Politik

Mit Macron wird der deutsch-französische Superstaat möglich

Lesezeit: 9 min
30.04.2017 00:54
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Emmanuel Macron wird allem Ermessen nach französischer Präsident werden. Damit ist ein Einfluss auf die Politik in Europa garantiert – mehr aber auch nicht. Nur durch eine Kohabitation mit einem politisch ähnlich gelagerten Partner wäre sein Projekt für Europa und für die Eurozone zu realisieren.

Beide aufgrund der Umfragewerte leicht favorisierten Teilnehmer an den Präsidentschaftswahlen 2017 haben sich für den zweiten Durchgang qualifiziert – wenn auch nur ganz knapp. Wichtig ist: Die Wahl war nicht primär zwischen links und rechts geprägt, sondern pro oder contra die Europäische Union und den Euro in der heutigen Form. Von den Wählern der vier wichtigen Kandidaten, die 85 Prozent der Stimmen auf sich vereint haben, waren 44 Prozent für und 41 Prozent gegen die Adhäsion im bisherigen Rahmen. Doch zusammen erreichten Kandidaten, die ganz klar die EU und den Euro ablehnen, über 47 Prozent. Und mit Benoît Hamon hatten die Sozialisten ein Programm präsentiert, welches keinesfalls euro-kompatibel gewesen wäre. Die Europäische Union und die Eurozone haben noch einmal eine Frist bekommen. Spielraum für weitere Fehler gibt es nicht, sonst wird das beim nächsten Mal in einem Desaster enden.

Emmanuel Macron wird, wenn nichts Außergewöhnliches passiert, die zweite Runde gewinnen – und zwar  mit erheblichem Vorsprung. Es ist der Reflex von 2002, dass die meisten Politiker und Parteien einfach den Gegenkandidaten zu Le Pen favorisieren. Aufgrund seiner Erfolgsaussichten lohnt es sich, das Programm von Macron einerseits und die politische Gesamtkonstellation andererseits genauer anzuschauen. Das eine ist vom anderen nicht zu trennen.

Was ist nun das Programm von Macron in den Bereichen, in denen der Präsident ganz klar Akzente setzen kann? Das betrifft mit Priorität Europa, die generelle Außenpolitik und die Verteidigung. Auf diese Schwerpunkte hin sollen das Programm von EM und die Aussagen von Emmanuel Macron hin untersucht werden.

