Politik

Russland und China bereiten Ausstieg aus Dollar-System vor

Lesezeit: 4 min
27.03.2017 01:20
China und Russland treffen konkrete Vorkehrungen, um aus dem Dollar-System auszusteigen. Sie verkaufen US-Staatsanleihen und erhöhen die Goldreserven. Russland hat sogar ein eigenes Zahlungssystem fertiggestellt, um vom internationalen SWIFT-System unabhängig zu sein.
Russland und China bereiten Ausstieg aus Dollar-System vor

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Russland hat im Februar seine Gold-Bestände um 9,3 Tonnen Gold aufgestockt. Diese liegen aktuell bei etwa 1.650 Tonnen, wie aus Daten des World Gold Council hervorgeht. Allein seit vergangenen November kaufte die russische Zentralbank etwa 72 Tonnen hinzu. Anders sieht es bei den Beständen amerikanischer Staatsanleihen, sogenannten „Treasuries“, aus. Russland hat seit dem Jahr 2014 wahrscheinlich Papiere im Gesamtumfang von 60 Milliarden Dollar auf den Markt geworfen, wie aus Daten von Bloomberg hervorgeht. Die Verkaufswelle hat dazu geführt, dass Russland nicht mehr zu den zehn größten Gläubigern der USA gehört.

Eine ähnliche Vorgehensweise scheint China zu verfolgen. Auch die Regierung in Peking hat in der Vergangenheit mit großen und andauernden Goldkäufen Aufmerksamkeit erregt und seinen Bestand an US-Staatsanleihen abgebaut. Offiziellen Angaben zufolge besitzen die Chinesen über 1.800 Tonnen Gold. Seit 2014 hat China Treasuries im Umfang von etwa 300 Milliarden Dollar verkauft und hingegen 775 Tonnen Gold erworben. Inzwischen ist China auf Rang zwei der größten Gläubiger der USA hinter Japan zurückgefallen.

Die Strategie beider Länder stellt eine Abkehr vom global dominierenden System der Weltleitwährung Dollar dar. Der Verkauf amerikanischer Staatsanleihen führt in erster Linie dazu, dass Forderungen gegenüber der US-Regierung abgebaut werden. Dies verringert das Risiko finanzieller Einbußen im Fall eines Zahlungsausfalls der USA. Gerade vor dem Hintergrund der extremen Verschuldung und der Wiedereinsetzung einer Schulden-Obergrenze in den USA erscheint dieser Schritt als Vorsichtsmaßnahme.

Die Umschichtung in Gold ist zudem ein klares Zeichen dafür, dass die Regierungen beider Länder auf die universal gültige „Währung Gold“ setzen, dessen Verwendung keiner Jurisdiktion eines fremden Landes wie beispielsweise der US-Dollar unterliegt.

Der Autor James Rickards berichtet in seinem höchst lesenswerten Buch "Währungskrieg: Der Kampf um die monetäre Weltherrschaft" von einem interessanten War-Game, das die Amerikaner vor einigen Jahren durchgeführt hatten: Die Annahme des Spiels war, dass Russland versuchen könnte, die internationale Weltwirtschaft mit einer neuen, goldgedeckten Währung auf den Kopf zu stellen. Die teilnehmenden Militärs waren verwirrt, hielten den fiktiven Schachzug jedoch für geschickt gewählt und gaben ihm durchaus Chancen auf Erfolg.

Russland liegt mittlerweile bei den Ländern mit den größten Goldbeständen auf Rang 6.  Obwohl Russlands Wirtschaft strukturell schwach ist, sind die monetären Grundlagen des Landes solide. Die Schuldenquote des Landes ist niedrig. Der Goldanteil an den Devisenreserven beträgt zehn Prozent. Die Armutsquote sank von 35 Prozent im Jahr 2001 auf zehn Prozent im Jahr 2010. Die Mittelschicht wird verschiedenen Schätzungen zufolge bis zum Jahr 2020 auf 86 Prozent der Bevölkerung anwachsen. Allerdings muss Russland die teuren Kriege in Syrien und in der Ukraine finanzieren und wird außerdem durch das globale Wettrüsten auf Trab gehalten. So soll laut dem Magazin Janes und der SIPRI-Institut die Position Rüstung im russischen Haushalt für das kommenden Jahre drastisch zusammengestrichen worden sein.

Der Verfall des Öl-Preises hat gleichzeitig zur Abwertung des Rubels geführt. Der starke Dollar nützt zwar den Oligarchen und dem russischen Staatshaushalt, doch für die Bürger hat der schwache Rubel eine inflationäre Wirkung. Im vergangenen  Jahr war es der russischen Notenbank noch gelungen, die Inflation zu drücken - unter anderem mit einer klaren Zinspolitik. Doch am vergangenen Freitag hat die Zentralbank die Zinsen überraschend gesenkt - ein Hinweis, das die Wirtschaft nun in schwere Wasser geraten ist. Russland hat eine ressourcenbasierte Wirtschaft und versucht durch die Erhöhung seiner Goldreserven, den Rubel zu stützen. Die Einführung eines goldgedeckten Rubels ist zumindest nicht mehr unwahrscheinlich, sondern wäre die logische Konsequenz.

