Altlasten aus dem Versicherungsgeschäft und die Steuerreform haben den US-Industrieriesen General Electric (GE) tief in die roten Zahlen gerissen. Allein im vierten Quartal summierte sich der Verlust nach Anteilen Dritter auf zehn Milliarden Dollar, im Gesamtjahr stand ein Minus von 5,9 Milliarden zu Buche, wie der Siemens-Rivale am Mittwoch berichtete. Ein Jahr zuvor schrieb GE noch 9,1 Milliarden Gewinn. Aber auch operativ lief es enttäuschend. Die Kraftwerkssparte - die größte von GE - musste empfindliche Einbrüche bei Umsatz und Aufträgen verkraften. Insgesamt ging der Umsatz im Quartal um fünf Prozent auf 31,4 Milliarden Dollar zurück. Das operative Ergebnis lag am unteren Rand der Erwartungen.
GE hat ein schwarzes Jahr hinter sich. Sein ehemaliger Chef Jeff Immelt hatte vor weniger als zwölf Monaten ein Umsatzplus von fünf Prozent in Aussicht gestellt – am Ende stand ein Minus von einem Prozent auf 122,1 Milliarden Dollar. Die operative Marge halbierte sich auf 5,7 Prozent statt wie von Immelt versprochen auf mehr als zwölf Prozent zu steigen. Bis GE wieder auf die Beine kommt, dürfte es dauern. Der Konzern bekräftigte die Erwartung, dass das bereinigte Ergebnis je Aktie in diesem Jahr zwischen 1,00 und 1,07 Dollar liegen soll. Vor dem Wechsel an der Konzernspitze im August hatte GE doppelt so viel ins Visier genommen. Die Analystenprognosen lagen zuletzt im Schnitt bei 1,00 Dollar.
Die gebeutelte GE-Aktie kam auch am Mittwoch nicht auf die Beine, nachdem sie am Montag erstmals seit 2011 unter 16 Dollar gefallen war. Im Vormittagshandel an der Wall Street büßte sie 1,4 Prozent auf 16,66 Euro ein. "Die Schwere der operativen Probleme – vor allem in der Kraftwerkssparte – werden die Aktie wahrscheinlich auf Sicht weiter belasten", schrieb RBC-Capital-Analyst Deane Dray.
Die Belastungen aus alten Lebens- und Krankenversicherungen, vor denen GE schon vor einer Woche gewarnt hatte, summierten sich auf 6,2 Milliarden Dollar. Zwar hatte GE den Verkauf von Krankenversicherungs-Policen der North American Life & Health vor mehr als einem Jahrzehnt eingestellt, wegen der steigenden Pflegekosten muss GE Capital nun aber über sieben Jahre rund 15 Milliarden Dollar zusätzlich in die Sparte pumpen. Dazu kommen 1,8 Milliarden an Firmenwert-Abschreibungen in der Finanzsparte GE Capital. Die Börsenaufsicht SEC untersucht seit November langfristige Verpflichtungen wie die Serviceverträge für Kraftwerke oder Flugzeuge, wie Finanzchef Jamie Miller einräumte. Die Belastungen für die Versicherungsverträge waren ein erstes Ergebnis davon. Die Steuerreform kostet den Konzern unter dem Strich 3,5 Milliarden Dollar.
Der Markt für Kraftwerke habe sich schwächer entwickelt als erwartet, räumte GE-Chef John Flannery ein. "Und wir erwarten, dass die Herausforderungen weitergehen." 2017 kamen 13 Prozent weniger Aufträge herein als 2016, im vierten Quartal brachen die Orders sogar um ein Viertel ein. Trotz Kostensenkungen konnte die Sparte einen Gewinnrückgang um 88 Prozent nicht verhindern. Sie steht für rund ein Drittel des GE-Umsatzes. 15 Werke werden eingedampft, die Mitarbeiterzahl soll um elf Prozent sinken. Die Kosten seien damit um 800 Millionen Dollar gesenkt worden. Das ist fast die Hälfte der gesamten Einsparungen im Konzern.
Auch Siemens reagiert auf die Folgen der Energiewende und hat den Abbau von mehr als 6000 Stellen in der Kraftwerkssparte beschlossen. Der Weltmarkt für große Gas- und Dampfturbinen, in dem sich Siemens wie GE tummeln, werde auf Dauer schrumpfen.
Eine Aufspaltung des Konglomerats steht offenbar nicht zur Debatte. Flannery sei wohl missverstanden worden, als er von "getrennt börsennotierten Sparten" gesprochen hatte, sagte der Chef der Flugzeugfinanzierungs-Sparte GECAS, Alec Burger, in Dublin. "Ich glaube, auch seine Auffassung ist, dass es weiter eine General Electric gibt."