Finanzen

Türkei: Zentralbank will an das Gold der privaten Haushalte

Dieser Artikel ist nur für DWN-Abonnenten zugänglich. Bitte loggen Sie sich ein oder registrieren Sie sich unter „Gratismonat beginnen“.
07.04.2017 02:20
Lesezeit: 2 min

[vzaar id="9804586" width="600" height="338"]

Die türkische Zentralbank legt im Auftrag der Regierung zwei neue Anlagemöglichkeiten für physisches Gold auf. Ihr Ziel besteht darin, die privaten Goldvorräte der Bürger für das Finanzsystem nutzbar zu machen.

Die türkische Zentralbank bringt zwei neue Anlagemöglichkeiten für physisches Gold auf den Markt, berichtet Daily Sabah. Dabei handelt es sich einerseits um eine Gold-Anleihe, andererseits um ein Instrument zur Beleihung von Gold und Goldschmuck. Mithilfe der neuen Anlageformen versucht die türkische Regierung, das im Privatbesitz befindliche Edelmetall für die Finanzindustrie nutzbar zu machen. „Mit diesem wichtigen Schritt, der das Finanzsystem verbreitern wird, erzielen die Bürger ein zusätzliches Einkommen mit ihren Goldvorräten, die sie unter ihren Matratzen lagern, während darüber hinaus die Ersparnisse ansteigen und die Gesamtwirtschaft stimuliert wird“, zitiert Daily Sabah den stellvertretenden Premierminister Mehmet Simsek.

Die Zentralbank hatte bereits vor einiger Zeit mit der Einrichtung von Goldkonten bei Banken begonnen. Diese sollen den Weg für Investitionen in den neuen Anlagekategorien ebnen. „Die goldgedeckte Anleihe – welche im Gegenzug zum Erhalt von Gold ausgehändigt wird – wird einen gewissen Zinssatz während der Laufzeit des Papiers in türkischer Lira abwerfen. Dieser Zinssatz wird sich an der Entwicklung des Goldreises orientieren“, sagte Simsek. Das goldgedeckte Beleihungszertifikat berechtigt ebenfalls zum Bezug von Zinsen, nachdem physisches Gold oder Goldschmuck bei der vermittelnden Bank deponiert wurde.

Ob die Bürger ihr Goldanlagen jedoch der Bank in ausreichender Zahl anvertrauen werden, ist unsicher. Simsek gab zu, dass die Zahl der von Kunden eröffneten Goldkonten noch nicht die erwünschte Höhe erreicht habe. Simsek zufolge würden vor allem „psychologische Faktoren“ ein Hindernis für die Bürger darstellen, ihr Edelmetall zu investieren – womit wahrscheinlich Mistrauen gemeint ist.

Das türkische Finanzsystem steht seit einigen Monaten unter erhöhtem Druck. Der Wert der Landeswährung Lira hat zum US-Dollar seit dem erfolglosen Putschversuch vom vergangenen Juli rund 30 Prozent an Wert verloren, was die Inflation im Land deutlich erhöht hat. Die Inflationsrate stieg im März mit 11,29 Prozent auf den höchsten Stand seit Oktober 2008, wie aus amtlichen Daten am Montag hervorging. Bei Lebensmitteln, Alkohol und Verkehrskosten lag der Anstieg jeweils im zweistelligen Prozentbereich. Die neuen Goldinvestitionsmöglichkeiten könnten durchaus einen Versuch darstellen, die heimischen Banken teilweise zu rekapitalisieren.

Die indische Regierung versucht ebenfalls seit einiger Zeit, das Gold ihrer Bürger in das Finanzsystem zu leiten. Die Maßnahme könnte mit der überraschend verkündeten Abschaffung der beiden größten Bargeld-Scheine des Landes zusammenhängen, in deren Gefolge es zu schweren wirtschaftlichen Verwerfungen und Protesten gekommen war (Video am Anfang des Artikels). Offenbar versucht die Regierung, das im Besitz der Bürger befindliche Gold als paralleles Bezahlungssystem auszuschalten.

„Indiens Instrumente zur Goldmonetarisierung wurden Ende 2015 bekanntgegeben und laden die Bürger dazu ein, ihr Gold zu einem geringen Zinssatz bei Banken einzulagern. Obwohl sie noch nicht gezündet haben, werden die Instrumente eine wichtige Funktion für die von der Regierung bekanntgegebene ‚Comprehensive Gold Policy‘ haben“, berichtet Bullion Vault.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...