China könnte diesem Trend folgen. Dieser Prozess würde dann eine Spaltung im Weltwährungs-System nach sich ziehen. Eine schwere Inflation in den USA wäre die Folge, weil große Mengen an unerwünschten Dollars über den Atlantik fließen und den US-Markt fluten würden. Schon jetzt besteht Inflationsgefahr, weshalb die Fed auch trotz ungewisser Konjunkturaussichten die ersten Schritte zur Zinswende eingeleitet hat.

„Ein Goldstandard wäre politisch attraktiv und würde den Rubel in eine gewaltige Währung transformieren. Die Mittelabflüsse würden sich deutlich verringern“, sagt der Wirtschaftsprofessor der Universität Turin, Enrico Colombatto.

Doch das Interesse am Goldstandard ist nicht neu. 1998 berichtete der Ökonom Jude Wanninski im Wall Street Journal, dass nur ein goldgedeckter Rubel Russland aus der damaligen Schuldenkrise befreien könnte. Zwei Jahre später wurde Wladimir Putin Präsident und startete eine großangelegte Kampagne für Goldankäufe. Damals kostete eine Unze Gold insgesamt 28 Barrel Rohöl. Russland konnte seine Auslandsschulden erfolgreich abbezahlen.

Während die USA in einer Welt, in der der Dollar die Leitwährung ist, ihre Interessen offensiv durchsetzen können, würde diese Option bei goldgedeckten Währungen wegfallen. Dann hätte Washington beispielsweise nicht die Möglichkeit, internationale Banken dafür abzustrafen, weil diese Handel mit Staaten betreiben, die wiederum von den Amerikanern als „Schurkenstaaten“ klassifiziert werden.

In diesem Zusammenhang ist eine Meldung aus der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua interessant. Russland hat demnach den Aufbau eines alternativen Interbanken-Zahlungssystems abgeschlossen, das zum Einsatz kommen könnte, sollte Russland von dem aktuell noch weltweit geltenden Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen werden. Drohungen in diese Richtungen gab es in den vergangenen  Jahren von US-Seite immer wieder, zuletzt hatten sogar US-Offizielle aktiv versucht, die in Belgien ansässige, unabhängige Behörde unter Druck gesetzt. Diese hatte die Einmischung allerdings zurückgewiesen. Die EZB hatte damals dringend vor solchen Aktionen gewarnt, weil diese das Vertrauen in das Weltfinanzsystem gefährden würden.

Auch die Gouverneurin der russischen Zentralbank, Elvira Nabiullina, ist gewarnt: "Sollte ein Ereignis eintreten, werden wir alle Operationen von SWIFT auf ein System im eigenen Land übertragen. Wir haben einen Ersatz geschaffen."

Etwa 330 russische Banken wurden mit der SWIFT-Alternative, dem so genannten SPFS, verbunden, die eine "garantierte und ununterbrochene Erbringung von Dienstleistungen für die Übermittlung der elektronischen Nachrichten über Finanztransaktionen" gewährleistet. Das teilt die russische Zentralbank auf ihrer Website mit.

Russland habe sich für jede mögliche Krise, wie einen Zusammenbruch des Dollar oder Sanktionen, die verwendet werden könnten, um die russische Währung, den Rubel, anzugreifen, vorbereitet, sagte Nabiullina.

Die Arbeiten am SPFS begannen im Dezember 2014, als sich die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen verschlechterten. Einige westliche Politiker drängten darauf, Russland von SWIFT zu trennen. Noch ist das System nicht fertig. Aktuell können Transaktionen nicht rund um die Uhr durchgeführt werden uns sind außerdem mit 5 Cent pro Transaktion sehr teuer.

Doch Jim Rickards geht davon aus, dass sich Russen und Chinesen für einen Crash wappnen. In seinem neuen Buch "Der Weg ins Verderben" beschreibt Rickards die Möglichkeit eines "Lockdowns": Demnach könnte die nächste Phase nach dem Gelddrucken in einer Abriegelung des globalen Finanzsystems bestehen, "damit die mächtigsten Finanzmarktakteure keine Transaktionen mehr tätigen" und "Banken und Börsen geschlossen" werden können. Dem möchten Russen und Chinesen vorbeugen - und die konkreten Maßnahmen, die sie ergreifen, zeigen, dass es sich um mehr als nur theoretische Gedankenspiele handelt.

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