Am Dienstag trafen im Flüchtlingslager Hirjillah in der syrischen Provinz Rif Dimashq 1.500 Binnenflüchtlinge aus der Provinz Idlib ein. Der Lagerdirektor Abdurrahman Khatib sagte der Nachrichtenagentur Tass, dass bisher 700 Leute in dem Lager lebten. „Wir planen, morgen (Dienstag, Anm. d. Red.) weitere 1.500 Flüchtlinge zu empfangen. Sobald die Wiederaufbauarbeiten im westlichen Teil des Lagers abgeschlossen sind, werden wir weitere 7.000 Menschen aufnehmen können”, so Khatib.
Das Flüchtlingslager Hirjillah wird insgesamt 15.000 Flüchtlinge aus Idlib aufnehmen. „Sie werden hier bleiben, bis Idlib befreit ist”, so der Lagerdirektor. Zuvor beherbergte das Lager Flüchtlinge, die während der Operation in Ost-Ghouta über den humanitären Korridor flüchten konnten. Diese seien mittlerweile alle in ihre Wohnorte zurückgekehrt, da Ost-Ghouta befreit wurde. Vor jeder Militäroperation versucht die syrische Regierung in Zusammenarbeit mit Russland, Zivilisten aus den umkämpften Gebieten zu evakuieren.
Der türkische Generalleutnant a.D. Erdoğan Karakuş sagte der Zeitung Yeni Çağ: „Wir müssen unter allen Umständen eine Großoffensive auf Idlib verhindern. Dies muss über politische Kanäle erfolgen. Wenn uns das nicht gelingt, werden zwei Millionen Menschen in die Türkei strömen. Bei diesen Menschen handelt es sich um nicht sehr heilvolle Personen. Die Türkei muss in kürzester Zeit eine Einigung mit Assad treffen. Der Verlauf der Dinge in Syrien hat eine Kehrtwende genommen. Zuvor hütete sich Assad vor uns. Nun müssen wir uns vor Assad hüten. Nicht nur in Syrien, sondern überall gibt es Entwicklungen zum Nachteil der Türkei.”
Die türkische Zeitung Cumhuriyet führt aus: „In Idlib befinden sich all jene radikal klerikalen, dschihadistischen Gruppen, die in Opposition zu Damaskus stehen, und für den Tod von hunderttausenden Menschen verantwortlich sind. Sie sind zuvor aus allen anderen Teilen Syriens geflohen. Derzeit versuchen sie in Idlib, eine Art Autonomie zu schaffen. Die UN hat die Türkei aufgefordert, ihre Grenzen offen zu halten, da sie davon ausgeht, dass es eine neue Flüchtlingswelle geben wird (...) Die Türkei kann und darf die Gruppen, die in Gegnerschaft zu Damaskus stehen, nicht schützen. Die Türkei kann auch keinen Widerstand gegen die syrische Armee, die ihr Land retten will, leisten. Wir haben immer gesagt, dass der Vorteil für die Türkei darin liegt, sich mit Damaskus zu einigen und zu kooperieren. Doch die Oberschlauen in Ankara sind die Geiseln ihrer falschen Politik geworden, die sie von Anfang an betrieben haben. Die Türkei muss mit Syrien zusammenarbeiten.”
Nach Angaben von RFS Media, der als Nachrichtenagentur der Freien Syrischen Armee (FSA) agiert, ist das Söldner-Bündnis National Front for the Liberation of Syria (NLF) in Idlib dazu übergegangen, hochrangige Vertreter anderer Söldner-Gruppen festzunehmen. Diese sollen Kontakte zum Geheimdienst der syrischen Regierung aufgenommen haben, um die anstehende syrisch-russische Offensive auf Idlib zu unterstützen. Ihnen wird Kollaboration mit der Regierung in Damaskus vorgeworfen. Alleine in der vergangenen Woche sollen RFS Media zufolge 95 Personen verhaftet worden sein. In einem weiteren Bericht führt RFS Media aus, dass am Montag das Dorf Tahtayah in der Provinz Idlib von der syrischen Artillerie beschossen wurden. Dabei sollen eine Frau und ein Kind getötet worden sein.
Am vergangenen Sonntag ereignete sich in einem Waffendepot im Dorf Sarmada in Idlib eine Explosion. Das Waffendepot befand sich unter einem Wohngebäude. Dabei kamen mindestens 67 Menschen ums Leben. Bei den Opfern soll es sich nach Angaben der BBC um Zivilisten und Söldner von Hayat Tahrir al-Scham (HTS) gehandelt haben. HTS ist die Nachfolgeorganisation der Al-Nusra-Front, die der syrische Ableger von Al-Qaida ist. Die BBC wörtlich: „Das Depot soll von einem Waffenhändler betrieben worden sein, der mit HTS zusammenarbeitet.”