Politik

Gegen Russland: Ukraine beginnt Training für Panzerabwehr-Raketen

Lesezeit: 4 min
03.05.2018 23:30
Die Ukraine beginnt mit dem Training ihrer Armee an den neuen, aus den USA gelieferten Waffen.
Gegen Russland: Ukraine beginnt Training für Panzerabwehr-Raketen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der ukrainische Verteidigungsminister Stepan Poltorak sagte, er wolle so schnell wie möglich die ukrainischen Truppen trainieren, um die von den USA gelieferten Panzerabwehrwaffen einzusetzen. Diese Aussage traf Poltorak trotz der Tatsache, dass die russische Regierung vor einer Eskalation des Stellvertreterkriegs in der Ost-Ukraine gewarnt hat, berichtet die Financial Times.

Die Ukraine setzt bei den neuen Waffen auch auf eine Eigenproduktion. Das neue Vilkha Alder Raketensystem wurde erfolgreich getestet und soll bald in die Massenproduktion gehen, sagte der ukrainische Präsident Poroschenko im April.

Poltorak dankte US-Präsident Donald Trump für eine „positive Entscheidung, die dazu beiträgt, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine erheblich zu erhöhen und den ukrainischen Militärs moderne Waffen zur Verfügung zu stellen”.

Die Ukraine ist faktisch pleite, bestreitet ihre Ausgaben allerdings mit von der EU und deutschen Steuerzahlern zur Verfügung gestellten Krediten.

Das Training mit den Panzerabwehrwaffen würde am Mittwoch beginnen. Zuvor hatten US-Beamte und der ukrainische Präsident Petro Poroshenko bestätigt, dass die USA der Ukraine eine unbekannte Anzahl von Panzerabwehr-Raketen der Klasse Javelin zur Verfügung gestellt hatte. Im Gegensatz zu allen anderen Panzerabwehrwaffen der Welt trifft die Javelin-Waffe die Oberseite von Panzern, die nur schwach geschützt ist, berichtet Global Security. Innerhalb der NATO verfügen neben den USA lediglich Frankreich, Großbritannien, Kanada, Norwegen, Tschechien, Litauen und seit dem Jahr 2015 auch Estland über die Javelin.

„Die ukrainische Armee hat die lang ersehnten Waffen erhalten”, sagte Poroschenko am Montag.

Der Nationale Sicherheitsrat der USA führte am 14. November 2017 eine Sitzung durch. Er beschloss, dass der ukrainischen Regierung die Vorlage eines 47-Millionen-Dollar-Zuschusspakets zur Beschaffung US-amerikanischer Verteidigungswaffen zu genehmigen – einschließlich der Panzerabwehrrakete Javelin, so ABC News. Der US-Kongress stimmte diesem Schritt zu. Es geht um die Lieferung von 210 Javelin und 37 Trägerraketen.

Eine unmittelbare Reaktion aus Moskau auf die Lieferung der Javelin-Panzerabwehrwaffen hat es bisher nicht gegeben.

US-amerikanische und ukrainische Offizielle sind der Ansicht, dass Russland Artillerie und Hunderte von Panzern und Raketenwerfern in die Ostukraine geschmuggelt habe, was die Rebellen und russischen Söldner im Osten der Ukraine zu einer der größten konventionellen Armeen Europas macht. Moskau bestreitet diesen Vorwurf.

Die USA haben der Ukraine seit dem Ausbruch des Krieges fast eine Milliarde US-Dollar an nicht-tödlichen Waffen zur Verfügung gestellt – einschließlich Nachtsicht-Brillen, Körperschutz und Humvee-Fahrzeugen. Aber die Obama-Regierung unterließ den Verkauf tödlicher Waffen. Sie befürchtete, dass Russland sich rächen würde, wenn die Rebellen in der Ostukraine fortschrittlichere Waffen zur Verfügung hätten und so den Konflikt eskalieren lassen würden. Doch die Trump-Regierung hat im vergangenen Jahr offiziell bestätigt, dass die Ukraine tödliche Waffen erhalten soll.

Poroschenko hat sich seit den frühen Tagen des Konflikts, der mehr als 10.000 Menschenleben gefordert hat, an westliche Staaten gewandt, um Kiew mit Waffen versorgen zu lassen.

