Finanzen

Handelskrieg: Gravierende Auswirkungen auf Ölpreis möglich

Lesezeit: 3 min
05.04.2018 17:18
Die Aussicht auf sinkende Ölpreise veranlasst die im Energiebereich expandierende US-Regierung zur Mäßigung.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Sorgen um deutlich sinkende Ölpreise könnten eine Eskalation des sich anbahnenden Handelskrieges zwischen den USA und China verhindern, analysiert Oilprice.com.

Denn die sich derzeit zwischen den beiden Ländern aufbauenden Spannungen sind schlecht für die Preise, welche sich in den vergangenen Monaten erstmals nach ihrem Einbruch Mitte des Jahres 2014 wieder um die Marke von 70 Dollar pro Barrel (159 Liter) stabilisiert hatten.

Die von der US-Regierung erlassenen Einfuhrzölle von 25 Prozent auf hunderte chinesische Waren und die entsprechende Reaktion aus China könnten der Analyse zufolge die Nachfrage nach den jeweiligen Gütern schmälern und folglich auch den Warenhandel zwischen beiden Volkswirtschaften vermindern. Beide Faktoren würden sich negativ auf die Nachfrage nach Rohöl auswirken – weil dieses sowohl für Antrieb von Containerschiffen und Frachtflugzeugen wie auch für die Herstellung verschiedener Produkte als Grundstoff dient.

„Die Vergeltung aus China beunruhigt die Energiemärkte. Wenn es zu einem Handelskrieg zwischen den beiden Ländern kommt und die Nachfrage der Schwellenländer dadurch beeinträchtigt wird, könnte das ein großes Problem sein“, zitiert Bloomberg einen Analysten der Scotiabank.

Die Ölpreise hatten bereits mit deutlichen Abschlägen auf die Ankündigung aus China zu Importzöllen reagiert.

Riskant wäre ein deutlicher Einbruch der Preise außerdem für Spekulanten, welche derzeit in hohem Umfang auf weiter steigende Preise wetten. Angetrieben werden die Wetten von positiven Prognosen. Die Beratungsgesellschaft Wood Mackenzie beispielsweise rechnet damit, dass die weltweite Nachfrage im laufenden Jahr durchschnittlich um 1,7 Millionen Barrel pro Tag über der Nachfrage des vergangenen Jahres liegen wird.

Reuters berichtet, dass die Wetten auf weiter steigende Preise die Wetten auf sinkende Notierungen derzeit um das Zwölffache übertreffen.

Weil die USA vor wenigen Jahren selbst zu einem Exporteur von Rohöl geworden sind und ihre Fracking-Branche auf relativ hohe Ölpreise angewiesen ist, kann die US-Regierung kein Interesse an tieferen Preisen haben. Die Chinesen als Netto-Importeur von Rohöl haben zwar ein Interesse an günstigen Energiepreisen, haben bislang aber nur defensiv agiert und fordern eine diplomatische Übereinkunft mit den USA – sind einer Beilegung der Streitigkeiten also offenbar aufgeschlossen.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich ein erneuter deutlicher Rückgang der Notierungen negativ auf die Stabilität Finanzmärkte auswirken dürfte, können beide Regierungen eigentlich kein Interesse an einer Eskalation haben.

Beide Seiten senden inzwischen versöhnliche Signale. Verhandlungen seien der bevorzugte Weg für die Regierung in Peking, sagte der chinesische Botschafter in den USA, Cui Tiankai, nach einem Treffen mit dem kommissarischen US-Außenminister John Sullivan. „Aber dazu gehören immer zwei.“ Der neue Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Larry Kudlow, deutete an, es werde womöglich gar nicht zu den angekündigten US-Zöllen gegen China kommen. „Ja, das ist möglich“, sagte er. Allerdings schaffte China am Donnerstag Fakten und beantragte bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein Schlichtungsverfahren wegen der US-Importzölle auf Stahl und Aluminium.

Versöhnliche Signale im Handelsstreit zwischen den USA und China haben die Wall Street auch am Donnerstag angetrieben. "Die Anleger schütteln zumindest im Augenblick die Angst vor einem Handelskrieg ab", sagte ein Börsianer. Beide Seiten hatten zuvor durchblicken lassen, in dem Streit Verhandlungen anzustreben. Die Aussicht auf Abwendung eines weitreichenden Konflikts hatte die Wall Street schon am Mittwoch beflügelt. Experten zufolge blicken die Anleger an der Börse nun verstärkt auf die anstehenden Quartalsberichte der Unternehmen.

