Politik

Großbanken bereiten sich auf Schocks im spanischen Finanzsystem vor

In den großen Finanzzentren New York und London wachsen die Sorgen vor den Auswirkungen der Unabhängigkeits-Kampagne Kataloniens auf die Finanzmärkte.
29.09.2017 17:02
Lesezeit: 2 min

In den großen Finanzenzentren New York und London wachsen die Sorgen vor unkalkulierbaren Auswirkungen des für den 1. Oktober geplanten katalanischen Unabhängigkeitsreferendums auf die Finanzmärkte. Obwohl eine Unabhängigkeit von den meisten Beobachtern derzeit als eher unwahrscheinlich eingestuft wird, haben große Banken mit Vorbereitungen für den Ausbruch einer Staatskrise begonnen.

In den vergangenen Tagen hatten Großbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs und die niederländische ING vor großen politischen und finanziellen Risiken der Unabhängigkeitsbestrebungen der spanischen Region Katalonien gewarnt, berichtet der Finanzblog Wolfstreet.

JP Morgan hatte seinen Kunden vor Kurzem geraten, sich aus spanischen Staatsanleihen zurückzuziehen. Die Bank geht offenbar davon aus, dass eine Eskalation der Spannungen zu deutlichen Aufschlägen bei den Renditen spanischer Papiere führen wird. Bereits in den vergangenen fünf Wochen waren steigende Renditen zu beobachten: Die Spanne der Renditen zwischen spanischen und deutschen Anleihen erhöhte sich in diesem Zeitraum von etwa 100 Basispunkten (1 Prozent) auf etwa 120 Basispunkte (1,2 Prozent). „Das ist noch lange nicht jene Spanne von 630 Basispunkten (6,3 Prozent), die zum Höhepunkt der Eurokrise 2012 erreicht wurde, aber genug, dass die Analysten an der Wallstreet und in der City of London hellhörig werden und die Lage genau beobachten“, schreibt Wolfstreet.

Die Bank of America geht in einem Szenario davon aus, dass die Krise auch das politische Regierungssystem in Madrid erschüttern könnte. „Die derzeitige Zentralregierung ist in einer Minderheitsregierung und die größte Oppositionspartei PSOE ist nicht sehr scharf darauf, mit ihr zusammenzuarbeiten. Wir haben eine sehr fragile Situation, die wenn sie nicht korrekt gehandhabt wird, die spanische Regierung zu Fall bringen könnte. Das könnte zu einer Rückkehr der Verwerfungen an den Märkten führen, die wir in der Zeit von Ende 2015 bis Mitte 2016 gesehen haben, als Spanien keine funktionierende Regierung hatte.“

Ein Analyst der französischen Investmentbank Natixis warnt vor Investitionen in Katalonien. „Wir und unsere Partner glauben nicht, dass es eine sehr rationale Entscheidung ist, jetzt in große Bauvorhaben in Katalonien zu investieren obwohl diese mit hohen Renditen locken. Obwohl sich wahrscheinlich nichts Grundlegendes ändern wird, muss man die ‚Schwarzen Schwäne‘ im Hinterkopf behalten.“

Den Begriff des Schwarzen Schwans prägte der Ökonom Nicholas Nassim Taleb und bezeichnete damit plötzlich auftretende Ereignisse, welche die Finanzwelt erschüttern.

Einige Beobachter halten überdies einen Bank Run als Folge einer Zuspitzung der Krise für möglich. Sie argumentieren, dass die spanische Regierung einen Boykott Kataloniens einleiten wird, falls das Unabhängigkeits-Referendum zu Stande kommt. Die beiden spanischen Großbanken Caixabank und Banc Sabadell – die beide stark in Katalonien vertreten sind – haben bereits eine Verlagerung ihres Hauptsitzes ins Spiel gebracht.

Sollte die Lage in Katalonien eskalieren, wären aber nicht nur Caixabank und Banc Sabadell, sondern der gesamte spanische Bankenmarkt betroffen. Erst vor wenigen Monaten kollabierte die sechstgrößte Bank Spaniens, Banco Popular, und wurde von Santander übernommen. Auch bei der Liberbank – des achtgrößten spanischen Finanzinstituts, zeigten sich in der jüngeren Vergangenheit Anzeichen für akute Finanzierungs-Probleme.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mahnlauf statt Innovation: Wie Zahlungsausfälle die Wirtschaft bremsen
22.06.2025

Zahlungsverzögerungen belasten Europas Unternehmen massiv. Jeder zweite Betrieb rechnet mit Kundeninsolvenzen – Investitionen und...

DWN
Finanzen
Finanzen Berkshire Hathaway-Aktie: Warren Buffetts Abgang belastet – wie viel Substanz bleibt?
22.06.2025

Berkshire Hathaway verliert nach Buffetts Rückzug an Kurswert. Die Aktie steht unter Druck – und der Markt stellt die Zukunft des...

DWN
Technologie
Technologie Lebensmittel aus dem 3D-Drucker: Revolution am Esstisch und in der Lebensmittelproduktion?
22.06.2025

Gedrucktes Essen statt Herd und Pfanne? Der 3D-Lebensmitteldruck wächst rasant – zwischen nachhaltiger Vision, Gastronomietrend und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die Deutschen und ihr Bargeld: Wie sich das Bezahlverhalten entwickelt
22.06.2025

Obwohl die Deutschen nach eigenen Aussagen ihr Bargeld lieben, gewinnt das bargeldlose Bezahlen auch hierzulande an Bedeutung. Das...

DWN
Technologie
Technologie Schwedische Innovation soll Wasserkrise in der Ukraine lösen
21.06.2025

Während Europa über Hilfspakete debattiert, liefern schwedische Firmen sauberes Wasser in eine vom Krieg verwüstete Region. Ist Hightech...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Afrikas Migrationspotenzial: Die globale Ordnung steht vor einer tektonischen Verschiebung
21.06.2025

Afrikas Bevölkerung wächst, während der Westen altert. Millionen gut ausgebildeter Migranten verändern schon heute globale...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands stille Stärke: Wie Rechtsstaat und Verwaltung zum unterschätzten Standortvorteil werden
21.06.2025

Als Max Weber 1922 mit seiner Bürokratie-Theorie die Basis für die deutsche Verwaltung legte, galt sie weltweit als innovatives Vorbild....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Rückschlag für Elektroautos – kommt das Ende wie vor 100 Jahren?
21.06.2025

Vor 100 Jahren verschwanden Elektroautos wegen politischer Entscheidungen von den Straßen. Heute wiederholt sich die Geschichte: Donald...