Auf einer gemeinsamen Sitzung des US-Kongresses im September 2014 erinnerte Poroschenko US-Beamte an den unabhängigen ukrainischen Staat, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion das „drittgrößte Atomarsenal der Welt im Austausch für Sicherheitsgarantien” aus den USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland herausgab.

Obwohl seit Anfang 2015 im Osten der Ukraine umfassende Kämpfe vermieden wurden, fordern tägliche Gefechte weiterhin Menschenleben. Zu Beginn des Konflikts war die ukrainische Armee unterversorgt. Doch die Ukraine hat mittlerweile eine neue Präzisions-Panzerabwehrrakete entwickelt. Die fortgeschrittenere Javelin soll diese Fähigkeiten bei der Panzerabwehr ergänzen.

„Die Bereitstellung von Javelins sowie die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland stellen einen wesentlichen Hebel dar, um eine Verhandlungslösung zu erreichen”, so Alexander Vershbow, ehemaliger Beamter des US-Außenministeriums und Mitglied des Atlantic Council.

Hinzu kommt, dass auch Kanada offenbar plant, der Ukraine Javelin-Panzerabwehrwaffen zu liefern. Am 14. Dezember 2017 berichtete die Crimean News Agency: „Nach Aussage von James Bezan, dem kanadischen Abgeordneten der Konservativen Partei, hat die kanadische Regierung die Entsendung von tödlichen Waffen in die Ukraine beschlossen – insbesondere von Javelin-Panzerabwehrwaffen. ,Nach dieser Regierungsverordnung kann Kanada Javelin in die Ukraine verkaufen oder transferieren’, erklärte der kanadische Abgeordnete.”

Tödliche Waffen aus Osteuropa

Zuvor hatte die Ukraine tödliche Waffen aus Litauen und Bulgarien erhalten. Das Atlantic Council berichtet: „Die Frontstaaten an der Ostflanke der NATO haben am aktivsten auf die Gefahr einer russischen Aggression hingewiesen und ihre Verteidigungsbudgets entsprechend aufgestockt. Zögerlichkeit in den westlichen Hauptstädten, insbesondere in Berlin, und ein Drängen der Obama-Ära auf eine einheitliche transatlantische Politik gegenüber der Ukraine führten dazu, dass Litauen der einzige direkte Lieferant tödlicher Waffen (...) war. Andere osteuropäische Länder, die ihren kritischsten Verteidigungs- und Sicherheitspartner nicht verärgern wollten, führten eine ähnliche Kombination von nicht-tödlicher Unterstützung im US-amerikanischen Stil durch, wie beispielsweise Unterstützung der ukrainischen Rüstungsindustrie aus Polen und kommerzielle Waffenverkäufe insbesondere von bulgarischen Händlern. Pavlo Barbul, Direktor des ukrainischen Unternehmens Spetstechnoexport, sagte, mindestens fünf nicht näher bezeichnete osteuropäische Länder hätten den kommerziellen Verkauf von Munition aus der Sowjetzeit in die Ukraine erlaubt.”

Im Jahr 2016 hat Litauen schwere Maschinengewehre der Klasse 60 KPV-14.5 (Vladimirov) an die Ukraine geliefert. Hinzu kam die Lieferung von 86 tragbaren Maschinengewehren der Klasse Degtyaryov 12,7 mm, 7.000 Kalaschnikow-Gewehren, 80 Maschinengewehren, Mörsern und Panzerabwehrwaffen, so die Nachrichtenagenturen UNIAN und Ukrinform.

Litauische, polnische und amerikanische Militärausbilder haben in Yavoriv im Westen der Ukraine die ukrainische Streitkräfte auf diese Art von Waffen aus der Sowjetzeit ausgebildet – einschließlich im Umgang mit der Degtyaryov-Shpagin, die auch als DShk-Maschinengewehr bekannt ist, berichten die litauischen Streitkräfte auf ihrer Webseite.

Nach einer Untersuchung des Digital Forensic Research Lab hat das texanische Unternehmen AirTronic im April 2017 100 PSRL-1-Systeme (Precision Shoulder-Fired Rocket Launcher) an Spetstechnoexport geliefert. Einige dieser Raketen-Granatwerfer erschienen während einer Trainingseinheit des Azov-Bataillons (eine rechtsextreme Söldner-Truppe aus der Ukraine), berichtet das Atlantic Council. Die Trainingseinheit wurde im Sommer 2017 durchgeführt. Das Asow-Bataillon wurde mittlerweile in die ukrainische Armee integriert.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...