  • Zunächst ist auf einen Punkt hinzuweisen, der positiv zu werten und leider nicht selbstverständlich ist. Im Programm von EM wird als wichtiger Punkt für einen Neustart in Europa eine Phase kollektiver Reflexion und Debatte angeregt, die mindestens bis Ende 2017 dauern soll. Sie soll sowohl in den einzelnen Mitgliedsländern wie auch auf gesamteuropäischer Ebene stattfinden und möglichst breit geführt werden. Nach Jahren des Durchwurstelns, des Status quo und der Konzeptlosigkeit, verbunden mit einer präzedenzlosen Geldschwemme ist dies ein erfrischender Start. Er sollte genutzt werden, um Schnellschüsse aus dem Augenblick zu verhindern und die großen Fragen neu zu stellen. Aus dem Wahlprogramm könnte man aufgrund der Formulierung schließen, dass dieser Punkt ernsthaft gemeint ist und nicht nur eine Floskel darstellt.
  • Im Programm von EM steht kurz und bündig, dass Frankreich ganz alleine Schuld an seinen Schwachstellen trägt, an der Desindustrialisierung und dem schwachen Wirtschaftswachstum. Mit anderen Worten sind weder die Globalisierung (sie wird explizit ausgenommen) noch die Politik der Europäischen Union oder der Eurozone wesentliche Faktoren dafür. Dies ist insofern interessant, wenn man die Reaktion von EM mit derjenigen etwa des amerikanischen Präsidenten Trump vergleicht. In beiden Ländern hat sich eine präzedenlose Desindustrialisierung in einem kurzen historischen Zeitraum abgespielt. Trump macht dafür den Rest der Welt, Macron aber nur das eigene Land dafür verantwortlich.
  • In Bezug auf Europa und auf den Euro strebt Macron an, den europäischen Integrationsprozess wieder zu beschleunigen und de facto wichtige Zwischenschritte hin zu einer politischen Union zu machen. Im Wahlprogramm von EM heißt es ausdrücklich, dass Macron eine Priorität auf die Entwicklung Europas entlang der deutsch-französischen Achse anstrebt. Er will im eigenen Land Strukturreformen durchführen, aber dafür im Gegenzug wichtige Konzessionen von Deutschland erlangen. Die Strukturreformen sind von der Art, welche Deutschland typischerweise von den Peripherieländern verlangt hat: Arbeitsmarkt, Sozialkosten, Budgetpolitik. Er will dadurch Vertrauen gewinnen und eine Wirtschaftsregierung der Eurozone etablieren können, welche ein eigenes Budget und Steuermittel hat. Diese Regierung soll Investitionen finanzieren, Hilfen an Länder vergeben und Schwerpunkte setzen können. Sie soll dem europäischen Parlament und einer Euro-Regierung verantwortlich sein – implizit also nicht dem Ministerrat.
  • Eine ähnliche Form von europaweiter Integration sieht Macron für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor. Europa soll die Außengrenzen wirksam abschotten, eine gemeinsame Sicherheitspolitik mit Austausch von Informationen und eine gemeinsame Verteidigungspolitik mit Standardisierung von Waffen und Ausrüstungen und einer militärischen Zentrale anstreben. Die Quote der Verteidigungsausgaben soll überall auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden. Nebenbei hat dies den Vorteil, dass die französische Waffenindustrie, eine der größten der Welt, mit willkommenen Aufträgen versorgt werden würde.
  • Im Wahlmanifest von EM wird der Euro als bedeutende Errungenschaft dargestellt. Das Argument lautet, dass im vorherigen Regime die Bundesbank eine enorme Macht über die französische Geldpolitik ausgeübt und teilweise kontraproduktiv gewirkt habe. Mit dem Euro seien die Interessen Frankreichs nun deutlich besser vertreten. Hingegen will Macron wichtige Modifikationen an der Regulierung des Banken- und Versicherungssektors vornehmen. Er will die diesbezügliche Gestaltungsmacht den zuständigen Regulatoren entreißen und diese politisieren, indem künftig die Finanzminister im Rahmen der Ecofin-Tagungen einmal jährlich die Quoten für Solvabilität, Liquidität und Eigenkapital festlegen. Dies soll im Hinblick auf die Bedürfnisse der Konjunktur geschehen, was im heutigen Regime nicht der Fall sei.
  • Als ausgesprochener Extremist, bis auf die Sprachwahl, positioniert sich Macron in der Frage des Brexit. Macron hat diesen als Verbrechen (frz. ‚crime’) bezeichnet. Diesem müsse mit großer Härte begegnet werden. Macron will dem Vereinigten Königreich vor allem den Marktzutritt zum Festland massiv erschweren. Damit sind implizit mehrere Interessen verbunden. Macron will selbstverständlich Nachahmer abschrecken, vor allem sich aber einen bisher übermächtigen Wettbewerber im Finanzbereich für die französischen Banken und den Finanzplatz Paris vom Leibe schaffen.

Die Zusammenfassung dieser Positionen zeigt ein relativ konsistentes Bild. Würde er, was anzunehmen ist, französischer Präsident werden, will Emmanuel Macron nicht nur an der Europäischen Union und der Eurozone und damit am Status Quo festhalten. Er will dem stagnierenden Konstrukt einen Neustart verpassen, der weitreichende Veränderungen in Frankreich einerseits und in der Eurozone wie auch in der Europäischen Union andererseits kombiniert. Sein Programm ist ambitioniert und unterscheidet sich von allem, was in den letzten Jahren von höchsten Entscheidungsträgern vorgeschlagen worden ist.

