bereitschaft, Souveränitätsrechte abzugeben, sei in den Ländern begrenzt, daher halte er den Weg hin zu einer stärkeren gemeinschaftlichen Haftung für falsch.
In seiner Rede forderte Weidmann zudem, der EU-Kommission die Überwachung der Haushaltsregeln der Euro-Mitgliedstaaten zu entziehen. Denn diese verstehe sich nicht nur als Hüterin der Verträge, sondern auch als politische Institution. "Der Zielkonflikt lässt sich nur dann wirklich auflösen, wenn die Überwachung der Einhaltung der Fiskalregeln einer unabhängigen Behörde übertragen wird." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte unlängst ins Spiel gebracht, dem Euro-Rettungsfonds ESM diese Funktion zu übertragen.