In Florida hat der Gouverneur wegen des aufziehenden Hurrikans Irma die Schließung von zwei Atomreaktoren angeordnet. Am Nachmittag wollten der Betreiber Florida Power & Light noch warten, doch am Abend verfügte Gouverneur Rick Scott die Abschaltung. Die Reaktoren werden nun langsam heruntergefahren. Der Prozess dauert nach Angaben von Scott etwa 30 Stunden. Die Reaktoren befinden sich bei Turkey Point und St. Lucie. Laut CNN sollen die Reaktoren nacheinander heruntergefahren werden. Der Direktor des Unternehmens, Rob Gould, sagte CNN, die Reaktoren zählten zu den sichersten in den USA.
Es galt als wahrscheinlich, dass "Irma" am Samstag auf Florida trifft. Gouverneur Scott rief die Einwohner des US-Bundesstaates zu äußerster Vorsicht auf. Der bevorstehende Sturm sei in vielen Teilen Floridas lebensgefährlich.
In Floridas Süden, etwa auf der Inselkette der Florida Keys, wurden Evakuierungen angeordnet. Jeder müsse sich darauf vorbereiten, sein Zuhause zu verlassen, sagte Scott. In vielen Orten wappneten sich die Menschen mit Hamsterkäufen. Vor Supermärkten bildeten sich lange Schlangen.
Hurrikan Irma hat in der Karibik schwere Verwüstungen angerichtet und mehrere Menschen in den Tod gerissen. Der Tropensturm der höchsten Kategorie fünf hinterließ zerstörte Häuser, überflutete Straßen und entwurzelte Bäume. Die Schäden auf den Inseln Barbuda, Anguilla und Saint-Martin wurden als katastrophal beschrieben. Einige Gegenden gelten als unbewohnbar.
Wie viele Menschen ums Leben kamen, blieb zunächst unklar. Frankreichs Premierminister Edouard Philippe sagte am Donnerstag, im Überseegebiet Saint-Martin seien vier Tote gefunden worden. Er betonte, die Bilanz sei noch unsicher. Auf dem niederländischen Inselteil Sint Maarten kam mindestens ein Mensch ums Leben, wie Innenminister Roland Plasterk mitteilte. Zuvor war bereits von mehr Toten die Rede gewesen. Der schlechte Zugang zum Katastrophengebiet machte eine genaue Erfassung der Opferzahlen zunächst schwierig. Im britischen Überseegebiet Anguilla und auf Barbuda kamen zwei Menschen ums Leben.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen könnten in den kommenden Tagen bis zu 37 Millionen Menschen von den Auswirkungen des Sturms betroffen sein. Der Hurrikan passierte am Donnerstag die Dominikanische Republik sowie Haiti und sollte dann weiter Richtung Kuba, Bahamas und Florida ziehen.
"Irma" ist einer der stärksten jemals in der Region registrierten Tropenstürme mit Spitzen-Windgeschwindigkeiten von 290 Kilometern pro Stunde. Der Hurrikan war am Mittwochmorgen auf der kleinen Karibikinsel Barbuda erstmals auf Land getroffen. "Mindestens 95 Prozent der Gebäude wurden beschädigt. 60 Prozent der Bevölkerung sind obdachlos", sagte der Premierminister von Antigua und Barbuda, Gaston Browne. Die Insel sei praktisch unbewohnbar geworden.
Angesichts des heraufziehenden Hurrikans "José" rief die Regierung die Bewohner auf, Barbuda zu verlassen und auf der Nachbarinsel Antigua Schutz zu suchen. Sollte der neue Wirbelsturm weiter Kurs auf Barbuda nehmen, werde die Insel zwangsgeräumt.
Nach dem Durchzug von "Irma" begannen auf den Kleinen Antillen im Südosten der Karibik die Aufräumarbeiten. Vom französischen Übersee-Département Guadeloupe aus wurden 400 Gendarmen und 400 Feuerwehrleute in das Gebiet geschickt. Zwei Fregatten, zwei Aufklärungsflugzeuge, Transportflugzeuge und Helikopter waren im Einsatz. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May vereinbarten eine enge Zusammenarbeit, um das Ausmaß der Zerstörung zu erfassen und die Rettungsmaßnahmen zu koordinieren.
Niederländische Marinesoldaten trafen mit ersten Hilfsgütern auf Sint Maarten ein. Sie sollten helfen, den Flughafen und den Hafen wieder instandzusetzen. Zwei Flugzeuge der niederländischen Streitkräfte mit Hilfsgütern waren unterwegs zu der Insel. Sie hatten unter anderem Trinkwasser und Nahrung für die etwa 40.000 Einwohner an Bord.
Auch zahlreiche Karibikurlauber waren vom Hurrikan betroffen. In der Dominikanischen Republik brachten die Behörden rund 7500 Touristen in Sicherheit. In Kuba wurden rund 36.000 Urlauber von der besonders gefährdeten Nordküste an sicherere Orte gebracht, wie das staatliche Fernsehen berichtete.
In der Dominikanischen Republik wurden Straßen überflutet, Bäume fielen um und Dächer wurden abgedeckt. Über 2.000 Häuser wurden beschädigt, wie der Zivilschutz mitteilte. Rund 6.800 Menschen suchten demnach Schutz in Notunterkünften oder bei Verwandten und Freunden.
Mit Sorge blickten Hilfsorganisationen auf das bitterarme Haiti. Dort leiden die Menschen noch immer unter den Auswirkungen des Erdbebens von 2010 und Hurrikan "Matthew" im vergangenen Jahr. Viele Haitianer leben in provisorischen Unterkünften und sind schlecht auf einen neuerlichen Tropensturm vorbereitet. "Mit jeder Naturkatastrophe verschlechtert sich die Lage der Menschen", sagt Catherine Stubbe von der Hilfsorganisation Handicap International in Port-au-Prince. "Wenn sie sich gerade von einem Unglück erholt haben, kommt das nächste."