Der Dow Jones schloss ein Prozent höher mit 24.505 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 kletterte um 0,7 Prozent auf 2662 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq stieg um 0,5 Prozent auf 7076 Stellen. Es war der dritte Tag mit Zuwächsen in Folge. Der Dax in Frankfurt schloss 2,9 Prozent fester mit 12.305 Punkten.

Am US-Arbeitsmarkt beantragten vergangene Woche 242.000 Menschen erstmals Arbeitslosenunterstützung, 17.000 mehr als erwartet. Mit Spannung warten Anleger nun auf die amtlichen Monatsdaten, die am Freitag veröffentlicht werden. Auch die Handelsbilanz für Februar blieb ohne direkte Auswirkung auf die Kurse. Dabei war das Außenhandelsdefizit der weltgrößten Volkswirtschaft größer als gedacht.

Bei den Einzelwerten ragten Facebook mit einem Plus von 2,7 Prozent hervor, obwohl der Datenskandal immer größere Dimensionen annimmt. Firmenchef Mark Zuckerberg beruhigte Anleger mit der Aussage, Facebook spüre bislang keine nennenswerten Auswirkungen auf seine Werbe-Einnahmen. Die Papiere haben seit Bekanntwerden des Skandals Mitte März mehr als 16 Prozent verloren.

Aktien von Spotify gaben 0,2 Prozent auf 144 Dollar nach, obwohl der US-Broker Stifel die Papiere zum Kauf empfohlen und mit einem Kursziel von 180 Dollar versehen hatte. Bereits am Mittwoch, dem ersten Handelstag nach dem Spotify-Börsendebüt, hatten einige Anleger Kasse gemacht.

An der New York Stock Exchange wechselten rund 750 Millionen Aktien den Besitzer. 2108 Werte legten zu, 763 gaben nach und 168 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,09 Milliarden Aktien 1825 im Plus, 1080 im Minus und 223 unverändert.

US-Staatsanleihen gaben nach. Die zehnjährigen Papiere verringerten sich um 7/32 auf 99-8/32. Sie rentierten mit 2,836 Prozent. Die 30-jährigen Bonds verloren 21/32 auf 98-17/32 und hatten eine Rendite von 3,075 Prozent.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Politik
Politik Klimakrise:  Wirtschaftsminister Habeck will Ladestromguthaben für E-Auto-Käufer
12.12.2024

Die Autoindustrie steht unter Druck. Nicht nur der Verkauf von Elektro-Pkw stockt. Der Wirtschaftsminister setzt auf Staatshilfe. Ebenso...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Inditex-Aktie: Wintergeschäft bei Zara flaut ab - Aktie des Mutterkonzerns unter Druck
12.12.2024

Der Zara-Eigentümer Inditex hatte im Herbst ordentlich Gas aufs Pedal gegeben - mit elf Prozent im Plus. Doch jetzt zeigt sich der...

DWN
Technologie
Technologie Klima: Mehr Warnung per App - Bund legt neue Vorsorgestrategie vor
12.12.2024

Der Bund will die Bevölkerung künftig besser vor Extremwetterereignissen warnen. Das geht aus der neuen Klimaanpassungsstrategie der...

DWN
Finanzen
Finanzen Mezzanine-Blase: Wie fragwürdige Immobilien-Finanzierungen für Pensionskassen und Versorgungswerke zur Gefahr werden
12.12.2024

Wenn Apotheker, Anwälte und Ärzte ihre Altersvorsorge organisieren, fließen regelmäßig Milliarden in fragwürdige Immobilienprojekte....

DWN
Politik
Politik Kniefall in Warschau - Markus Söder gedenkt Opfern des Krieges
11.12.2024

In Warschau legt Markus Söder einen Opferkranz nieder und kündigt polnische Hinweisschilder für Bayerns Gedenkstätten an. Hinter der...

DWN
Politik
Politik Verteidigungsminister Pistorius für mehr Engagement im Nahen Osten
11.12.2024

Wie weiter für die Bundeswehr im Nahen Osten? Drei Tage nach dem Umsturz in Syrien bereist der Verteidigungsminister zwei Nachbarländer...

DWN
Politik
Politik Scholz beantragt Vertrauensfrage mit Ziel der Neuwahl
11.12.2024

Es ist der erste Schritt auf dem Weg zur Neuwahl des Bundestags: Kanzler Olaf Scholz hat bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas schriftlich...

DWN
Politik
Politik Scholz auf Stimmenfang? Kanzler-Vorstoß für weniger Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln
11.12.2024

An der Kasse im Supermarkt merken Verbraucherinnen und Verbraucher die Inflation konkret – viele Produkte sind teurer geworden. Nun...