Politik

Amnesty wirft US-Koalition Angriffe auf Zivilisten in Syrien vor

Lesezeit: 2 min
06.06.2018 23:24
Nach einem Bericht von Amnesty International sollen die USA, Großbritannien und Frankreich in Syrien Kriegsverbrechen begangen haben.
Amnesty wirft US-Koalition Angriffe auf Zivilisten in Syrien vor

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Amnesty International (AI) wirft den USA, Frankreich und Großbritannien vor, bei Angriffen auf die syrische Stadt Rakka 2017 Hunderte muslimische Zivilisten getötet und Tausende verletzt zu haben.

Amnesty-Mitarbeiter hätten vor Ort im Februar 2018 mit 112 Zeugen und Überlebenden gesprochen, teilte die Menschenrechtsorganisation anlässlich der Veröffentlichung eines Berichts über die Angriffe auf die damalige ISIS-Hochburg mit. Die Stadt war lange ein Zentrum der Terror-Miliz ISIS. Zwischen dem 6. Juni und dem 12. Oktober 2017 habe die von den USA angeführte Anti-IS-Allianz Zehntausende Luftangriffe auf Rakka geflogen. Mehr als 90 Prozent davon habe die US-Luftwaffe übernommen. Die ISIS-Kämpfer zogen sich dann aus der Stadt zurück.

Die Militärs der USA, Großbritanniens und Frankreichs sollen auch weißen Phosphor eingesetzt haben, dessen Einsatz seit 1980 von der UN-Konvention über konventionelle Waffen verboten ist. AI wörtlich: „Am 8. Juni 2017 feuerten die Streitkräfte der Koalition Artilleriegeschosse mit weißem Phosphor über Jezra, um einen Nebelvorhang zu schaffen, durch den SDF-Bodentruppen in das Gebiet eindringen konnten. Amnesty International verifizierte Videos des Ereignisses, die online veröffentlicht wurden und brennende Elemente zeigten, die mit zivilen Häusern in Kontakt kamen. Weiße phosphorgetränkte Fragmente regneten auf die Gegend um das Gebäude und Geschäft der Familie Aswad herab. Mohammed, einer der Aswad-Brüder, die den Angriff überlebt haben, sagte Amnesty International: Wir waren seit dem 8. Juni im Keller, nachdem der erste Angriff mit weißem Phosphor in der Gegend das Lebensmittellager meines Nachbarn und das Schuhgeschäft des Nachbarn an der Ecke der Hauptstraße in Brand gesetzt hatte. Während der Tage verbrachten wir die meiste Zeit im Keller, aber wir gingen zwischen dem Keller und unserem alten Familienhaus auf der anderen Straßenseite hin und her, um das Bad und die Küche zu benutzen. Wir mussten es tun, da es in der Zelle keine solchen Einrichtungen gab.”

Nach Angaben von AI sollen die muslimischen Zivilisten, die bei den Angriffen der Anti-ISIS-Koalition getötet wurden, „langsam” gestorben sein. Mohammed Aswad sagte AI über den Tod von fünf Geschwistern: „Die Kinder, die starben, waren gute Kinder. Ihr Vater sprach oft von ihnen. Er sagte, sie seien alle harte Arbeiter. Mahmood war an Computern interessiert und war elektronisch begabt. Er arbeitete in einer Apotheke und versuchte Geld zu sparen, weil er ein Motorrad kaufen wollte. Ahmed war 14 und liebte Autos. Er arbeitete in einem Süßwarengeschäft. Amal war erst 13, aber sie half viel mit der Hausarbeit, nachdem ihre Mutter vor zwei Jahren gestorben war. Anas war 12. Er hatte ein altes Fahrrad und er wollte ein neues. Der Jüngste war der achtjährige Ammar.”

Weil die Angriffe als Kriegsverbrechen eingestuft werden könnten, forderte AI die drei westlichen UN-Sicherheitsratsmitglieder auf, eine umfassende und unabhängige Untersuchung zu ermöglichen sowie den Weg für die Zahlung von Wiedergutmachung für Überlebende frei zu machen. Vor allem den USA wirft die Organisation vor, keine präzisen Waffen, sondern Geschosse mit einem Streuradius von mehr als 100 Metern eingesetzt zu haben. Deshalb habe es sehr viele zivile Opfer gegeben.

In dem Bericht führt AI aus: „Unter dem Kommando eines US-Generals feuerten US-Streitkräfte 100 Prozent der Artillerie in Rakka ab und führten über 90 Prozent der Luftangriffe aus. Britische und französische Truppen waren die einzigen anderen Koalitionsmitglieder, die Rakka aus der Luft trafen. Die SDF stellte die Bodentruppen bereit, die benötigt wurden, um zu Fuß in die Stadt einzudringen. Sie war teilweise dafür verantwortlich, Ziele für Koalitionsluft- und Artillerieangriffe zu finden. Der prozentuale Anteil der Luft- und Artillerieangriffe der Koalition, die auf SDF-Koordinaten basieren, ist unklar.”

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...