Politik

Italien: Neue Regierung mit Euro-kritischen Professoren

Die neue italienische Regierung soll am Freitag vereidigt werden.
31.05.2018 22:35
Lesezeit: 2 min

In Italien steht eine neue Regierung. Präsident Sergio Mattarella erteilte am Donnerstag dem Juristen Giuseppe Conte den Regierungsauftrag, wie ein Vertreter des Staatsoberhaupts am Abend bekanntgab. Die Vereidigung solle am Freitag um 16.00 Uhr MESZ in Rom stattfinden.

Neuer Wirtschafts- und Finanzminister wird der Ökonom Giovanni Tria. Außenminister wird Enzo Moavero Milanesi.

Tria vertritt laut La Repubblica in der Euro-Frage eine Position, die der von Paolo Savona nicht unähnlich ist. In einem Artikel in formiche.net im März 2018 hatte Tria ausdrücklich die euroskeptische Position von Savona unterstützt und gefordert, Deutschland solle aus dem Euro austreten, weil der Handelsüberschuss Deutschlands mit dem fixen Wechselkurs in der Euro-Zone nicht kompatibel sei. Sollte ein Austritt nicht erfolgen, müsste die Euro-Zone den Wechselkurs des Euro flexibel machen.

Eine ähnliche Position hatte George Soros vor einigen Jahren in einem Vortrag in Frankfurt am Main vertreten. Die Frage des flexiblen Euro-Kurses war bereits vor Jahren von Frankreich ins Gespräch gebracht worden. Die Franzosen forderten eine politische Gestaltung des Wechselkurses statt der geldpolitischen durch die EZB. 

In der Zeitung Il Soile 24 Ore schrieb Tria im Jahr 2017: "Leute, die sagen, der bedingungslose Austritt aus dem Euro sei das Heilmittel für alle Übel, haben nicht recht, aber auch der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, irrt, wenn er sagt, der Euro ist unumkehrbar - wenn er nicht die Bedingungen und den Zeitplan für eine Reform auf den Tisch legt, die für das Überleben des Euro notwendig sind."

Moavero ist Rechtsprofessor mit dem Schwerpunkt auf EU-Recht. Er arbeitete bereits unten dem technokratischen Premier Mario Monti und dem Sozialisten Enrico Letta. Bevor Monti zu Goldman wechselte, war er EU-Kommissar und hatte Maovero zu seinem Kabinettschef ernannt. Moavero kennt das Innenleben der EU-Gremien perfekt und gilt als kultivierter, aber zielstrebiger Verhandler. Er wirkte im Jahr 2012 gemeinsam mit Monti an der Euro-Rettung Italiens mit, wo er gemeinsam mit Monti die Pläne von Bundeskanzlerin Merkel durchkreuzte und den sogenannten "Anti-Spread Schutzschild" durchsetze. Die Regelung besagt, dass die Euro-Zone Staaten auch ohne Einsatz der Troika retten darf - eine Vorstufe zur Vergemeinschaftung der Schulden, die in Italien jedoch damals auf die Zusage von Monti hin "vorerst" unterblieb. Moavero hat unter anderem zum Verhältnis Russlands zu Europa publiziert, berichtet der La Reublicca.

Die beiden neuen Regierungsparteien haben sich darauf geeinigt, den Wirtschaftsprofessor Paolo Savona zum EU-Minister zu ernennen. Der erste Anlauf der Koalition war am Sonntag gescheitert, weil Staatspräsident Mattarella Savona als neuen Wirtschafts- und Finanzminister abgelehnt hatte.

Die Ernennungen stellen für die EU eine gewisse Herausforderung dar. Diese wird noch verschärft durch die Übernahme des Innenressorts durch Matteo Salvini von der Lega, dessen Wahlerfolg zu großen Teilen auf einer Anti-Flüchtlings- und Einwanderungspolitik beruhte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
19.07.2025

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...