Die innenpolitische Konstellation ist jedenfalls schwierig: Das Außergewöhnliche an der Wahl ist, dass beide Vertreter der beiden großen Formationen der fünften Republik nicht einmal in die zweite Runde eingezogen sind. Bei den Konservativen, welche diese Wahl locker hätten gewinnen müssen, war das Problem oberflächlich ein Führungsproblem. Es war der falsche Mann an der Spitze. Er hat sich für die Legislativwahlen zurückgezogen und wird ersetzt werden. Ob nicht auch Elemente seines Programmes zu seinem Scheitern in der ersten Runde beigetragen haben, ist eine offene Frage. Die radikale Aufhebung der 35-Stunden Woche dürfte Fillon jedenfalls geschadet haben und als Programmpunkt auch weiterhin nicht populär sein.

Für die Legislativwahlen bestehen, wenn nicht alles täuscht, dennoch Chancen für eine konservative Mehrheit. Frankreich hat ein Majorzwahlsystem. In der ersten Runde gewinnt ein Kandidat, wenn er 50 Prozent der Stimmen und 25 Prozent der Wahlberechtigten in seinem Wahlbezirk erreicht. Wenn nicht, gibt es eine zweite Runde zwischen den Kandidaten mit einer Stimmenzahl über 12.5 Prozent der Wahlberechtigten. Wenn niemand oder nur ein Kandidat diese Grenze überschreitet, gewinnt in der zweiten Runde derjenige der beiden bestklassierten Kandidaten, welcher mehr Stimmen auf sich vereinigt. Die Konservativen haben den Vorteil, eine relativ homogene Partei darzustellen. Ihre Exponenten haben sich am Wahlabend hinter Macron gestellt. Wenn sie Ballast abwerfen, das Programm etwas zur Mitte ausrichten, vor allem die 35-Stunden Woche nicht derart aushebeln wollen, dürften sie eine Chance zur absoluten Mehrheit haben.

Bei den Sozialisten ist es nicht nur ein personelles Führungsproblem. Die Partei ist gelähmt und in verschiedene, auseinanderdriftende Flügel gespalten. Deren Programme haben wenige Schnittflächen, dafür viele Unvereinbarkeiten. Das katastrophale Abschneiden in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen und die Aufrufe von wichtigen Parteiexponenten für Macron in der ersten Runde haben die Flügel noch weiter entfremdet. Die Frist bis zum 10. Juni ist viel zu kurz, um eine inhaltliche Klärung und eine programmatische Neubesinnung zu ermöglichen. Die meisten Exponenten des PS haben dazu aufgerufen, für die Legislativwahlen wieder eine eigene Liste zu präsentieren, und der Bewegung EM (‚En Marche’) die Unterstützung zu verweigern. Die Sozialisten werden ihre Mehrheit in der Nationalversammlung verlieren, das Ausmaß der Verluste ist aber unklar. Vor allem wird wichtig sein, ob sie in der zweiten Runde eine stabile Allianz mit den Linksaußen-Wählern oder mit EM hinbekommen.

Der Front National wird für die Legislativwahlen überall antreten und mit einem Programm, das kaum verändert sein wird und ihm in den wirtschaftlich benachteiligten Landesteilen eine gute Chance einräumt, in die zweite Runde einzuziehen. Der FN dürfte in diesen Wahlkreisen erstmals eine signifikante Zahl von Abgeordneten-Mandaten erringen.

Die anderen Präsidentschaftskandidaten (Macron, Mélenchon) haben keine Partei, treten aber mit ihren ‚Bewegungen’ in Vollbesetzung oder nahezu an. Die Bewegung EM will zwar in allen Wahlbezirken an die Wahlen gehen und vom Rückenwind der Präsidentschaftswahlen profitieren, doch die Unterstützung wird deutlich reduziert ausfallen. So werden nicht mehr nur prominente Sozialisten nicht mehr für EM aufrufen. Auch die kleine Mitte-Rechts Partei UDI (rund 2.5 Prozent der Stimmen), welche bei den Präsidentschaftswahlen für Macron aufgerufen hat, unterstützt bei den Legislativwahlen wieder die Konservativen. Für die Bewegung EM ist es fast unmöglich, in der kurzen Zeit bis zu den Legislativwahlen am 11. und 18. Juni eine schlagkräftige Organisation auf die Beine zu stellen. Gleiches gilt auch für die Bewegung ‚France Insoumise’ von Jean-Luc Mélenchon. Auch sie will in fast allen Wahlbezirken antreten. Auch sie dürfte vom relativ erfolgreichen Abschneiden ihres Spitzenkandidaten in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen profitieren.

