Finanzen

Finanzaufsicht sieht Betriebsrenten wegen EZB-Politik in Gefahr

Die Finanzaufsicht Bafin hat erhebliche Sorgen wegen der Zukunft der Betriebsrenten in Deutschland.
03.05.2018 16:37
Lesezeit: 1 min

Das Zinstief bedroht nach Einschätzung der Finanzaufsicht Bafin zunehmend die Betriebsrenten. "Ohne zusätzliches Kapital von außen werden einige Pensionskassen nicht mehr ihre vollen Leistungen erbringen können", sagte Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Frank Grund am Donnerstag in Frankfurt laut dpa. Die Lage sei "noch ernster als vor zwei Jahren" und werde sich bei anhaltend niedrigen Zinsen weiter verschärfen.

Etwa ein Drittel der 137 Pensionskassen in Deutschland habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bereits unter verschärfter Beobachtung. "Und wir drängen sie, bei ihren Trägern oder Aktionären rechtzeitig Unterstützung einzufordern", sagte Grund. In der schwierigsten Gruppe befänden sich etwa zehn Prozent der Deckungsrückstellungen der Branche, "da machen wir uns schon erhebliche Sorgen".

Die Niedrigzinsphase erschwert es Lebensversicherern und Pensionskassen, die vor Jahren zugesagten, vergleichsweise hohen Zinsen zu erwirtschaften. Im schlimmsten Fall drohen Kunden Leistungskürzungen. Die Kapitalanlagen der Pensionskassen für die Betriebsrenten summieren sich nach Bafin-Angaben auf rund 165 Milliarden Euro, Deutschlands Lebensversicherer verwalten etwa 900 Milliarden Euro.

"Alle Verantwortlichen sollten Interesse daran haben, Pensionskassen vor einer Schieflage zu bewahren", betonte Grund. "Nur dann bleibt die betriebliche Altersvorsorge ein stabiler Pfeiler der Alterssicherung in Deutschland."

Zinstief und Digitalisierung stellen auch Banken vor große Herausforderungen. Die Institute müssten sich anpassen – "und zwar schnell und fundamental", mahnte Bankenaufseher Raimund Röseler. Kleinere Umbauarbeiten reichten nicht. Es brauche "einen Kulturwandel in den Banken und umfassende Investitionen in Technologie und Köpfe".

Die Bafin stellte sich außerdem gegen die europäischen Bestrebungen für einen grenzübergreifenden Schutz von Spargeldern. Noch laste ein Bestand von 800 Milliarden Euro bis einer Billion Euro Problemkredite ("Non-Performing Loans"/NPL) auf Europas Bankbilanzen. "Wenn man darüber ein System erzwungener Solidarität stülpt, dann ist das nichts anderes als ein Akt europäischer Umverteilung", betonte Bafin-Präsident Felix Hufeld.

Die EU-Kommission hatte 2015 Vorschläge für eine europäische Einlagensicherung vorgelegt. Bis zum Sommer des laufenden Jahres peilen die EU-Staaten substanzielle Fortschritte an, unter anderen Frankreich drückt aufs Tempo. Die deutsche Kreditwirtschaft fürchtet, dass die hierzulande gut gefüllten Sicherungstöpfe genutzt werden sollen, um Schieflagen in anderen Staaten zu finanzieren.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...