Politik

Bundesregierung: Neue US-Sanktionen sind „völkerrechtswidrig“

Lesezeit: 2 min
31.07.2017 22:09
Die Bundesregierung hat die geplanten neuen Sanktionen der USA gegen Russland scharf kritisiert. Die Wahrscheinlichkeit eines Handelskriegs steigt.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat den USA wegen ihrer schärferen Russland-Sanktionen, die auch deutsche Firmen treffen könnten, mit Gegenmaßnahmen gedroht, berichtet Reuters. Sie nannte die Strafmaßnahmen wegen ihrer Wirkung auch auf nicht-amerikanische Firmen „schlicht und ergreifend völkerrechtswidrig“. „Die Amerikaner können nicht deutsche Unternehmen bestrafen, weil die sich in einem anderen Land wirtschaftlich betätigen“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag.

„Wir wollen natürlich keinen Handelskrieg“, sagte die Ministerin. Allerdings sei richtig, dass die EU-Kommission jetzt Gegenmaßnahmen prüfe. Europa sei bereit, diese auch kurzfristig zu ergreifen, „auch auf anderen Gebieten“. Die Chancen auf ein Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA beurteilte Zypries angesichts der jüngsten Entwicklung skeptisch. Insgesamt seien die US-Sanktionen gegen Russland „ein ernstes Thema für unseren Wirtschaftsstandort“.

Russland reagiert derzeit mit einer massiven Ausweisungswelle gegen US-Diplomaten auf die vom US-Kongress beschlossene Verschärfung der Sanktionen gegen das Land. Präsident Wladimir Putin gab in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview bekannt, dass 755 US-Diplomaten das Land bis zum 1. September verlassen müssten. Am Freitag hatte das russische Außenministerium mitgeteilt, die Zahl der Mitarbeiter bei der US-Botschaft und Konsulaten in Russland müsse bis Ende August auf 455 sinken. Zugleich behielt sich Putin weitere Vergeltungsmaßnahmen für die Zukunft vor und zeigte sich skeptisch über eine baldige Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Staaten.

Im US-Außenministerium wurden die Ausweisungen als unbegründet kritisiert. Man werde die Auswirkungen der Mitarbeiter-Reduzierung in einem solchen Ausmaß nun einschätzen und eine Reaktion erarbeiten, sagte ein Vertreter des Außenministeriums in Washington.

Die Ausweisung von 755 Diplomaten würde mehr als einer Halbierung des US-Personals in dem Land entsprechen.

Putin kritisierte, die US-Sanktionen verschlechterten die Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter. „Wir haben ziemlich lange gewartet und gehofft, dass sich die Situation bessern wird, wir haben die Hoffnung aufrecht gehalten, dass sich etwas ändert“, fügte er hinzu. „Aber es macht den Eindruck, dass selbst wenn sich eines Tages etwas ändert, dies nicht bald der Fall ist.“ Russland könnte weitere Maßnahmen gegen die USA ergreifen, derzeit sei dies aber nicht vorgesehen. „Ich bin gegenwärtig dagegen,“ sagte Putin.

Putin betonte aber zugleich, dass auch in der „gegenwärtig schwierigen Lage“ die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten in einigen Bereichen fortgesetzt werde und positive Ergebnisse bringe. Als Beispiel nannte er die Einigung auf eine Waffenruhe in Teilen Syriens.

Der US-Senat hatte am Donnerstag trotz teilweise scharfer Kritik aus Europa mit großer Mehrheit für eine Verschärfung der bereits bestehenden Sanktionen gegen Russland gestimmt. Deutsche Unternehmen und Politiker kritisierten, dass sich die von der US-Regierung angestrebten Strafmaßnahmen direkt auf deutsche Unternehmen auswirken werden, die Geschäfte mit russischen Partnern machen – insbesondere auch im wichtigen Energiebereich und hier besonders beim Pipeline-Projekt Nord Stream 2.

Der Streit zwischen Russland und den USA macht inzwischen auch Anleger auf den Devisenmärten nervös. Sie warfen russische Aktien aus ihren Depots und trennten sich von der Währung des Landes. Ein Euro stieg um bis zu einen Prozent und war mit 70,75 Rubel so teuer wie zuletzt vor achteinhalb Monaten. Der Moskauer Aktienindex RTS fiel um 1,4 Prozent. „Wir sind zurück im Kalten Krieg“, sagte Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Israel billigt Waffenruhe mit Hisbollah: Umsetzung in der Nacht
26.11.2024

Über ein Jahr nach Beginn des Konflikts mit der libanesischen Hisbollah-Miliz hat das israelische Sicherheitskabinett laut dem Büro von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Minijob-Grenze 2025 steigt wegen Mindestlohnerhöhung - was heißt das für Arbeitgeber und Minijobber?
26.11.2024

Ab 2025 können Minijobber mehr Einkommen erzielen, denn wenn zum 1. Januar der Mindestlohn auf 12,82 Euro steigt, steigt auch die...

DWN
Politik
Politik Angela Merkel: Schuldenbremse-Reform notwendig für deutsche Zukunftsinvestitionen
26.11.2024

Vor Kurzem sind die Merkel-Memoiren erschienen, in denen sich die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel unter anderem für eine Reform der...

DWN
Politik
Politik Habeck für schnelle Maßnahmen zur Entlastung der Industrie - auch mit der Union
26.11.2024

Die deutsche Industrie soll schnellstens bei den Energiekosten entlastet werden. Das schlägt Wirtschaftsminister Robert Habeck von den...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs: Wieder im Minus - 100.000 Dollar bleiben in Reichweite
26.11.2024

Der Bitcoin-Kurs hatte sich nach den teils erheblichen Verlusten des Vortages kurzzeitig gefangen, doch nun tendiert die wichtigste...

DWN
Politik
Politik Fünfer-Runde mit Polen und Italien: Nato-Länder stützen ukrainische Rüstungsindustrie
26.11.2024

Die jüngste Eskalation im Ukraine-Krieg bringt Kiew weitere Unterstützung der Nato. In der Nacht werden erneut Drohnenangriffe auf Kiew...

DWN
Politik
Politik Brombeer-Koalition in Thüringen vorm Aus? SPD übt Kritik am Koalitionsvertrag
26.11.2024

Erst am Freitag stellten CDU, BSW und SPD den fertigen Koalitionsvertrag für Thüringen vor. Doch jetzt regt sich Widerstand: Der linke...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Lebensmittelkennzeichnung: Warum und wie Verbraucher oft in die Irre geführt werden
26.11.2024

Die Kennzeichnung von Lebensmitteln in der EU steht in der Kritik: Der Europäische Rechnungshof bemängelt fehlende Standards,...