Technologie

Großbritannien: Polizei verstärkt technologische Überwachung

Die britische Polizei verstärkt die technologische Überwachung.
28.07.2018 19:10
Lesezeit: 2 min

Die für die Stadt Bristol und den Landkreise Somerset (südwestliches England) zuständige Polizei-Direktion bringt Software zum Einsatz, mit der sie das Verhalten von Bürgern vorhersagen kann. Wie die Financial Times (FT) berichtet, hat die Polizei vor zwei Jahren „Qlik Sense“ erstanden, eine Software des amerikanischen Herstellers „Qlik Technologies“, die ursprünglich dafür entwickelt wurde, die Verfahren und Prozesse des eigenen Unternehmens systematisch zu analysieren („Geschäftsanalytik“). Die Polizei hat die Software mit Informationen aus zehn verschiedenen Datenbanken gefüttert, unter anderem mit Notruf-Protokollen, Statistiken zu Straftaten sowie Strafregistern. Anschließend hat sie mehr als 40 Programme entwickelt, mit der Beamte die Software durchsuchen können, unter anderem auch nach Namen und Adressen.

Jetzt wissen die Beamten häufig schon im Voraus, wer in dem Auto sitzt, das sie anhalten, berichtet ein Streifenpolizist der FT: „Man kann deutlich sehen, wie überrascht die Insassen davon sind.“

Das Zusammentragen von Informationen über einen Verdächtigen habe früher oft Stunden in Anspruch genommen, sagt eine Kriminalkommissarin. Die Software benötige dafür nur Sekunden. „Wir sind jetzt in der Lage, Prognosen zu erstellen“, so die Beamtin weiter. „Wir können sowohl vorhersagen, wie stark eine Person gefährdet ist, als auch, wie groß die Chance ist, dass jemand eine Straftat begeht.“

Zwei Ereignisse hätten wesentlich zur Entscheidung beigetragen, die Software zum Einsatz zu bringen, sagt Polizei-Präsident Andy Marsh. Zum einen der Doppelmord an den beiden zehnjährigen Mädchen Holly Wells und Jessica Chapman in Cambridgeshire im Jahr 2002. Während der anschließenden Ermittlungen sei herausgekommen, dass der als Mörder überführte Schulhausmeister seine Stelle bekommen hatte, obwohl er als Sexual-Straftäter registriert gewesen war. „Das Versäumnis, Informationen zu teilen und zu verwenden mit dem Ziel, die verwundbarsten Mitglieder unserer Gesellschaft zu schützen, lässt sich an diesem Fall sehr gut ablesen“, so Marsh

Das zweite Ereignis ist der Mord an dem Behinderten Bijan Ebrahimi, dessen mehrfache Hinweise, er werden von seinen Nachbarn schikaniert, von der Polizei als Panikmache abgetan worden war. Mit der Software wäre der Mord zu verhindern gewesen, sagt Sean Price, ein leitender Angestellter von Qlik Sense. Anhand der Daten hätte die Polizei feststellen können, dass Ebrahimis Chancen, Opfer eines Verbrechens zu werden, sehr hoch gewesen seien.

Ein Analyst der Polizei-Direktion, Adam Crockford, sagt, dass die Software den Beamten in einer Zeit knapper finanzieller Mittel helfe, „Prioritäten zu setzen“.  2010 betrug die Personalstärke der Direktion noch rund 3050 Beschäftigte, gegenwärtig sind es circa 2600, was einem Minus von 15 Prozent entspricht. Die finanziellen Mittel wurden im gleichen Zeitraum um 18 Prozent gekürzt.

Weitere Meldungen aus dem Tech-Report der DWN finden Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardärsmanager fliehen aus US-Aktien: Der stille Countdown zur Rezession hat begonnen
17.04.2025

Eine neue Erhebung der Bank of America zeigt: Die Stimmung unter den großen Vermögensverwaltern kippt dramatisch. Während die Finanzwelt...

DWN
Politik
Politik Merz und EU offen für Tauruslieferung an Ukraine: Kreml warnt vor direkter Kriegsbeteiligung
17.04.2025

In der Opposition war Merz offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Als voraussichtlicher Kanzler ist er das...

DWN
Panorama
Panorama Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
17.04.2025

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen...

DWN
Technologie
Technologie Mechanische Speicher als geopolitische Alternative: Lithium-Batterien geraten unter Druck
17.04.2025

Angesichts wachsender Abhängigkeit von China bei Lithium-Batterien rücken mechanische Energiespeicher in den Fokus. Eine...

DWN
Technologie
Technologie Japanisches Genie revolutioniert Energiewende – Supermagnet jetzt 20 Milliarden Euro wert
17.04.2025

Im globalen Wettrennen um Energiesouveränität und technologische Vorherrschaft hat sich ein unscheinbares Element als strategischer...

DWN
Politik
Politik Taiwan, Sanktionen und Respekt - China stellt klare Bedingungen für Handelsgespräche mit den USA
17.04.2025

China fordert mehr Respekt und klare Signale der USA, bevor Handelsgespräche beginnen – eine Einigung ist entscheidend für die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steht das Verbrenner-Verbot vorm aus? Europas Rechte bläst zum Gegenschlag gegen EU-Establishment
17.04.2025

Konservative und rechte Kräfte im EU-Parlament wollen das Aus für Verbrennungsmotoren kippen – mit wachsender Unterstützung auch aus...