Reuters bringt eine interessante Analyse über die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen:
Die Proteste im Iran werden in Deutschland genau verfolgt - nicht zuletzt in der Wirtschaft. Schließlich wächst der Handel mit der Islamischen Republik seit der Aufhebung der Sanktionen rasant, wenn auch auf niedrigem Niveau. "Im Augenblick wirkt sich das noch nicht aus", sagt der Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer, Michael Tockuss, angesichts der Proteste gegen die Regierung im Iran mit mehreren Toten und zahlreichen Festnahmen. Geschäftsreisen seien nicht betroffen, da die Proteste bislang vor allem in den Provinzstädten stattfänden.
Nach der Beilegung des jahrelangen Streits über das iranische Atomprogramm wurden 2016 viele internationale Sanktionen beendet. Seither wächst der Handel mit Deutschland wieder kräftig. In den ersten zehn Monaten 2017 stiegen die deutschen Exporte in den Iran um rund 19 Prozent auf knapp 2,4 Milliarden Euro - gefragt sind vor allem Maschinen und Anlagen, Fahrzeuge und Chemie sowie Pharma- und Medizinprodukte. Umgekehrt legten die Importe aus dem Iran sogar um fast ein Viertel auf knapp 330 Millionen Euro zu. Deutschland kauft nicht nur Trockenfrüchte und Pistazien, sondern auch industrielle Vorprodukte, etwa für die Autoindustrie.
"Das Handelsvolumen lag einst bei fünf Milliarden Euro", sagt Tockuss. "Wenn wir mittelfristig wieder dorthin kommen, dann wäre das schon ein maximaler Erfolg." Denn gebremst werden die Wirtschaftsbeziehungen vor allem durch die nach wie vor schwierige Finanzierung. "Die großen Banken sind noch immer nicht bereit, das Iran-Geschäft anzufassen", sagt der Geschäftsführer. "Sie haben Angst vor möglichen US-Strafen."
Der Handelskammer zufolge gibt es viele Projektanfragen, etwa im Bereich der erneuerbaren Energien, die im Iran derzeit stark gefördert werden. "Für solche mittelfristige Investitionen eine Bankenfinanzierung zu bekommen, ist aber fast unmöglich", sagt Tockuss. Hinzu kommen Visa-Probleme. "Wenn iranische Geschäftsleute nach Deutschland kommen wollen, dauert es vier bis fünf Monate, ehe sie ein Visum erhalten", klagt der Geschäftsführer. "Das verhindert viele Geschäfte."
Die Wirtschaft des Schwellenlands ist dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge im vergangenen Jahr um 4,2 Prozent gewachsen. Ab diesem Jahr soll es zu Werten von 4,5 Prozent reichen. Angesichts der Spannungen im Verhältnis zu den USA und der gestiegenen Anfälligkeit des iranischen Bankensystems mahnt der IWF Reformen an. Banken müssten finanziell besser ausgestattet werden. Während der internationalen Sanktionen gegen den Iran litten die Banken unter der schwachen Konjunktur und der Einmischung der Regierung in die Kreditvergabe.