Politik

Parlament in Barcelona beschließt Unabhängigkeit Kataloniens

Das katalanische Parlament hat für die Unabhängigkeit der Region von Spanien gestimmt.
27.10.2017 15:30
Lesezeit: 3 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das katalanische Parlament hat am Freitag für die Unabhängigkeit von Spanien gestimmt. In Barcelona votierten 70 Abgeordnete für die Loslösung der autonomen Region vom spanischen Staat, berichtet Reuters. Zuvor hatten die Parlamentarier der spanischen Konservativen, der Sozialisten und Liberalen (Ciudadanos) den Saal der 135 Sitze umfassenden Regionalvertretung verlassen.

Die spanische Zentralregierung kann mit der Zwangsverwaltung Kataloniens beginnen. Der spanische Senat in Madrid gab am Freitag grünes Licht für die Aktivierung von Artikel 155 der Verfassung, nachdem kurz zuvor das katalanische Parlament die Unabhängigkeit der Region erklärt hatte. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy erhält damit die Erlaubnis zur Entmachtung der katalanischen Separatisten. Rajoy wollte noch am Nachmittag sein Kabinett einberufen, um die ersten Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Dazu könnten die Entlassung der katalanischen Regierung und die direkte Kontrolle über die Polizei der autonomen Region gehören.

Nach der Abstimmung im katalanischen Parlament brach im Saal und vor dem Gebäude Jubel aus. Auch auf den Straßen Barcelonas jubelten Anhänger der Unabhängigkeit. Neben den 70 Ja-Stimmen votierten zehn Abgeordnete dagegen. Die Parlamentarier, die nicht an der Abstimmung teilnahmen, hinterließen als Zeichen der Einheit ihres Landes auf ihren Sitzbänken sowohl spanische als auch katalanische Flaggen. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy rief nach dem Votum zur Ruhe auf. Der Rechtsstaat werde die Achtung von Recht und Gesetz in Katalonien wieder herstellen, schrieb er auf Twitter. Der spanische Bankenindex baute seine Verluste aus und notierte drei Prozent im Minus. Der Leitindex der Börse in Madrid verlor 1,8 Prozent.

Im spanischen Senat hatte Rajoy am Vormittag dafür plädiert, erstmals den Artikel 155 der Verfassung zu aktivieren und die direkte Kontrolle in Katalonien zu übernehmen. "In meinen Augen gibt es keine Alternative", sagte er: "Das einzige, was getan werden kann, ist das Recht einzuhalten." Es habe keine Veränderungen der Lage gegeben, die eine Abkehr vom Einsatz des Artikels 155 rechtfertige: "Wir stehen einer Herausforderung gegenüber, die beispiellos ist in unserer jüngeren Geschichte."

Das spanische Verfassungsgericht dürfte die Proklamation des katalanischen Parlaments für ungültig erklären. Abgeordnete, die mit Ja gestimmt haben, könnten vor Gericht gestellt werden und müssten bei einer Verurteilung mit Haftstrafen von bis zu 30 Jahren rechnen.

Andere EU-Staaten haben sich zuletzt wiederholt hinter die spanische Zentralregierung gestellt. In Berlin sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer, die Bundesregierung unterstütze die Position Madrids. Man hoffe aber darauf, dass die Möglichkeiten zum Dialog genutzt würden, die im Rahmen der spanischen Verfassung gegeben seien.

Die katalanische Regierung von Carles Puigdemont hatte am Donnerstag die Idee verworfen, Neuwahlen auszurufen und so womöglich der Entmachtung durch die spanische Zentralregierung zu entgehen. An einem Referendum über die Unabhängigkeit der Region hatten sich am 1. Oktober 43 Prozent der Katalanen beteiligt.

Mit der Erklärung seiner Unabhängigkeit ist Katalonien noch lange kein eigener Staat. „Was wichtig ist, ist die Anerkennung durch die internationale Gemeinschaft“, sagte der französische Rechtsexperte Jean-Claude Piris, der viele Jahre den juristischen Dienst des EU-Rates der Mitgliedstaaten leitete, am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. „Vielleicht werden einige Länder wie Nordkorea oder Venezuela diese Unabhängigkeit anerkennen, aber kein EU-Staat.“

Traditionell gibt es in der Rechtswissenschaft die sogenannte Drei-Elementen-Lehre, nach der ein eigener Staat ein Volk, ein Territorium und eine Regierung haben muss. In der Praxis ist laut Piris aber die internationale Anerkennung entscheidend. „Alle habe das Recht, die Unabhängigkeit zu erklären, aber an sich hat das auf internationaler Ebene keinerlei Folgen.“

Katalonien werde „juristisch gesehen Teil Spaniens bleiben“, sagte Piris. „Es wird nicht in internationalen Organisationen vertreten sein.“ EU-Recht werde damit weiter in Katalonien gelten, und auch den Euro würden die Katalanen behalten, sagte der Jurist. Vertreten werde Barcelona in Brüssel weiter durch Spanien und sei durch alle internationalen Abkommen gebunden, die Madrid schließe.