Was also resultieren könnte, ist eine Kohabitation (frz. ‚cohabitation‘), eine Kombination eines Präsidenten des einen mit der Regierung eines anderen politischen Lagers. Eine solche Kohabitation hat es schon mehrfach gegeben. Unter dem Präsidenten Mitterand in der Schlussphase seiner ersten (1986-88 Regierung Chirac) und seiner zweiten Präsidentschaft (mit der Regierung Balladur 1993-1995), unter Präsident Chirac mit der Regierung Jospin (1997-2002).

Die Verfassung gibt dem Präsidenten große Macht für die Situation, wo er eine Regierungsmehrheit hinter sich weiß. Er kann den Premier frei wählen oder auswechseln. Dieser ist dem Präsidenten unterstellt. Der Präsident bestimmt die großen Linien des Regierungs-Programmes – und zwar in mehr oder weniger allen Politikbereichen. Unter Sarkozy mischte sich der Präsident in das Mikro-Management der Regierung ein, was eigentlich so nicht vorgesehen ist.

Die Situation ist anders bei einer Kohabitation mit einem politisch feindseligen oder entgegengesetzten Parlament. Der Präsident muss dann einen Premier ernennen, welcher die Parlamentsmehrheit hinter sich weiß oder vereinen kann. Der Premierminister ist nur dem Parlament und nicht dem Präsidenten rechenschaftspflichtig. Dieser hat ein begrenztes Vetorecht für die Ernennung von Ministern, das sich in der Praxis vor allem auf Souveränitätsrechte (Sicherheitsfragen) bezieht. Er kann aber den Premierminister oder einzelne Minister nicht beliebig abberufen. Sein Einfluss auf die Innenpolitik ist erheblich reduziert – im Konfliktfall mit dem Premierminister sogar nicht vorhanden. Die Verfassung räumt ihm in der Außenpolitik und für die Verteidigung weitreichende Kompetenzen ein. Auch diese Aufgaben müssen aber mit dem Premierminister koordiniert werden.

Was an der gegenwärtigen Situation neu ist, ist, dass eine solche Kohabitation schon vom Start einer Präsidentschaft weg erfolgen dürfte. Das ist unerforschtes Terrain und offen für neue Problemlösungen oder eben Konflikte. Für die Legislativwahlen vom Juni 2017 dürfte die zentrale Frage sein, ob eine stabile konservative Mehrheit resultiert, oder ob eine instabilere Koalitions-Regierung oder gar eine Regierung mit wechselnden Mehrheiten gewählt werden wird. Erreichen die Konservativen keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung, so wird es ein verwässertes Koalitionsprogramm oder im Extremfall wechselnde Mehrheiten um Themen geben.

Institutionell bleibt aber, dass der Präsident in einer Phase der Kohabitation begrenzte Kompetenzen verantworten kann: Außenpolitik, Europa, Verteidigung. Die Regierung andererseits kann ihre Prioritäten in bestimmten Bereichen, vor allem aber in der Innenpolitik festlegen. Nur im Extremfall kann der Präsident die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen für die Legislative anordnen. Zeitlich kann er frühestens ein Jahr nach erfolgten Parlamentswahlen wieder zu diesem drastischen Schritt greifen.

Positiv zu werten ist, dass er in jedem Land wie auf gesamteuropäischer Ebene eine offene Debatte anstoßen und damit aus den ausgefahrenen Pfaden ausbrechen will. Sein bisher formuliertes Weltbild dürfte aber die französische Wirtschaft und Gesellschaft mit viel zu hoher Schuld beladen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik wohl zu verfehlten Handlungen veranlassen. Die Desindustrialisierung ist ein Phänomen vieler alter Industrieländer. Frankreich hat es überdurchschnittlich getroffen, aber mehr nicht. Der wirkliche Grund für das besonders frühe und große französische Leiden liegt in der völlig verkehrten Geld- und Währungspolitik der Ära Mitterand (1981-95). Mit dem Konzept der kompetitive Disinflation (Deflation compétitive) reagierte Mitterand auf das Scheitern des kurzlebigen ‚programme commun‘ von 1981-83, was Frankreich über einem Jahrzehnt enorm hohe Realzinssätze und einen zu harten Wechselkurs des französischen Franc bescherte. Die Investitionen unterblieben, die verarbeitende Industrie erlitt erste herbe Verluste. Im deutschen Vereinigungsboom verhinderte Mitterand eine Aufwertung der D-Mark, die logisch gewesen wäre, und führte eine schwere Immobilien- und Bankenkrise in Frankreich (und darüber hinaus in Europa) herbei. Frankreich hat kurz nach dem Start des Euro im Alleingang die 35-Stunden Woche eingeführt, was eine Dummheit der Sozialisten war. Das ist Frankreichs wichtigster Beitrag zur Desindustrialisierung der letzten 15 Jahre.

