Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eröffnet wegen eines Gesetzes zu Nichtregierungsorganisationen, die aus dem Ausland finanziert werden. „Wir haben das neue Gesetz (...) gründlich geprüft und sind zu dem Schluss gelangt, dass es nicht im Einklang mit dem EU-Recht steht“, erklärte der Vizechef der Kommission, Frans Timmermans, am Donnerstag.
Die von Ungarn vorgesehenen Auflagen für die Registrierung, Berichterstattung und Veröffentlichung seien diskriminierend und belasten die betroffenen Organisationen was „ihren guten Ruf“ angehe sowie verwaltungstechnisch. Insbesondere in das Recht auf Vereinigungsfreiheit werde eingegriffen. „Das neue Gesetz könnte nichtstaatliche Organisationen daran hindern, Gelder einzuwerben und ihren Aufgaben nachzukommen.“
Das beanstandete Gesetz sieht nach Angaben der Kommission vor, dass sich bestimmte Gruppen nichtstaatlicher Organisationen, die umgerechnet jährlich mehr als 24.000 Euro an Geldern aus dem Ausland erhalten, als „vom Ausland unterstützte Organisationen“ registrieren lassen müssen. Auch müsse dies in sämtlichen Veröffentlichungen, auf Websites und Pressematerial vermerkt werden. Zudem müssten sie bei den ungarischen Behörden spezifische Angaben zu den Geldern aus dem Ausland machen. Wenn die Auflagen nicht erfüllt werden, drohen Sanktionen.
Timmermans sagte, die Zivilgesellschaft sei „das Gerüst unserer demokratischen Gesellschaften. Deshalb darf sie in ihrem Wirken nicht über Gebühr eingeschränkt werden.“ In welcher Beziehung Finanzierungen aus dem Ausland und demokratische Gesellschaften zueinander stehen, sagte Timmermans nicht.
Die ungarischen Behörden erhielten einen Monat Zeit, auf das sogenannte Aufforderungsschreiben zu reagieren. Falls erforderlich, kann die Kommission letztendlich auch beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage einreichen. Die EU und die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban liegen bei einer Reihe von Themen überkreuz. So hat die Kommission auch wegen Ungarns Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet. Ebenfalls umstritten ist ein Hochschulgesetz des Landes.