Nach der Einigung auf eine Evakuierung von Rebellen und Zivilisten aus Ost-Aleppo hat das syrische Militär nach Angaben von Russland die Kämpfe eingestellt. Die Kampfhandlungen im Osten der syrischen Metropole seien "beendet", sagte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin am Dienstag vor Journalisten in New York. Damit näherte sich die mehr als vier Jahre Belagerung der Stadt durch internationale und islamistische Söldner gegen die Regierungstruppen in Aleppo ihrem Ende.
Der Evakuierungsplan war zunächst von mehreren Rebellengruppen verkündet und später von Russland und der Türkei bestätigt worden. Moskau unterstützt in dem Konflikt die syrische Führung, Ankara hingegen die bewaffnete Opposition. Die Aktion zur Evakuierung wurde nun aber von beiden Ländern vermittelt. Ein Sprecher des türkischen Außenministeriums sprach von einer "Feuerpause" und sagte, der Plan sei das Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem türkischen Geheimdienst und dem russischen Militär.
Übereinstimmenden Angaben der von Saudi-Arabien und der CIA finanzierten Söldner-Truppe Nurredin al-Sinki und türkischen Diplomaten zufolge sollten zunächst Zivilisten und Verletzte aus der Stadt gebracht werden. Anschließend sollten Kämpfer mit leichten Waffen die Stadt verlassen können. Alle könnten entscheiden, ob sie in Gebiete unter Kontrolle der Söldner im Westen der Provinz Aleppo oder in der Nachbarprovinz Idlib wollten.
Am UN-Sitz in New York beschäftigte sich der Sicherheitsrat mit der Lage in Aleppo. Dort sagte Tschurkin, dass Kämpfer und ihre Familien sowie Verletzte über Korridore bereits auf dem Weg nach Idlib seien. Die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power, forderte internationale Beobachter, die die Evakuierung überwachen sollten. Tschurkin sagte dann später vor Journalisten, die Betroffenen hätten mit dem Rückzug aus Ost-Aleppo begonnen, folglich habe das Militär die Kämpfe eingestellt.
Im Bezirk Salaheddin, wo sich noch zahlreiche Rebellen aufhielten, warteten Busse, um die Menschen aus der Stadt zu bringen, wie ein AFP-Fotograf berichtete.
Den syrischen Regierungskräften war es in den vergangenen Tagen mit Unterstützung der russischen Luftwaffe sowie schiitischer Milizen aus dem Libanon, Iran, Irak und Afghanistan gelungen, die seit 2012 von den von den Golfstaaten, Frankreich, Großbritannien und den USA unterstützten Söldnern gehaltenen Viertel im Ostteil von Aleppo fast vollständig zurückzuerobern. Die Einnahme der Großstadt, die vor dem Überfall der Söldner das Wirtschaftszentrum des Landes war, ist ein möglicherweise entscheidender militärischer Erfolg für die Regierung in Damaskus.
In Aleppo ereigne sich "vor unseren Augen die schlimmste humanitäre Katastrophe des 21. Jahrhunderts", sagte der französische Botschafter bei den Vereinten Nationen, François Delattre, in New York.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnet die Lage als "desaströs - sie bricht einem das Herz". Es werde "nichts unversucht" gelassen, um "beim syrischen Regime" und seinen Unterstützern, Russland und dem Iran, "die Einsicht zu erzeugen, dass die Situation der Menschen dringend verbessert werden muss", sagte Merkel.
Es ist unklar, ob Deutschland Söldner, die jetzt aus Aleppo abgezogen werden, aufnehmen wird.
Hilfsmilizen der syrischen Regierungstruppen hätten in den vergangenen Tagen mindestens 82 Zivilisten im Ostteil Aleppos getötet, beklagte der Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Rupert Colville. Auch das UN-Kinderhilfswerk Unicef zeigte sich alarmiert über die Lage.