Die EZB hat ein Ende ihres umstrittenen Kaufprogramms von Staatsanleihen der Euro-Länder zum Ende des laufenden Jahrs in Aussicht gestellt. Trotzdem wird sie auf unabsehbare Zukunft weiterhin Staatsanleihen kaufen, indem sie Gewinne aus den bestehenden und zur Reife gelangenden Anleihen in neue Papiere investiert. Laut Notenbank-Direktor Benoit Coeure werden das 2019 monatlich immerhin rund 15 Milliarden Euro pro Monat sein.
Die EZB erwägt Insidern zufolge zudem Feinjustierungen bei der Wiederanlage der Gelder aus dem billionenschweren Anleihen-Kaufprogramm. Diese sollen dazu beitragen, dass auch künftig die Finanzierungsbedingungen im Euro-Raum günstig bleiben, wie Reuters berichtet. Im Kern geht es darum, wie die Euro-Hüter die Erlöse aus fällig werdenden Titeln, die sie im Rahmen ihres Anleihen-Kaufprogramms erworben haben, wieder anlegen. Den Insidern zufolge wird überlegt, diese Gelder künftig etwas stärker in langlaufende Papiere zu reinvestieren. So sollen die langfristigen Zinsen am Markt, die als Richtschnur für Kredite und Hypotheken dienen, niedrig gehalten werden.
Auf der jüngsten EZB-Zinssitzung in Riga vor rund zwei Wochen sei darüber aber noch nicht gesprochen worden, sagten mehrere mit den Überlegungen vertraute namentlich aber nicht genannte Personen. Fachausschüsse seien lediglich angewiesen worden, Vorschläge zu erarbeiten. Eine Entscheidung werde womöglich auf den Zinstreffen im Juli oder September gefällt. Die Europäische Zentralbank (EZB) lehnte eine Stellungnahme ab.
Ein Insider sagte, wenn bei den Reinvestitionen ein stärkeres Gewicht auf langlaufende Titel gelegt werde, würden kleinere Abweichungen vom Grundgerüst der Wertpapier-Käufe wohl toleriert. Die Käufe orientieren sich am sogenannten Kapitalschlüssel. Das bedeutet: Der Anteil der erworbenen Staatsanleihen am Gesamtvolumen entspricht dem Anteil der emittierenden Länder am Eigenkapital der EZB. Deshalb werden besonders viele Bundesanleihen erworben.
Die von der EZB erwogene Feinsteuerung hat ein Vorbild in den USA. Dort hatte die Notenbank (Fed) zuletzt 2011 ähnliche Umschichtungen vorgenommen. Sie ersetzte damals mit demselben Ziel in großem Stil kurzlaufende Anleihen durch längerlaufende Papiere in ihrem Bestand. Dies wurde in der Fachwelt unter dem Schlagwort „Operation Twist“ bekannt.