Politik

May: Verhandlungen über EU-Austritt sind in Sackgasse

Anderthalb Jahre nach dem Referendum über einen EU-Austritt sind die Verhandlungen mit Großbritannien an einem toten Punkt angelangt.
22.09.2018 01:04
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Alice Ritchie von der AFP berichtet:

Schlagabtausch zwischen London und Brüssel: Die britische Premierministerin Theresa May hat der EU mangelnden Respekt in den Brexit-Verhandlungen vorgeworfen. Die Absage der EU an den Plan der britischen Regierung zur Ausgestaltung der künftigen Handelsbeziehungen sei "inakzeptabel", sagte May am Freitag in einer Fernsehansprache. Die Verhandlungen seien "in einer Sackgasse". EU-Ratspräsident Donald Tusk reagierte prompt und nannte die britische Haltung während des EU-Gipfels "überraschend hart" und kompromisslos.

"Während dieses gesamten Prozesses habe ich die EU mit nichts als Respekt behandelt. Das Vereinigte Königreich erwartet das Gleiche", klagte May in ihrer trotzig wirkenden Rede. Eine gute Beziehung nach dem Brexit hänge genau davon ab.

Die Regierungschefin beklagte, dass die EU keine konkrete Begründung für die Ablehnung gegeben oder Gegenvorschläge gemacht habe. "Wir müssen jetzt von der EU hören, was die wahren Probleme sind und was ihre Alternative ist, damit wir mit ihnen diskutieren können", sagte sie.

Tusk zeigte sich trotz der scheinbar festgefahrenen Verhandlungen zuversichtlich. Er sei "überzeugt, dass ein Kompromiss, gut für alle, noch möglich ist", hieß es in einer Erklärung.

Am Donnerstag hatten die EU-Staats- und Regierungschefs nach einem zweitägigen EU-Gipfel in Salzburg die britischen Vorschläge zum Brexit rundum abgelehnt, weil diese den gemeinsamen Binnenmarkt untergraben würden. Zudem legten sie einen für Mitte November angesetzten Sondergipfel auf Eis, bei dem der Ausstieg Großbritanniens aus der EU besiegelt werden sollte. London soll nun bis zum EU-Gipfel Mitte Oktober neue Vorschläge machen.

May hatte für die künftigen Wirtschaftsbeziehungen vorgeschlagen, dass beide Seiten ein Freihandelsabkommen schließen. Bei ihm soll es keine Zölle auf Waren geben - aus ihrer Sicht würde dies auch das Problem mit der künftigen Grenze zwischen Irland und Nordirland regeln. Ausgenommen wären aber Dienstleistungen. Dies lehnt die EU jedoch kategorisch ab, weil sie Wettbewerbsverzerrungen durch britische Anbieter fürchtet.

May kündigte am Freitag erneut neue Vorschläge für die künftige Grenze zwischen Irland und Nordirland an, welche die "Integrität des Vereinigten Königreichs erhalten". In der Zwischenzeit "müssen und werden wir uns weiter auf einen Brexit ohne Austrittsabkommen vorbereiten", fügte sie hinzu. Zum EU-Vorschlag, Nordirland de facto im EU-Binnenmarkt zu belassen, sagte May: "Kein britischer Premierminister würde dem je zustimmen."

Die britischen Medien hatten den Gipfel in Salzburg als "Demütigung" für London bezeichnet. Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei erklärte, May sei "unfähig, ein gutes Abkommen für den Brexit zu erreichen" und nannte ihre Verhandlungsstrategie ein "Desaster". Für May kommt die Auseinandersetzung zum denkbar schlechten Zeitpunkt. Am 30. September muss die Vorsitzende der konservativen Tories den Mitgliedern auf einem Parteitag in Birmingham Rede und Antwort stehen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte nach dem Gipfel in Salzburg versucht, die Wogen zu glätten. "Wir sind mit Großbritannien nicht im Krieg", sagte Juncker der österreichischen Zeitung "Die Presse" (Freitagsausgabe). Beide Seiten hätten sich in den Austrittsgesprächen angenähert. Bei den Verhandlungen müssten beide Seiten "aber vorsichtig sein wie zwei sich liebende Igel".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...