Finanzen

EZB forciert Abzug des Euro-Clearing aus London

Lesezeit: 1 min
23.06.2017 15:19
Die EZB forciert den Abzug des Euro-Clearings aus London. Dazu will sie ihre Statuten ändern.
EZB forciert Abzug des Euro-Clearing aus London

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Europäische Zentralbank (EZB) will sich starke Zugriffsrechte für die Aufsicht über die grenzüberschreitende Abwicklung von Finanzgeschäften nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU sichern. Um dies zu erreichen, werde dem Europa-Parlament und der EU-Kommission empfohlen, die Statuten für das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) – das sind die EZB und die 19 nationalen Notenbanken der Euro-Zone – entsprechend zu ändern, teilte die EZB am Freitag mit.

Derzeit werden mehr als 90 Prozent aller Euro-Derivategeschäfte über Clearing-Häuser in London wie LCH.Clearnet abgewickelt. Der Zugriff von EU-Aufsehern auf solche Abwicklungsgeschäfte könnte aber nach dem Austritt Großbritanniens merklich abnehmen. Viele Politiker in Europa fordern daher eine Verlagerung des Euro-Clearing in die Euro-Zone.

Offenbar rechnet die Zentralbank auch mit der Möglichkeit schwerer Finanzkrisen. „Es ist zu erwarten, dass bedeutende Entwicklungen sowohl auf globaler als auch auf europäischer Ebene die von Clearing-Systemen ausgehenden Risiken erhöhen“, hieß es in den Unterlagen. Die EZB hat dabei vor allem den Zahlungsverkehr und die Umsetzung ihrer Geldpolitik im Blick. Clearing-Häuser stehen im Handel zwischen Käufer und Verkäufer von Finanzprodukten und springen im Notfall ein. Damit sorgen sie für Transparenz und Sicherheit des Finanzsystems. Erst unlängst hatte EZB-Präsident Mario Draghi vor einer geringeren Kontrolle der in Großbritannien ansässigen Clearing-Häuser nach einem Brexit gewarnt.

Nach Einschätzung der EZB werden über Clearing-Häuser in Großbritannien Repo-Geschäfte in Euro im täglichen Volumen von 101 Milliarden Euro und offene Positionen bei Zinsswap-Geschäften in Euro im täglichen Volumen von 33 Billionen Euro abgewickelt. „Daher könnte eine erhebliche Turbulenz, die eine große zentrale Gegenpartei in Großbritannien betrifft, zu einem schwerwiegenden Rückgang der Liquidität im Euro-Raum führen“, so die Euro-Wächter. Sie schlagen daher vor, Artikel 22 des ESZB-Statuts so zu ändern, dass sie auch nach dem Brexit noch ausreichend Kontrollrechte über das Euro-Clearing besitzen.

Zuletzt mehrten sich Forderungen, die Verrechnung von Zins- und Anleihekontrakten basierend auf Euro aus London abzuziehen. Risiken, die für Kontinentaleuropa schlagend werden könnten, müssten „auch aus Europa heraus kontrolliert werden“, sagte etwa der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister (CDU).

Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche Pläne für eine strengere Aufsicht über das Clearing im Handel mit Finanzprodukten wie Derivaten vorgestellt, die einzelne große Akteure nach dem Brexit zum Umzug von Großbritannien in die EU zwingen könnten: Brüssel will mit Änderungen der 2012 eingeführten EU-Regeln für europäische Marktinfrastrukturen (EMIR-Verordnung) die Aufsicht über Verrechnungsstellen für Käufer und Verkäufer - sogenannte Zentrale Gegenparteien - stärken, selbst wenn diese ihren Sitz außerhalb der EU haben.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...