Politik

Italien fordert EZB auf, Zusammenbruch des Euro zu verhindern

Lesezeit: 2 min
13.08.2018 17:17
In Italien steigt die Nervosität wegen der Unsicherheiten an den Devisen-Märkten.
Italien fordert EZB auf, Zusammenbruch des Euro zu verhindern

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Der wirtschaftspolitische Sprecher der italienischen Regierungspartei Lega hat vor einem Zusammenbruch der Euro-Zone gewarnt. Die EZB solle sicherstellen, dass die Renditeabstände von Staatsanleihen der Euro-Länder begrenzt werden, sagte Claudio Borghi der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. "Entweder die EZB bietet eine Garantie oder der Euro wird auseinanderbrechen." Zwischen den Schuldentiteln zweier Euro-Staaten seien 1,50 Prozentpunkte Differenz bei den Renditen ein vernünftiges Maximum. Die Verzinsung italienischer, spanischer und portugiesischer Anleihen war in Reaktion auf die Währungskrise in der Türkei gestiegen. Diese Situation könne nicht gelöst werden und werde explodieren, warnte Borghi.

Der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Bonds betrug am Montag 2,7 Prozentpunkte. Im Mai lag er allerdings bei etwa 3,25 Prozentpunkten.

Noch vor der Wahl im März hatte sich die Lega für einen Austritt Italiens aus der Euro-Zone eingesetzt. Seit Bildung der Regierung mit der Fünf Sterne-Bewegung hat sie jedoch mehrfach bestritten, die Abkehr von der Gemeinschaftswährung zu planen. Die Mehrheit der Italiener ist zwar laut Umfragen für einen Verleib ihres Landes in der Euro-Zone. Manche Analysten halten aber die Möglichkeit eines Ausstiegs der drittgrößten Volkswirtschaft aus dem Euro nicht für ausgeschlossen. Die Folgen eines solchen Schritts wären unvorhersehbar.

Italiens Vize-Regierungschef Luigi Di Maio fürchtet keine Attacke durch Spekulanten. "Ich sehe keine konkrete Gefahr", sagte Di Maio der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" vom Montag. "Dabei handelt es sich mehr um die Hoffnung der Opposition." Der Spitzenpolitiker bei der Lega und Mitarbeiter von Ministerpräsident Giuseppe Conte, Giancarlo Giorgetti, hatte am Sonntag der Zeitung "Libero" gesagt, Italien stelle sich auf eine Attacke durch Spekulanten im August ein. Der geringe Handel in den Sommermonaten begünstige derartige Angriffe, sagte er. "Die Märkte sind voller hungriger spekulativer Fonds, die ihre Beute ausspähen und zugreifen. Schaut auf die Türkei." Italien sei jedoch gerüstet, sagte Giorgetti.

Der parteilose Außenminister Enzo Moavero Milanesi sagte der Zeitung "Il Foglio" vom Samstag, der Kollaps der türkischen Lira zeige, wie wichtig die Euro-Mitgliedschaft für Italien sei. "Diejenigen, die Zweifel haben, ob eine Währung wie der Euro gut ist, sollen sorgfältig darauf schauen, was in der Türkei passiert."

Die türkische Zentralbank kündigte am Montag Maßnahmen an, um den Verfall der Lira zu stoppen. Doch die Maßnahmen zeigten nicht die erhoffte Wirkung: Die Lira fiel im frühen asiatischen Handel um bis zu 11 Prozent auf ein Rekordtief von 7,2362 Dollar gegenüber dem Dollar. Sie erholte sich später, notierte aber am frühen Nachmittag im volatilen europäischen Handel bei etwa 6,9 Lira gegenüber dem Dollar, etwa 7 Prozent niedriger. Auch türkische Aktien wurden getroffen, wobei der BIST 100-Index um vier Prozent fiel und seinen niedrigsten Stand seit Anfang 2009 in US-Dollar erreichte.

Vor der Wahl im März hatte sich die Lega für einen Austritt Italiens aus der Euro-Zone eingesetzt. Seit Bildung der Regierung mit der populistischen 5-Sterne-Bewegung hat sie jedoch mehrfach bestritten, die Abkehr von der Gemeinschaftswährung zu planen.

An Italiens Finanzmarkt herrschte zuletzt Unruhe. Investoren befürchteten, dass die Regierung die europäischen Fiskalregeln ignorieren und die Schulden in die Höhe treiben könnte.

Italien stimmte die Bevölkerung und die Euro-Partner bereits in der vergangenen Woche auf einen langsameren Abbau der hohen Verschuldung ein. Di Maio erklärte, sie wollten die EU davon überzeugen, Reformen in Angriff zu nehmen, die sowohl den Abbau von Schulden erlauben als auch die Nachfrage im Land antreiben. Der Haushaltsentwurf für 2019 soll im September im Parlament eingebracht und einen Monat später der EU-Kommission vorgelegt werden.


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