Politik

Gericht fordert weitreichendes Diesel-Fahrverbot in Stuttgart

Für Stuttgart zeichnet sich ein umfassendes Diesel-Fahrverbot ab.
29.06.2018 15:06
Lesezeit: 2 min

Das Verwaltungsgericht Stuttgart drängt das Land Baden-Württemberg zur Vorbereitung eines weitreichenden Diesel-Fahrverbots in der Landeshauptstadt ab 2019. Das Gericht werde das Land anweisen, bis 15. Juli einen Plan mit Fahrverboten einschließlich Fahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 5 vorzulegen, erklärte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts am Freitag. "In den Planentwurf müssen die Fahrverbote für Euro 3 und 4 ab Januar und für Euro 5 ab September aufgenommen werden", erklärte sie laut Reuters. Die Landesregierung teilte kürzlich mit, Fahrverbote für Euro 4 und ältere Diesel ab Januar einzuführen, sie für die noch in größerer Zahl herumfahrenden Euro-5-Pkw aber vermeiden und die Luft durch alternative Maßnahmen verbessern zu wollen.

Hintergrund ist der Rechtsstreit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit dem Land Baden-Württemberg über Diesel-Fahrverbote, mit denen die zu hohe Stickoxid-Belastung in Stuttgart bekämpft werden soll. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Februar entschieden, dass Fahrverbote für Selbstzünder grundsätzlich möglich sind, aber verhältnismäßig sein müssen. Jetzt geht es darum, nach diesen Vorgaben das vorangegangene Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts zu einem flächendeckenden Diesel-Fahrverbot mit einem aktualisierten Luftreinhalteplan für Stuttgart durchzusetzen. Die grün-schwarze Regierung arbeitet bereits daran. Die Umweltlobby drängt zur Eile und beantragte deshalb ein Vollstreckungsverfahren, bei dem im Fall von ausbleibender Umsetzung auch Zwangsgeld verhängt werden könnte.

Das Verwaltungsgericht hatte am Donnerstag hinter verschlossenen Türen darüber verhandelt. Richter Wolfgang Kern habe sich wegen der Verzögerungstaktik des Landes bei der Luftreinhaltung massiv verärgert gezeigt und mit Zwangshaft für Politiker oder Behördenleiter gedroht, erklärte die DUH. Die Gerichtssprecherin erklärte, zum Inhalt des Gerichtstermins könne sie nichts sagen.

Hamburg hatte nach dem höchstrichterlichen Urteil als erste Großstadt Diesel-Fahrverbote auf zwei Strecken eingeführt. Auf Klagen der DUH hin ist auch die Stadt Aachen dazu gezwungen. Der Umweltverband, der auf Klagen zur Durchsetzung von Umwelt- und Verbraucherschutz spezialisiert ist, hat insgesamt in 27 Städten Verfahren angestoßen - darunter auch in Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt und München. Die drohenden Fahrverbote haben den Absatzrückgang von Diesel-Pkw, die wegen des Abgasschummels beim VW-Konzern und mittlerweile auch Daimler unbeliebt werden, in Deutschland beschleunigt.

Im Unterschied zu den anderen Städten ist in Stuttgart wegen der Lage im Talkessel eine Fahrverbotszone notwendig, damit die seit 2010 geltenden Grenzwerte für NOx eingehalten werden können. Die Landesregierung erklärte kürzlich, die Luftbelastung sinke kontinuierlich. Um Fahrverbote zu vermeiden, sollten zusätzliche Maßnahmen zur Luftreinigung getestet, der öffentliche Nahverkehr attraktiver und der Verkehr besser gesteuert werden. "Sofern im Jahr 2019 die Einhaltung der Grenzwerte trotz der ergriffenen Maßnahmen nicht absehbar ist, werden wir prüfen, ob, wann und in welcher Form weitere Maßnahmen erforderlich sind", hieß es.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...