Der deutschen Industrie sind die Aufträge angesichts des Handelsstreits mit den USA so stark weggebrochen wie seit rund anderthalb Jahren nicht mehr. Das Neugeschäft schrumpfte im Juni um 4,0 Prozent zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Montag mitteilte. Ökonomen hatten lediglich einen Rückgang um 0,4 Prozent erwartet, nachdem es im Mai noch ein Wachstum von 2,6 Prozent gegeben hatte. "Bei der Entwicklung am aktuellen Rand dürften auch Verunsicherungen durch die Handelspolitik eine Rolle gespielt haben", erklärte das Ministerium mit Blick auf den Zollstreit mit den USA. "Der Auftragsbestand ist weiterhin sehr hoch und das Geschäftsklima trotz Eintrübung noch deutlich im positiven Bereich."
Ökonomen schätzen die Entwicklung in der gesamten Industrie vorsichtig ein. "Möglicherweise sorgt die Furcht vor einem Handelskrieg bereits jetzt schon für eine gewisse Zurückhaltung bei den Neubestellungen", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Das ist ein in diesem Ausmaß überraschendes Debakel", sagte Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe zum jüngsten Auftragsschwund. Die Stabilisierung der Stimmungsindikatoren spreche aber gegen einen weiteren Einbruch.
So blicken die Anleger erneut positiver auf die Wirtschaft in der gesamten Euro-Zone: Der Konjunkturindex stieg im August um 2,6 auf 14,7 Zähler, wie die Investment-Beratung Sentix zu ihrer Umfrage unter mehr als 900 Investoren mitteilte. Das ist der zweite Anstieg in Folge. "Die Anleger honorieren damit die Entspannungssignale im Handelsstreit der EU mit den USA", erklärte Sentix-Experte Manfred Hübner. US-Präsident Donald Trump sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorvergangene Woche überraschend zu, vorerst auf Sonderzölle auf europäische Autos zu verzichten. Stattdessen soll es Verhandlungen zum Abbau von Handelsbarrieren geben.
Die Auslandsnachfrage nach deutschen Industriegütern fiel im Juni insgesamt um 4,7 Prozent. Dabei nahmen die Bestellungen aus der Euro-Zone um 2,7 Prozent ab, während das Geschäft mit dem Rest der Welt um 5,9 Prozent nachließ. Die Inlandsnachfrage schrumpfte um 2,8 Prozent. Ökonomen gehen davon aus, dass der Aufschwung in Deutschland seinen Höhepunkt hinter sich hat. Viele Fachleute und Forschungsinstitute haben deshalb ihre Konjunkturprognose für 2018 auf knapp zwei Prozent gesenkt.