Finanzen

Nur 14 Mitarbeiter für die Produktion von 500.000 Tonnen Stahl

Lesezeit: 2 min
24.06.2017 01:10
Ein Stahlwerk in Österreich zeigt, wie gravierend die Veränderungen durch die Technologie in der Industrie sind.
Nur 14 Mitarbeiter für die Produktion von 500.000 Tonnen Stahl

Das Stahlwerk des österreichischen Produzenten Voestalpine in der Steiermark gilt als Beispiel dafür, wie in Zukunft in Europa Stahl hergestellt werden wird. Das Werk im Örtchen Donawitz produziert im Jahr rund eine halbe Million Tonnen Stahldraht mit nur 14 Mitarbeitern, berichtet Bloomberg.

Überwacht wird der Produktionsprozess an einer 700 Meter langen Produktionsstraße von nur 3 Mitarbeitern, die hauptsächlich damit beschäftigt sind, Parameter des vollautomatisierten Betriebes wie Druck oder Temperatur zu überwachen und bei Bedarf einzuschreiten. Die Effizienz des Werkes ist erstaunlich – in einem in den 1960er Jahren gebauten Stahlwerk wären etwa 1000 Mitarbeiter nötig, um eine halbe Million Tonnen Stahl im Jahr herzustellen. Die Gänge neben den Produktionsanlagen sind verwaist, niemand arbeitet dort mehr.

Zu bedenken ist allerdings, dass andere Mitarbeiter von Voestalpine in einem nahegelegenen Schmelzofen den Rohstahl herstellen, der im Werk automatisch zu Stahldrähten unterschiedlicher Größe geformt wird. Andere betreiben das werkinterne Eisenbahnsystem oder kümmern sich um die Logistik. Insgesamt arbeiten so rund 300 Mitarbeiter am Standort Donawitz – aber nur 14 davon in der eigentlichen Herstellung.

Voestalpine reagierte mit der weitgehend automatisierten Produktion auf die Tatsache, dass man mit den niedrigen Arbeitskosten bei Anbietern aus Asien und den daraus folgenden tieferen Stahlpreisen nicht mehr mithalten konnte. Nur weil das Unternehmen in Donawitz das Nischenprodukt Stahldraht mit einem hohen Automatisierungsgrad fertigt, ist es profitabel, sagt der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Eder.

Die Auswirkungen auf die Anzahl der Arbeitsplätze sind freilich gravierend. „Wir dürfen in Zukunft nicht mehr damit rechnen, dass die Stahlbranche viele Arbeitsplätze hervorbringen wird. Auf lange Sicht werden wir die meisten der klassischen Stahlarbeiter verlieren, diejenigen Leute also, die die schwere Arbeit an den Schmelzöfen und Stahlpressen verrichten. Das wird alles automatisiert werden.“ Was in Zukunft wichtig werde seien wenige, aber dafür gut ausgebildete und spezialisierte Mitarbeiter.

Die Stahlbranche befindet sich in der gesamten westlichen Welt in der Defensive. Zahlreiche chinesische Hersteller und riesige Konzerne wie ArcelorMittal oder Nippon Steel haben den Weltmarkt mit günstigen Produkten geflutet. Die EU führte auf Druck der europäischen Unternehmen bereits mehrere Strafzölle gegen chinesische Fabrikate ein. Zwischen 2008 und 2015 gingen in der europäischen Stahlbranche rund 84.000 Arbeitsplätze verloren – etwa 20 Prozent des Gesamtbestandes. Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens haben mehrfach darüber nachgedacht, Stahlfirmen zu verstaatlichen, um die Arbeitsplätze zu schützen und damit faktisch zu subventionieren. US-Präsident Donald Trump hat die amerikanische Industrie wiederholt als Quelle des Reichtums des Landes bezeichnet und eine protektionistische Handelspolitik zu ihrem Schutz eingeleitet. „Wie wird die Stahlproduktion der Zukunft ausschauen?“, fragt Eder. „Das gute ist, dass diejenigen Arbeitsplätze, die übrigbleiben, sehr attraktiv sein werden.“

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Politik
Politik CDU plant schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht
08.05.2024

Nachdem die Bundeswehr 2011 von einer Regierung unter Führung der Union von der Wehrpflicht befreit wurde, macht die CDU nun nach 13...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...