Finanzen

Russlands Zentralbank steigt zum weltgrößten Goldkäufer auf

Die russische Zentralbank ist im vergangenen Jahr zum größten Käufer von Gold aufgestiegen. Die Regierung setzt auch aus geopolitischen Überlegungen auf das Edelmetall.
04.10.2017 17:09
Lesezeit: 2 min

Die russische Zentralbank ist im vergangenen Jahr zum größten Goldkäufer der Welt aufgestiegen. Wie das World Gold Council berichtet, habe die Zentralbank im Jahr 2016 offiziellen Angaben zufolge mit insgesamt 201 Tonnen deutlich mehr physisches Gold erworben, als die Zentralbanken von China (rund 80 Tonnen) und Kasachstan (etwa 36 Tonnen). Allein im zweiten Quartal des laufenden Jahres sind dem Irish Independent zufolge etwa 38 Prozent der weltweit von Zentralbanken getätigten Käufe auf Russland entfallen.

Offiziellen Angaben zufolge – welche mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren sind – besaßen die Goldvorräte der russischen Zentralbank zum Ende des zweiten Quartals einen Umfang von etwa 1.715 Tonnen. Russlands Regierung begann vor etwa 10 Jahren, in großem Umfang als Käufer auf dem Weltmarkt in Erscheinung zu treten. Noch Mitte 2007 lagen die Bestände stets um den Wert von 400 Tonnen, seitdem folgten permanente Zukäufe.

Beobachter erkennen in dem Aufbau eines großen Goldschatzes eine Gegenmaßnahme zu möglichen Sanktionen des Westens auf den Finanzmärkten. „Gold ist eine Wertanlage, die von jeglicher Regierung unabhängig ist. Damit macht sich Russland auch von den westlichen Regierungen unabhängiger, deren Währungen traditionell als Devisenreserven verwendet werden. Das erscheint vorteilhaft, weil Russland schon mehrfach Sanktionen getroffen haben“, wird der Edelmetallexperte Matthew Turner von der Londoner Finanzdienstleistungsgesellschaft Macquarie Group zitiert.

Die russische Zentralbank hatte in den vergangenen beiden Jahren kaum Fremdwährungen gekauft. „Sie gehört zu einer Handvoll Zentralbanken weltweit, die auch dann nicht den Glauben an Gold verloren haben, als die Nachfrage im zweiten Quartal auf ein 2-Jahres-Tief gesunken war. Aber am wichtigsten aus Sicht der Russen ist, dass Gold vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen mit den USA als geopolitisch sicheres Investment gilt“, schreibt der Irish Independent.

Wie viel Gewicht die Regierung in Moskau Gold als Anlageobjekt einräumt zeigt, sich anhand der Tatsache, dass inzwischen 17 Prozent der Vermögenswerte der Zentralbank in physischem Gold angelegt sind. Dieser Anteil ist weit höher als in anderen aufstrebenden Ländern. Indiens Vermögenswerte entfallen beispielsweise nur zu rund 6 Prozent auf Gold, Chinas nur zu etwa 3 Prozent und Brasiliens nur zu etwa 1 Prozent, wie aus Daten des World Gold Council hervorgeht.

Russland ist nicht nur zum größten Käufer aufgestiegen, sondern baut auch die heimische Förderung seit Jahren deutlich aus. Inzwischen ist das Land der weltweit drittgrößte Gold-Produzent nach China und Australien. Die russische Zentralbank kauft den russischen Minen das Gold direkt ab – ein Grund, warum die tatsächlichen Reserven des Landes nicht genau bestimmt werden können. Die Fördermenge hat sich seit 1995 auf aktuell etwa 300 Tonnen pro Jahr verdoppelt. Im Jahr 2030 soll die Jahresförderung nach dem Willen der Regierung 400 Tonnen betragen, zitiert das World Gold Council den Vorsitzenden der Union der Goldproduzenten Russlands, Sergej Kaschuba.

Neben Russland sticht China als bedeutender Importeur des Edelmetalls hervor. Auch die chinesische Regierung möchte zudem die heimische Produktion ausbauen – von aktuell rund 450 Tonnen pro Jahr auf 500 Tonnen im Jahr 2020, berichtet der englischsprachige Dienst von Reuters. Nach dem Aufbau einer eigenen Goldbörse in Schanghai verfügt China zudem über eine ernstzunehmende alternative Infrastruktur zum traditionell dominierenden Goldzentrum London.

Der Aufbau signifikanter Goldvorräte durch Russland und China findet in einer Phase statt, in der beide Staaten Vorbereitungen für eine teilweise Abkopplung vom Petrodollar-System treffen. Zu diesen gehört beispielsweise die Ausgabe von in Yuan notierten chinesischen Anleihen in Russland und die Ausgabe von Yuan-Terminkontrakten auf dem Rohölmarkt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögensschutz: Wie Millionäre, Unternehmer und Co. ihr Vermögen sichern
18.02.2025

Viele reiche Menschen betreiben keinen guten Vermögensschutz. Warum das so ist und was die größten Anlagefehler der Millionäre sind,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Auswandern deutscher Fachkräfte: Mehrzahl glaubt nicht mehr an Wohlstand durch harte Arbeit
18.02.2025

Karriere lieber im Ausland: Die Auswanderung junger Fachkräfte droht sich seit der Corona-Pandemie weiter zu beschleunigen, wie eine...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: Wahlumfragen mit gemischtem Bild - CDU verliert laut YouGov an Boden, Linke setzt zum Höhenflug an
18.02.2025

Kurz vor der Bundestagswahl sind viele Wähler noch unentschlossen. Neue Umfragen zu Bundestagswahl zeigt größere Veränderungen bei den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundestagswahl 2025: Das fordert die deutsche Industrie
18.02.2025

Bundestagswahl 2025: Die deutsche Wirtschaft gerät ins Hintertreffen. Steigende Energiekosten, hohe Bürokratie und schleppende...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Continental-Stellenabbau: Tausende Jobs betroffen – Sparkurs verschärft sich weiter
18.02.2025

Der Automobilzulieferer Continental setzt seinen Sparkurs fort und streicht bis Ende 2026 weltweit 3.000 Stellen in Forschung und...

DWN
Panorama
Panorama Toronto: Flugzeug crasht auf Landebahn - wie durch ein Wunder keine Todesopfer
18.02.2025

Eine Passagiermaschine aus den USA mit 80 Personen an Bord hat in Toronto eine Bruchlandung hingelegt und kam kopfüber auf der Landebahn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturerwartungen verbessern sich entgegen Prognosen - Hoffnungen ruhen auf neuer Regierung
18.02.2025

Die Stimmung unter Finanzexperten hellt sich deutlich auf: Die Erwartungen für die deutsche Wirtschaft verbessern sich unerwartet stark....

DWN
Politik
Politik Rubio trifft Lawrow: Außenminister-Treffen ohne EU und Ukraine - Selenskyj am Mittwoch in Saudi-Arabien
18.02.2025

In Riad haben die Außenminister der USA und Russlands, Marco Rubio und Sergej Lawrow, Gespräche über mögliche Verhandlungen zur...