Politik

Siemens und Alstom legen Bahntechnik zusammen

Siemens und die französische Alstom wollen einen europäischen Bahntechnik-Konzern schmieden.
26.09.2017 22:17
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der ICE und der TGV kommen künftig aus einem Haus: Der Münchner Siemens-Konzern bringt seine Bahntechnik-Sparte in den französischen Rivalen Alstom ein und will damit einen schlagkräftigen Konkurrenten für den chinesischen Branchenriesen CRRC schmieden. Mit rund 15,3 Milliarden Euro Umsatz und mehr als 62.000 Mitarbeitern ist die künftige Nummer zwei am Weltmarkt halb so groß wie der Marktführer. Die neuen Partner achten auf ein Gleichgewicht der Kräfte bei Siemens Alstom: Der Konzern sitzt in oder nahe Paris und wird von Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge geführt, wie Siemens und Alstom am Dienstagabend mitteilten. Siemens hält aber gut 50 Prozent der Aktien und kann später sogar auf 52 Prozent aufstocken. Offiziell ist in der Absichtserklärung von einer "Fusion unter Gleichen" die Rede.

Zu möglichen Konsequenzen für die Arbeitsplätze äußerten sich Siemens und Alstom nur vage. "Die Geschäftsaktivitäten der beiden Unternehmen ergänzen sich weitgehend", hieß es in der Mitteilung nur. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire wurde deutlicher: Siemens habe unter anderem zugesagt, Arbeitsplätze und Werke in Frankreich zu erhalten. Siemens-Chef Joe Kaeser hatte der Nachrichtenagentur Reuters bereits im Vorfeld gesagt, eine Fusion im Bahngeschäft habe kaum einen Arbeitsplatzabbau zur Folge. "Mobilität ist ein Wachstumsfeld." Siemens und Alstom haben zusammen Aufträge für mehr als 61 Milliarden Euro in den Büchern.

Der Zusammenschluss soll die Kosten in vier Jahren um 470 Millionen Euro senken. Zuletzt lag der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) aufaddiert bei 1,2 Milliarden Euro.

Le Maire erklärte, Frankreichs Regierung unterstütze die Fusion, weil sie die europäische Industrie stärken wolle. Siemens und Alstom brauchen den Rückhalt der Politik, weil der Zusammenschluss von den EU-Wettbewerbsbehörden unter die Lupe genommen werden dürfte. Kaeser hofft, dass die EU-Kommission ins Kalkül zieht, dass die Chinesen massiv nach Europa drängen. "Der Weltmarkt hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. Ein marktbeherrschender Akteur in Asien hat die globale Marktdynamik verändert", begründete er die Fusionspläne am Dienstag. "Gleichzeitig wird die Digitalisierung die Zukunft der Mobilität prägen." Themen wie die Signaltechnik, in der sie eine besonders große Rolle spielt, will Siemens Alstom in Berlin bündeln.

Siemens bringt nicht nur die Bahn-Sparte "Mobility" in den neuen Konzern ein, sondern auch das Geschäft mit Zug-Antrieben, das bisher zur Industrie-Sparte gehört. Trotzdem hätte Alstom, der an der Börse rund sieben Milliarden Euro wert ist, in der Fusion ein Übergewicht. Die Franzosen wollen aber unmittelbar vorher bis zu 1,8 Milliarden Euro an ihre bisherigen Aktionäre ausschütten – zumal ihnen noch rund 2,5 Milliarden Euro aus dem Verkauf der restlichen Anteile an einem Gemeinschaftsunternehmen mit GE in die Kasse gespült werden. Davon profitiert vor allem der Bau- und Medienkonzern Bouygues, der rund 28 Prozent an Alstom hält. Er hat zugesagt, mindestens so lange als Aktionär an Bord zu bleiben, bis die Fusion im Laufe des Jahres 2018 unter Dach und Fach ist. Siemens darf auf Wunsch der französischen Regierung vier Jahre lang nicht auf mehr als 50,5 Prozent aufstocken.

Trotz der Zusagen von Siemens regte sich in Frankreich im Vorfeld Angst vor einem "Ausverkauf" der Industrie des Landes – und des Hochgeschwindigkeitszugs TGV. "Ist das das Ende von Alstom? Wird der TGV deutsch?", fragte der Politiker Eric Woerth von den konservativen Republikanern. Der Generalsekretär des rechtspopulistischen Front National, Nicolas Bay, mahnte auf Twitter: "Die französisch-deutsche Partnerschaft darf nicht zur Auslöschung der französischen Industrie führen!"

Großer Verlierer der Fusion ist der dritte der großen westlichen Bahntechnik-Konzerne: die kanadische Bombardier. Mit ihr hatte Siemens zuerst über einen Zusammenschluss gesprochen, aber in letzter Minute Zweifel an der finanziellen Stabilität des möglichen Partners bekommen. Damit kam Alstom ins Spiel. Bombardier, deren Zugsparte im Wesentlichen aus der ehemaligen deutschen Adtranz besteht, muss nun allein zurechtkommen. Das Unternehmen hat bereits den Abbau von 2200 der 8500 Arbeitsplätze in Deutschland bis 2020 angekündigt.

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...