Finanzen

Russland will sich vom Petro-Dollar abkoppeln

Russland erwägt, den Erdöl-Handel in nationalen Währungen abzuwickeln. Moskau kämpft gegen die Folgen der US-Sanktionen, die dem Finanzsektor des Landes erheblich zusetzen.
10.04.2018 17:24
Lesezeit: 3 min

Innerhalb der russischen Regierung gibt es offenbar Überlegungen, den Erdöl-Handel mit Ländern wie der Türkei und dem Iran künftig in den nationalen Währungen und nicht mehr im US-Dollar abzuwickeln.

Dem russischen Energieminister Alexander Nowak zufolge haben die Regierungen beider Länder Interesse an der Idee geäußert. „Es gibt eine Übereinkunft darin, dass wir uns bei unseren Zahlungsabrechnungen auf unsere nationalen Währungen stützen sollten. Es gibt dafür sowohl eine Notwendigkeit als auch den Willen dazu“, wird Nowak von oilprice.com zitiert. Dem Energieminister zufolge bedarf eine Umstellung der Zahlungsmodalitäten eine Umstellung im Bereich des Bankensektors.

Russland muss wegen der US-Sanktionen reagieren, weil immer neue Sanktionen für das Land vor allem bedeuten, dass es langsam an den internationalen Finanzmärkten in die Isolation gerät. Nach dem Absturz an der Moskauer Börse und dem Verfall des Rubel hat sich Russlands Zentralbankchefin darum bemüht, die Märkte zu beruhigen. Es bestünden keine Risiken für die Finanzstabilität des Landes, sagte Elvira Nabiullina am Dienstag bei einer Konferenz in Moskau laut AFP. "Es gibt keinen Bedarf, irgendwelche systemischen Maßnahmen zu ergreifen", sagte Nabiullina. Die Moskauer Börse war am Montag infolge von US-Sanktionen eingebrochen.

Die am Freitag von Washington verhängten Strafmaßnahmen gegen Firmen, Regierungsmitglieder und Putin-nahe Oligarchen sorgten am Montag für massive Verluste an der Moskauer Börse und ließen den Rubel an Wert verlieren. Am Dienstag war ein Euro 78 Rubel wert und damit so viel wie seit April 2016 nicht mehr. Auch der Dollar gewann gegenüber der russischen Währung.

Russlands Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin zeigte sich dennoch überzeugt, dass "die Gesamtwirtschaft und die Finanzmärkte überleben" werden. Auch der Kreml versuchte, angesichts der Auswirkungen der jüngsten Sanktionen zu beschwichtigen, um Panik vorzubeugen. "Diese Dinge passieren", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Situation werde sich später von selbst wieder anpassen.

Russlands Wirtschaft hatte sich erst Ende 2016 von einer zweijährigen Rezession erholt, die durch westliche Sanktionen infolge der Ukraine-Krise und niedrige Ölpreise ausgelöst worden war.

Der Iran hatte den Dollar bereits vor einigen Wochen aus seinen Ölgeschäften mit dem Ausland ausgeschlossen. Auch in der Zusammenarbeit mit der Türkei gibt es Überlegungen, den bilateralen Handel künftig nicht mehr in Dollar oder Euro abzuwickeln.

Hintergrund der iranischen Maßnahmen ist die Drohung der US-Regierung sein, das Atomabkommen zu kündigen. Ein solcher Schritt hätte die Wiedereinsetzung neuer Sanktionen gegen den Iran zur Folge, welche sich prinzipiell auch auf alle Dollar-Geschäfte erstrecken, weil diese der US-Rechtsprechung unterliegen.

„Weil der Gebrauch von Dollar für den Iran verboten ist und weil die Händler ohnehin bereits alternative Währungen benutzen, gibt es für uns keinen Grund mehr, Rechnungen auf Umrechnungsbasis des Dollar zu schreiben“, sagte der Direktor für auswärtige Zahlungsabwicklungen der iranischen Zentralbank, Mehdi Kasrajepur.

