Im Streit über Steuernachzahlungen von Apple wirft Irland der EU-Kommission Kompetenz-Überschreitung vor. Die Brüsseler Behörde habe sich in die nationale Steuer-Hoheit Irlands eingemischt und zudem keine angemessene Begründung für ihre Entscheidung geliefert, erklärte die Regierung in Dublin am Montag. Apple beschuldigte die Kommission in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, wegen seines Erfolgs für ein Verfahren herausgepickt worden zu sein.
Die EU-Wettbewerbshüter veröffentlichten zugleich ihr 130-seitiges Schreiben an die Regierung Irlands, in dem sie begründen, warum sie den iPhone-Hersteller ins Visier genommen und die Milliardenstrafe verhängt haben. Demnach hat Irland Apple Vorteile gewährt, die nicht durch das irische Steuerrecht gedeckt sind. Die EU-Kommission hatte den Steuerdeal von Apple mit der irischen Regierung im August gekippt und das Land zu einer Steuerrückforderung von 13 Milliarden Euro verpflichtet. Sie beschuldigt Apple, allein 2014 auf seine in Europa erzielten und in Irland gebündelten Gewinne nur 0,005 Prozent Steuern gezahlt zu haben. Das EU-Land hat mit 12,5 Prozent ohnehin schon deutlich niedrigere Steuersätze für Unternehmen als andere Staaten der Gemeinschaft. Das irische Steuerrecht selbst war nach Angaben der EU-Kommission aber nicht Ziel der Brüsseler Ermittlungen. Allerdings könnten nach ihrer Ansicht die Steuerbehörden anderer Mitgliedsländer prüfen, ob sie von Apple Nachzahlungen fordern. Dann würde sich womöglich die Rückzahlungsforderung reduzieren, die Irland auferlegt wurde.
Apple-Justiziar Bruce Sewell warf der EU-Kommission dagegen im Reuters-Interview vor, in ihren Ermittlungen nicht sorgfältig vorgegangen zu sein und die Einschätzung irischer Steuerexperten ignoriert zu haben. Apple setze nun auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump und die von ihm angekündigte Steuerreform. Finanzchef Luca Maestri sagte, die Brüsseler Behörde schätze die Bedeutung der Europa-Zentrale von Apple im südirischen Cork falsch ein.
Bereits im September hatte die irische Regierung erklärt, sie werde die EU-Entscheidung der Milliardenstrafe zusammen mit dem US-Konzern anfechten. Sie verteidigt die Steuerabsprachen damit, dass sie zahlreiche internationale Konzerne wie Apple auf die Insel gebracht und der heimischen Wirtschaft genutzt hätten.
Am Montag lieferte die Regierung nun die juristischen Argumente, die ihren Standpunkt untermauern sollen. Darin bestreitet die Regierung in Dublin unter anderem eine Sonderbehandlung von Apple und beanstandet die von der EU-Kommission unterstellte Gewinnbewertung für die in Irland ansässigen Apple-Töchter Apple Sales International und Apple Operations Europe. Wichtige Entscheidungen innerhalb dieser Firmen seien in den USA getroffen worden. Daraus resultierende Gewinne seien daher nicht den Töchtern in Irland zuzurechnen.