16.04 Uhr - Der spanische Senat stimmt für die Zwangsverwaltung der autonomen Region Katalonien.

15.44 Uhr - Ministerpräsident Mariano Rajoy ruft die Spanier zur Ruhe auf. Der Rechtsstaat werde die Achtung von Recht und Gesetz in Katalonien wieder herstellen, schreibt er unmittelbar nach dem katalanischen Unabhängigkeitsvotum auf Twitter.

15.38 Uhr - Im 135-köpfigen Parlament Kataloniens haben 70 Abgeordnete für die Unabhängigkeit von Spanien gestimmt und zehn dagegen. Zwei Stimmzettel wurden leer abgegeben.

15.28 Uhr - Im Parlament singen Abgeordnete die katalanische Hymne. Viele recken die linke Faust zum Gruß. Auf den Straßen Barcelonas bricht unter Tausenden von Demonstranten Jubel aus.

15.24 Uhr - Das katalanische Parlament stimmt für die für die Unabhängigkeit der autonomen Region von Spanien.

14.53 Uhr - Die Abgeordneten der spanischen Konservativen, Sozialisten und der Liberalen (Ciudadanos) verlassen das katalanische Parlament, bevor dieses über eine Unabhängigkeit der Region abstimmt.

14.47 Uhr - Das katalanische Parlament wird nach Angaben eines Sprechers darüber abstimmen, ob die Unabhängigkeit von Spanien erklärt werden soll.

12.30 Uhr - Vor dem Parlamentsgebäude in Barcelona versammeln sich erneut Hunderte Unabhängigkeitsbefürworter. Viele tragen die Flagge Kataloniens mit sich.

11.42 Uhr - Die Bundesregierung stellt sich hinter das Vorgehen von Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy. Man hoffe aber darauf, dass die Möglichkeiten zum Dialog genutzt würden, die im Rahmen der spanischen Verfassung gegeben seien, sagt Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer.

11.30 Uhr - Die separatistisch eingestellten Parteien im katalanischen Parlament wollen Medienberichten zufolge einen Antrag einbringen, in dem die Ausrufung der Republik Kataloniens gefordert wird. Unklar sei aber, ob es zu einer Abstimmung darüber komme.

10.39 Uhr - Der spanische Aktienindex IBEX fällt auf ein Tagestief und liegt 0,5 Prozent im Minus.

10.35 Uhr - Ministerpräsident Mariano Rajoy fordert im spanischen Senat, die für eine Unabhängigkeit der Region eintretende Regierung Kataloniens abzusetzen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Baugenehmigungen: Mehr neue Wohnungen – Aufwärtstrend hält an
18.06.2025

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Die jüngsten Zahlen machen Hoffnung. Und die Bundesregierung will mit einem neuen Gesetz für noch mehr...

DWN
Panorama
Panorama Nach Raketen aus Iran: Israels Militär greift Teheran an
18.06.2025

Inmitten der Spekulationen über einen möglichen Kriegseintritt der USA haben Israel und Iran ihre wechselseitigen Angriffe fortgesetzt....

DWN
Politik
Politik Deutschlands herrenlose Konten: Bundesregierung will auf Gelder von Privatkonten zugreifen
18.06.2025

Auf deutschen Bankkonten schlummern Milliarden Euro, die anscheinend niemandem gehören. Union und SPD möchten jetzt an die Ersparnisse...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Barrierefreiheit ab Juni Pflicht – viele Online-Shops riskieren hohe Strafen
18.06.2025

In wenigen Tagen wird digitale Barrierefreiheit in Online-Shops gesetzlich vorgeschrieben – doch viele Anbieter hinken hinterher. Eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gasimporte aus Russland: EU-Kommission plant komplettes Aus – welche Folgen das hat
18.06.2025

Russisches Gas fließt trotz Sanktionen weiterhin nach Europa – doch die EU-Kommission will das ändern. Ab 2028 sollen Gasimporte aus...

DWN
Politik
Politik Trump will "echtes Ende": Diplomatie oder einen Kriegseintritt der USA?
17.06.2025

Trumps vorzeitiges Verlassen des G7 Gipfels in Kanada hat viele Fragen offen gelassen. Reporter die Trump auf seiner Rückreise begleitet...

DWN
Politik
Politik Kriegswaffe Hunger? Israel greift erneut Menge bei Gaza-Hilfszentrum an
17.06.2025

Das israelische Militär hat erneut wartende Menschen in der Nähe eines Verteilzentrums für humanitäre Hilfsgüter im Gazastreifen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Slowenien verliert Glanz: Deutsche Firmen zweifeln am Standort
17.06.2025

Deutschlands Wirtschaft verliert das Vertrauen in Slowenien: Hohe Kosten, politische Unsicherheit und Reformstau treiben Firmen in Richtung...