Vergangenes Jahr soll sich der iranische Regierungschef Hassan Ruhani bei einem Besuch in Russland für die Verbannung des Dollar aus dem Handel zwischen beiden Staaten ausgesprochen haben. Ebenfalls im vergangenen Jahr begann die Regierung Venezuelas – welches ebenfalls von US-Sanktionen betroffen ist – nur noch Rohöl gegen Euro und Yuan zu verkaufen.

Die US-Regierung drohte am Dienstag allen Staaten mit Konsequenzen, welche Handel mit dem Iran treiben wollten, wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet. Sie lobte hingegen die Bereitschaft der EU, neue Sanktionen gegen das Land zu erlassen. „Es gibt auch weiterhin Risiken, wenn man dort Geschäfte macht, weil die Iraner ihr System nicht reformiert haben“, sagte ein Sekretär des Treasury for Terrorism and Financial Intelligence.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat US-Präsident Donald Trump mit scharfen Worten vor einem Bruch des Atomabkommens gewarnt. Die USA würden Verstöße gegen den Vertrag „bereuen“, sagte Ruhani am Montag in Teheran. Innerhalb einer Woche werde der Iran auf einen entsprechenden Schritt der USA reagieren. „Wir sind viel besser vorbereitet, als sie denken“, sagte Ruhani.

Die Abwendung mehrerer Staaten vom Dollar als Zahlungsmittel auf den Erdölmärkten ist signifikant, weil gerade die Abrechnung von Rohöl in US-Dollar Grundlage des sogenannten Petrodollar-Systems ist, welches wiederum den Status des Dollar als Weltleitwährung begründet.

Insbesondere China dürfte profitieren, falls die Abwendung vom Dollar in Zukunft noch mehr Führsprecher findet. Die Chinesen wollen ihre Landeswährung Yuan (Renminbi) zu einer international anerkannten Handelswährung gegen den Dollar aufbauen. Die Regierung des Landes hat bereits begonnen, Futur-Kontrakte sowohl für Gold als auch für Rohöl in Yuan anzubieten. Es gibt in Peking zudem Überlegungen, die beträchtlichen Rohöl-Importe nur noch in der Landeswährung zu bezahlen.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Urlaub wird teurer: Flugkosten steigen auch bei Billig-Airlines
08.07.2025

Fliegen vom deutschen Flughafen ist deutlich kostspieliger geworden – und das nicht nur bei klassischen Airlines. Auch...

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Europas Industrie und niemand wehrt sich
08.07.2025

Chinas Staatskonzerne zerlegen Europas Industrie Stück für Stück – doch Berlin, Brüssel und Paris liefern nur leere Worte. Während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dow schließt Chemieanlagen: Was das für Deutschland bedeutet
07.07.2025

Der US-Konzern Dow zieht sich teilweise aus Mitteldeutschland zurück – und das hat Folgen. Standorte in Sachsen und Sachsen-Anhalt...

DWN
Politik
Politik Folgekosten in Millionenhöhe: Corona-Krise und die Schattenseite staatlicher Beschaffung
07.07.2025

Milliardenkosten, ungenutzte Schutzmasken und politische Spannungen: Die Folgen der Maskenkäufe in der Corona-Krise wirken bis heute nach....

DWN
Politik
Politik Kontrollen an der Grenze zu Polen: Grenzkontrollen jetzt beidseitig aktiv
07.07.2025

Mitten in der Urlaubszeit zieht Polen die Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland an. Reisende spüren die Auswirkungen sofort –...

DWN
Politik
Politik Trump droht BRICS-Staaten mit neuen Strafzöllen
07.07.2025

Trump verschärft den Handelsstreit mit den BRICS-Staaten drastisch. Seine angekündigten Strafzölle könnten globale Lieferketten...