Die EU muss den nächsten Rückschlag bei der erhofften weiteren Integration hinnehmen: Die seit Jahren diskutierte EU-Staatsanwaltschaft wird nicht mehr auf gesamteuropäischer Ebene kommen. Der Rat der Europaminister stellte am Dienstag fest, dass es für das Vorhaben keine Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten gibt. Ein Teil der EU-Länder will das Projekt nun über die in den EU-Verträgen vorgesehene verstärkte Zusammenarbeit im kleinen Kreis umsetzen. Die EU-Kommission hofft, dass mindestens 17 der 28 EU-Staaten mitmachen.
Die Europäische Staatsanwaltschaft soll als unabhängige EU-Behörde bei Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union ermitteln. Sie soll dabei nicht gegen Korruption, Geldwäsche und Betrug mit EU-Finanzmitteln vorgehen, sondern auch gegen grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug. Laut EU-Kommission entgehen den Mitgliedstaaten durch diesen allein mindestens 50 Milliarden Euro an Steuereinnahmen pro Jahr. Die EU-Kommission konnte die Staaten allerdings nicht von diesem möglichen wirtschaftlichen Vorteil überzeugen.
Die Kommission hatte 2011 einen Gesetzesvorschlag für die europäische Staatsanwaltschaft vorgelegt. Seither streiten die EU-Mitgliedstaaten über die Kompetenzen der neuen Behörde.
Das Vorhaben war bereits durch den Reformvertrag von Lissabon im Jahr 2009 auf die EU-Agenda gesetzt worden. Es findet sich in Artikel 86 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dort ist auch bereits die Möglichkeit vorgesehen, dass nur "eine Gruppe von mindestens neun Mitgliedstaaten" das Vorhaben umsetzt.
Als nächste Etappe müsste nun der EU-Gipfel mit dem Plan befasst werden, die Staatsanwaltschaft nur im kleinen Kreis einzuführen. Dies könnte bereits beim nächsten Treffen der Staats- und Regierungschefs am 9. und 10. März in Brüssel der Fall sein.