Im Streit um Sparmaßnahmen bei der französischen Armee ist der Generalstabschef des Landes, Pierre de Villiers, zurückgetreten, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Staatschef Emmanuel Macron habe sein Rücktrittsgesuch angekommen, erklärte der General am Mittwoch in Paris. Er sehe sich nicht mehr in der Lage, das Modell einer Armee zu garantieren, das für „den Schutz Frankreichs und der Franzosen“ notwendig sei, sagte de Villiers.
De Villiers erklärte, er habe alles daran gesetzt, dass die französischen Streitkräfte ihren immer schwieriger und komplexer werdenden Auftrag trotz der finanziellen Einschränkungen erfüllen könnten. Das könne er angesichts der Entwicklung aber nicht mehr garantieren. Daher habe er Macron um seine Entlassung gebeten. Zum Nachfolger ernannte Macron nach Angaben seines Sprechers den 55-jährigen General Francois Lecointre. Er werde binnen 24 Stunden den ranghöchsten Posten im französischen Militär übernehmen, sagte Regierungssprecher Christophe Castaner.
De Villiers hatte zuletzt für dieses Jahr im Verteidigungsbudget vorgesehene Einsparungen von 850 Millionen Euro kritisiert. Er wurde dafür vergangene Woche von Macron mit scharfen Worten zurechtgewiesen: In einer Ansprache vor ranghohen Militärs sprach der Staatschef von einer „unwürdigen“ Debatte und forderte „Pflichtbewusstsein und Zurückhaltung“.
Im Präsidialamt wurde die Haltung Macrons bekräftigt. „Wir können keine öffentlichen Unstimmigkeiten haben“, sagte eine namentlich nicht genannte Quelle zu Reuters. „Diese Einsparungen werden in keiner Weise Frankreichs Einsatzfähigkeit gefährden. Frankreichs Sicherheit ist gewährleistet.“
Macron hatte zuvor eine Reihe von Kürzungen im öffentlichen Haushalt angekündigt, die er Schritt für Schritt umsetzen möchte. Sein Wunsch ist es, die Drei-Prozent-Defizitgrenze der EU umzusetzen, berichtet Bloomberg. Als Teil der Sparbemühungen hatte die Vorgänger-Regierung unter Francois Hollande angekündigt, den Verteidigungsetat um fast eine Milliarde Euro zu kürzen. Macron hatte nach seinem Amtsantritt versprochen, sich an diesen Kürzungsplan zu halten.
Das französische Militär ist strikt gegen die Kürzungen. De Villiers, der in der französischen Öffentlichkeit eine hochangesehen Person ist, soll im Verteidigungsausschuss des französischen Parlaments hinter verschlossenen Türen gesagt Macron scharf kritisiert haben: „Ich werde nicht zulassen, dass er (Macron - die Red.) mich fickt“. Das berichteten zumindest diverse französische Medien. Diese Aussage von de Villiers ist deshalb erstaunlich, weil das französische Militär sich traditionell der zivilen Regierung und dem Parlament unterwirft und keine Alleingänge durchführt. Aus diesem Grund wird das Militär in Frankreich auch als „die große Stille“ („La grande muette“) umschrieben. Der Generalstabschef soll nach französischen Medienberichten dann gedroht haben, zurückzutreten, falls Macron mit der Kürzung des Verteidigungsetats fortfährt.
In der vergangenen Woche änderte Macron dann offenbar kurzzeitig seine Haltung zu Sparmaßnahmen beim Militär. Nach dem Treffen mit US-Präsident Donald Trump entschied er sich dafür, den Verteidigungsetat im kommenden Jahr zu erhöhen. Anlässlich des französischen Nationalfeiertags am 14. Juli hielt Macron eine Rede vor Militärs. Dabei richtete er eine indirekte Kritik an den Generalstabschef. Es sei „unwürdig“ gewesen, „einige Debatten in die Öffentlichkeit zu tragen“, so der französische Präsident. „Ich bin euer Oberhaupt. Ich brauche weder Druck noch Kommentare“, so Macron. Er müsse Konzessionen an die militärische und wirtschaftliche Realität machen. Beobachter rechnen damit, dass das Militär einen Schwerpunkt der Politik des Präsidenten bilden wird.
Unklar bleibt, warum genau de Villiers genau zurücktrat. Denn sollte Macron den Verteidigungsetat tatsächlich erhöhen, wäre eine zentrale Forderung des Generalstabschefs erfüllt. Macron habe im Kabinett auch erklärt, dass er trotz der Kürzungen in diesem Jahr an seinem Ziel festhalte, den Verteidigungsetat bis 2025 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen, sagte Castaner. Zu dieser Zielmarke haben sich die Nato-Mitglieder verpflichtet.
Französische Militärs sind nicht nur in militärische Operationen im Nahen Osten und vor allem in Afrika involviert, sondern werden aufgrund des Ausnahmezustands auch im Inland eingesetzt. Die französischen Militär-Analysten sind sich einig darüber, dass es derzeit ein falscher Zeitpunkt wäre, um Kürzungen beim Verteidigungsbudget vorzunehmen.