Doch andere Faktoren waren noch bedeutender. Sie zu ignorieren, ist nicht nur retrospektiv falsch, sondern auch sehr gefährlich für die Zukunft. Die konkrete Form der Globalisierung von jeglicher Schuld für die Probleme Frankreichs freizusprechen, ist nicht nur eine retrospektive und ideologische Verklärung. Sie schafft eine gefährliche Illusion über die globalen Megatrends und die Gestaltungsmöglichkeiten im nationalstaatlichen Rahmen. Kritiklos die gleichen Fehler wie in den Peripherieländern zu wiederholen, nur um das Vertrauen der deutschen Führung zu gewinnen, wäre eine Dummheit.

Was Macron letztlich will, darüber kann trefflich spekuliert werden. Was sein Programm konkret beinhaltet, ist aber deutlich. Die Eurozone soll weiter dereguliert und amerikanisiert werden. Produkt- und Arbeitsmärkte sollen weiter aufgebrochen und Steuern und Soziallasten gesenkt werden. Das schafft vielleicht nicht für die ganze französische Wirtschaft und Firmen, aber für Frankreichs enorm wettbewerbsfähige Banken und Multinationale wunderbare Marktgelegenheiten bei der Restrukturierung der Eurozone. Wie diese konkret profitieren können, soll in einem separaten Artikel gezeigt werden.

Im Unterschied zu den bisher von Deutschland vorgelebten Prinzipien soll die anvisierte Restrukturierung der Eurozone nicht mit Austerität und wirtschaftspolitischer Agonie allein, sondern mit ausgesprochenem Aktivismus auf der Nachfrageseite begleitet werden – wie Amerika eben. Alle Hebel – gemeinsame Finanzpolitik, Transferzahlungen, aber auch der Einsatz der Risikoparameter des Finanzsystems – sollen in Bewegung gesetzt werden, um dies zu erreichen. Abgesichert werden soll dies durch wichtige Schritte hin zu einer politischen Union.

Das tönt einigermaßen konsistent. Mit der Wahl zum Präsidenten wäre ein erster Teil dieses ganzen Manövers geglückt. Es wurde erleichtert beziehungsweise überhaupt erst ermöglicht durch den Fehltritt des konservativen Spitzenkandidaten. Den zweiten Teil, eine erfolgreiche Kohabitation in der französischen Politik durchzusetzen, dürfte der schwierigere Teil sein. Denn alle Indikationen sind doch, dass ein solches Programm in der französischen Bevölkerung kaum mehrheitsfähig ist. Doch die Eigenheiten des französischen Wahlsystems mit dem Majorzwahlrecht auf Wahlkreisstufe könnten dies ermöglichen. Vor allem dann, wenn die Gegner der Konservativen sich zersplittern und für den zweiten Wahlgang keine mehrheitsfähige Alternative darstellen. Sollte sich hingegen eine politisch instabile Regierung etablieren, wären die geplanten ‚Reformen’ wohl nicht durchsetzbar. Dann würde wohl auch das Gegenstück entfallen: die Schritte hin zu einer politischen Union. Viel besser aber wäre es, den Vorschlag von Macron aufzunehmen und eine breite Debatte durchzuführen, bevor man sich in neue Abenteuer stürzt. Denn das Weltbild ist doch etwas einfach gestrickt, wie die Fortschritte gestaltet werden sollen.


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