Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat zum Abbau des Investitionsstaus im Verkehrsbereich und vielen anderen Sektoren grundlegende Reformen gefordert. Da mehr als die Hälfte der staatlichen Investitionen auf die Kommunen entfielen, müsse hier besonders angesetzt werden, sagte Fratzscher dem Handelsblatt. Die große Koalition sollte mit den Bundesländern "als erstes einen Schuldenschnitt für jenes Drittel der Kommunen organisieren, die hoffnungslos überschuldet sind", forderte er. Zudem müsse die Schuldenbremse mit einer Investitionsregel ergänzt werden und der Länderfinanzausgleich im Sinne von mehr Investitionen umgebaut werden.
In erster Linie sollte es nach den Worten von Fratzscher darum gehen, angesichts von hohen Überschüssen in den Ländern und in vielen Kommunen die Unterschiede zwischen reichen und armen Städte auszugleichen. Das Ziel müsse sein, dass auch die 30 Prozent hochverschuldeter Kommunen ihrer Eigenverantwortung für mehr Investitionen nachzukommen.
Fratzscher beklagte, dass es in Deutschland trotz der Vorschläge einer von ihm geführten Kommission aus dem Jahre 2016 immer noch "eine riesige Investitionslücke" gebe - und zwar bei Schulden wie im Verkehr. Regional gesehen gebe es insbesondere ein zunehmendes Süd-Nord-Gefälle zulasten des Nordens. Ein Grund dafür, dass viele Investitionsmittel nicht abfließen können, seien gerade in den finanziell angeschlagenen Kommunen Personalprobleme wegen langer Sparperioden. Aber auch die Länder trügen eine Mitschuld.
Die Debatte über die seit langem beklagte Investitionslücke in Deutschland hatte durch den Brückeneinsturz in Italien Auftrieb erhalten. Auch in Deutschland sind viele Brücken und auch Straßen sanierungsbedürftig.